Die russische Armee hat laut Moskauer Angaben ihre Offensive in der Ostukraine fortgesetzt und vier weitere Orte eingenommen, darunter die Stadt Selydowe. Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Dienstag, die Frontstadt sei "vollständig befreit" worden. Selydowe, das vor dem Krieg etwa 20.000 Einwohner hatte, liegt nur 18 Kilometer südöstlich der logistisch wichtigen Stadt Pokrowsk.
Zusätzlich gab das Verteidigungsministerium die Einnahme der nahegelegenen Dörfer Bogoyawlenka und Kateryniwka sowie der Kleinstadt Girnyk bekannt, die südlich von Selydowe liegen. Diese Orte befinden sich in der Nähe der Industriestadt Kurachowe, die unter ukrainischer Kontrolle steht. Laut einer Analyse der Nachrichtenagentur AFP, basierend auf Daten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW), hat die russische Armee in diesem Monat bereits 478 Quadratkilometer ukrainischen Territoriums erobert, was den größten Gebietsgewinn seit März 2022 darstellt.
Angesichts der sich verschärfenden Lage kündigte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Oleksandr Lytwynenko, an, dass die ukrainische Armee um 160.000 Soldaten aufgestockt werden soll. In einem Video erklärte er, dass die Mobilisierungswelle es der Armee ermöglichen werde, 85 Prozent ihrer Sollstärke zu erreichen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 seien bereits 1,05 Millionen Männer eingezogen worden. Die neue Mobilisierung wird in den kommenden drei Monaten stattfinden, während das Parlament eine Verlängerung des Kriegsrechts bis Anfang Februar beschloss.
Parallel dazu führte Russland unter Putins Aufsicht neue Atomwaffenübungen durch. Verteidigungsminister Andrej Beloussow berichtete, dass eine Interkontinentalrakete abgefeuert wurde, um einen "massiven Atomschlag als Reaktion auf einen feindlichen Atomschlag" zu simulieren. Putins Drohungen mit Atomwaffen haben seit Beginn des Krieges an Intensität zugenommen, und kürzlich wurden Änderungen an der russischen Atomwaffendoktrin angekündigt, die den Einsatz dieser Waffen erleichtern sollen.
Zusätzlich sorgen Berichte über die Entsendung von tausenden nordkoreanischen Soldaten nach Russland für Besorgnis. Diese sollen angeblich die russischen Truppen im Ukraine-Krieg unterstützen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj telefonierte mit seinem südkoreanischen Amtskollegen Yoon Suk Yeol und stellte fest, dass der Krieg sich internationalisiere. Südkorea plant, seine Kooperation mit der Ukraine zu verstärken.
Im Rahmen der russischen Offensive kam es zu weiteren Luftangriffen, die in der ukrainischen Großstadt Charkiw mindestens vier Menschen das Leben kosteten. Auch in Cherson und Odessa wurden bei russischen Angriffen mehrere Todesopfer gemeldet.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Die Eskalation des Konflikts: Ein besorgniserregendes Machtspiel
Die Entwicklungen in der Ostukraine verdeutlichen die Intensität und Komplexität des Konflikts. Während Russland seine militärischen Erfolge feiert, steht die Ukraine vor der Herausforderung, ihre Verteidigungsanstrengungen zu verstärken. Die Mobilisierung zusätzlicher Soldaten und die Drohungen mit Atomwaffen machen deutlich, dass der Konflikt nicht nur regional, sondern auch international weitreichende Folgen haben könnte.
Prognose: In den kommenden Wochen könnte sich die militärische Lage weiter zuspitzen. Die Ukraine wird versuchen, ihre Streitkräfte zu mobilisieren und die Kontrolle über verlorenes Territorium zurückzugewinnen, während Russland seine Offensive fortsetzen wird. Internationale Unterstützung könnte entscheidend sein, um die ukrainischen Verteidigungsfähigkeiten zu stärken.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist der Präsident der Ukraine, der 2019 in einer überwältigenden Wahl zum Staatsoberhaupt gewählt wurde. Zuvor war er als Komiker und Schauspieler bekannt, insbesondere durch seine Rolle in der Fernsehserie "Diener des Volkes". Selenskyj hat sich während des aktuellen Konflikts stark für die Unterstützung der Ukraine durch den Westen eingesetzt.
Wer ist Wladimir Putin?
Wladimir Putin ist der Präsident der Russischen Föderation und eine zentrale Figur in der russischen Politik seit 1999. Er hat die Richtung der russischen Außenpolitik geprägt und war maßgeblich an der Annexion der Krim im Jahr 2014 und dem gegenwärtigen Krieg gegen die Ukraine beteiligt.
Was ist das US-Institut für Kriegsstudien (ISW)?
Das US-Institut für Kriegsstudien ist ein Forschungsinstitut, das sich auf militärische Analyse und Strategie spezialisiert hat. Es bietet umfassende Berichte und Analysen zu Konflikten weltweit, einschließlich des Ukraine-Kriegs.
[Wikipedia-Seite: Institute for the Study of War]
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Foto: Roman PILIPEY / AFP