In Deutschland bleibt die Zahl antisemitischer Straftaten auf einem alarmierend hohen Niveau. Dies geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Petra Pau hervor, die der Nachrichtenagentur AFP am Montag vorlag. Demnach wurden dem Bundeskriminalamt (BKA) im dritten Quartal des laufenden Jahres bereits 502 antisemitische Straftaten gemeldet, darunter 20 Gewalttaten, die 24 Verletzte zur Folge hatten.
Unter den erfassten Fällen ist auch der Messerangriff von Solingen, bei dem drei Menschen ums Leben kamen. Das Ministerium ordnet diesen Vorfall einem „Einzeltäter mit unter anderem antisemitischen Motiven“ zu. Die Ermittlungen zeigen ein differenziertes Bild: Während 91 Tatverdächtige dem rechten politischen Spektrum zugeordnet werden, weisen 88 Verdächtige ausländische und 16 eine religiöse Ideologie als Motiv auf. Die „Rheinische Post“ berichtete zuerst über die Anfrage.
Obwohl im Vergleich zum Vorjahr die Zahlen im dritten Quartal leicht gesunken sind, gibt es keinen Grund zur Entwarnung. Im zweiten Quartal des Jahres wurden dem BKA zunächst 715 antisemitische Straftaten gemeldet, darunter 19 Gewalttaten mit sieben Verletzten. Doch durch Nachmeldungen stieg die Zahl nachträglich auf insgesamt 1389. Ein ähnliches Bild ergibt sich aus den Vorjahreszahlen: Im dritten Quartal 2023 wurden anfangs 540 antisemitische Delikte registriert, davon 14 Gewalttaten. Diese Zahl wuchs durch Nachmeldungen auf 1028 Straftaten an.
Petra Pau, Abgeordnete der Linken, bezeichnete die Zahlen als „alarmierend“ und warnte vor der falschen Interpretation einer Trendwende. „Denn das Gewaltpotenzial hat deutlich zugenommen. Außerdem steigen seit Jahren die Zahlen durch Nachmeldungen noch erheblich an, was uns mahnt, die Situation mit größter Wachsamkeit zu betrachten,“betonte sie gegenüber der „Rheinischen Post“. Pau forderte mehr Investitionen in Präventions- und Aufklärungsarbeit, um dem Hass und der Gewalt aktiv entgegenzuwirken. „Es müsse dafür gesorgt werden, dass antisemitische Hetze und Gewalt tatsächlich keinen Raum in unserer Mitte finden,“ fügte sie hinzu.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Alarmsignal für die Gesellschaft
Die konstant hohe Zahl antisemitischer Straftaten zeigt eine tief verankerte Problematik in der Gesellschaft. Petra Paus Forderung nach verstärkter Prävention ist ein notwendiger Appell, um das Gewaltpotenzial, das in dieser Statistik sichtbar wird, zu bekämpfen. Die Herausforderungen, die antisemitische Tendenzen in der Gesellschaft aufwerfen, betreffen nicht nur die betroffenen Gemeinschaften, sondern das gesellschaftliche Klima insgesamt. Staatliche und gesellschaftliche Maßnahmen müssen verstärkt und gezielt gegen antisemitische Hetze und Gewalt ausgerichtet werden, um einen langfristigen Wandel zu erzielen.
OZD-Prognose:
In den kommenden Monaten ist zu erwarten, dass die Zahl antisemitischer Vorfälle durch weitere Nachmeldungen zunimmt. Möglicherweise wird die Bundesregierung als Reaktion auf die Zahlen neue Präventionsprogramme initiieren, um den Anstieg solcher Verbrechen langfristig einzudämmen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Petra Pau?
Petra Pau ist seit 2006 Bundestagsvizepräsidentin und eine profilierte Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke. Sie engagiert sich insbesondere für Demokratie und Menschenrechte und setzt sich aktiv gegen Antisemitismus ein. OffizielleWebsite der Linken.
Was ist das Bundeskriminalamt (BKA)?
Das BKA ist die zentrale Sicherheitsbehörde Deutschlands und zuständig für den Schutz der inneren Sicherheit. Es unterstützt die Polizei und andere Behörden bei der Verbrechensbekämpfung und der Erfassung statistischer Kriminalitätsdaten. BKA-Website.
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Foto: Ronny Hartmann / AFP