Kabinettsbeschluss: Neuer Wehrdienst soll Rekrutierungslücke der Bundeswehr schließen
Die Bundesregierung hat heute Pläne für einen neuen Wehrdienst auf den Weg gebracht, um die Bundeswehr personell zu stärken und auf eine veränderte Sicherheitslage zu reagieren. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verfolgt das Ziel, mehr junge Menschen für den Dienst zu gewinnen. In einem ersten Schritt sollen junge Männer künftig zum 18. Geburtstag einen Fragebogen zu ihrer Wehrdienstbereitschaft und -eignung erhalten, um ihre Bereitschaft und Qualifikationen zu erfassen. Auch junge Frauen werden den Fragebogen bekommen, können jedoch freiwillig entscheiden, ob sie antworten möchten.
Diese Maßnahme richtet sich insbesondere an 18-Jährige, die durch eine Reihe von Fragen zu ihrer Fitness, Motivation und Qualifikationen ihre Eignung angeben sollen. Interessenten, die als besonders geeignet und motiviert eingestuft werden, würden zur Musterung eingeladen und könnten anschließend eine sechsmonatige Basisausbildung bei der Bundeswehr absolvieren. Auf freiwilliger Basis wäre es möglich, die Zeit auf bis zu 23 Monate zu verlängern.
Pistorius erwartet jährlich 5000 neue Rekruten
Der Verteidigungsminister erhofft sich von dieser Maßnahme rund 5000 zusätzliche Rekruten jährlich – genau die Zahl, die die Bundeswehr derzeit an Ausbildungskapazität besitzt. Bisher leisteten etwa 10.000 junge Menschen freiwillig Wehrdienst, doch die Gesamttruppenstärke von derzeit 181.000 Soldatinnen und Soldaten liegt deutlich unter dem Soll von 203.300, das als notwendig für Friedenszeiten gilt. Für eine effektive NATO-Bündnisverteidigung wären sogar 370.000 bis 460.000 Soldaten erforderlich.
Die Bundesregierung sieht in dem neuen Wehrdienst eine Möglichkeit, der Bundeswehr dringend benötigtes Personal zuzuführen. „Die aktuelle Bedrohungslage und der erhöhte Bedarf an Bündnisverteidigung in der NATO machen eine Erhöhung der Truppenstärke unabdingbar,“ erklärte Pistorius.
Frühling 2024: Geplanter Start für den neuen Wehrdienst
Die Einführung des Wehrdienstes könnte bereits im Frühjahr 2024 Realität werden, wenn Bundestag und Bundesrat den Gesetzesentwurf beschleunigt verabschieden. Dies wäre ein schneller und bedeutender Schritt, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands anzupassen und junge Menschen vermehrt in die Sicherheitsstrukturen des Landes zu integrieren.
Die veränderte Sicherheitslage in Europa seit dem Ukraine-Konflikt und die damit verbundenen Rekrutierungsprobleme bei der Bundeswehr haben den Reformdruck erhöht. Die Bundesregierung sieht die neuen Maßnahmen als eine Reaktion auf diese Herausforderungen, die sicherstellen sollen, dass Deutschland seine sicherheitspolitischen Verpflichtungen innerhalb der NATO erfüllen kann.
OZD / ©dpa
Wer ist Boris Pistorius? Boris Pistorius (*1960) ist seit Januar 2023 der deutsche Verteidigungsminister. Zuvor war er Innenminister von Niedersachsen und hat sich seit Amtsantritt für eine starke europäische Verteidigungsstruktur eingesetzt. Weitere Informationen: Boris Pistorius – Wikipedia
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