In der ungarischen Hauptstadt Budapest haben sich am Donnerstag Staats- und Regierungschefs der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) zum fünften Gipfel getroffen. Die rund 45 Teilnehmer aus Europa und darüber hinaus diskutierten drängende geopolitische Fragen, darunter die Sicherheitspolitik und die Zukunft der Ukraine im Angesicht des russischen Krieges. Ein auffälliger Abwesender war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der den Gipfel aufgrund des Koalitionsbruchs in Berlin verpasste, aber am Abend zu einem informellen EU-Arbeitsessen erwartet wurde.
Scholz’ Abwesenheit und Selenskyjs Präsenz
Der Gipfel fand ohne den deutschen Kanzler statt, was Fragen zur politischen Lage in Berlin aufwarf. Scholz, der erst am Abend an einem informellen Arbeitsessen der EU-Staats- und Regierungschefs teilnehmen sollte, wurde durch den Koalitionsbruch in Deutschland verhindert. Stattdessen nahm der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teil, um in der EU weitere Unterstützung für den Kampf gegen Russland zu suchen.
Selenskyj, der im Zuge des Krieges um die Ukraine eine zentrale Rolle in der internationalen Diplomatie spielt, wurde als eine der Schlüsselfiguren des Gipfels angesehen. Die EU-Staaten sind sich weitgehend einig, dass sie die Ukraine weiterhin unterstützen müssen, doch die Art und Weise, wie dieser Konflikt gelöst werden soll, bleibt ein kontroverses Thema.
Orbans kontroverse Agenda
Gastgeber des Gipfels war der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der als EU-Kritiker und selbst erklärter Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin bekannt ist. In seiner Eröffnungsrede stellte Orban die Sicherheits- und Friedenspolitik in Europa in den Mittelpunkt und hinterfragte, wie der Frieden auf dem Kontinent wiederhergestellt werden könne. Orban, der als einer der letzten EU-Verbündeten von Putin gilt, hatte zuvor versucht, als Vermittler in den Ukraine-Konflikt zu agieren – eine Haltung, die innerhalb der EU stark kritisiert wird.
„Wie kann der Frieden in Europa wiederhergestellt werden?“, fragte Orban rhetorisch. Er befürwortet eine Verhandlungslösung mit Moskau und zog dabei die jüngsten US-Wahlen als Indikator für eine veränderte geopolitische Lage heran. Diese Bemerkungen stießen bei vielen EU-Partnern auf Widerstand, insbesondere bei den baltischen Staaten, die ein hartes Vorgehen gegen Russland fordern. Orban selbst wird oft als pro-russisch wahrgenommen, was zu Spannungen mit den westlichen EU-Mitgliedstaaten führt.
EPG-Gipfel: Themen und Abwesende
Neben der Ukraine und der europäischen Sicherheitsarchitektur standen auch Energiefragen und Migration auf der Tagesordnung des Gipfels. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der ebenfalls anwesend war, zog die US-Wahlen in den Mittelpunkt seiner Gespräche und betonte deren geopolitische Bedeutung für Europa. Doch auch andere Staats- und Regierungschefs, darunter einige aus dem westlichen Teil der EU, ließen keine Gelegenheit aus, die US-Wahlen und deren Auswirkungen auf die EU-Politik zu thematisieren.
Während Orban den Gipfel als Plattform für seine Friedensmissionen und die Neuordnung der europäischen Sicherheitsarchitektur nutzte, befürchten viele europäische Partner, dass eine zu schnelle Annäherung an Russland die Ukraine benachteiligen könnte. Die Teilnahme von Selenskyj und der anstehende Austausch über die politischen Entwicklungen in Georgien und Moldau dürften die Diskussionen über die Rolle der EU in der geopolitischen Neuordnung Europas weiter anheizen.
Abwesende Staatschefs und die politische Dynamik
Neben Scholz war auch der spanische Regierungschef Pedro Sánchez abwesend, der seine Teilnahme mit den verheerenden Überschwemmungen in seinem Land begründete. Die politische Bedeutung der Abwesenheit von Scholz ist jedoch nicht zu unterschätzen. Scholz’ verpasster Gipfel markiert einen weiteren Punkt politischer Instabilität in Deutschland, die sich nach dem Koalitionsbruch weiter zuspitzen könnte. Wie sich die europäische Zusammenarbeit ohne Deutschlands volle Teilnahme entwickeln wird, bleibt abzuwarten.
Zitat:
„Wir müssen eine klare Haltung gegen den russischen Aggressor zeigen. Die Ukraine braucht unsere Solidarität – und sie braucht sie jetzt“, sagte Selenskyj während des Gipfels.
Schlussfolgerung:
Der Gipfel in Budapest brachte die komplexen geopolitischen Spannungen innerhalb der EU zu Tage. Während Orban seine Russlandfreundliche Haltung einbrachte und Selenskyj weiterhin nach Unterstützung sucht, bleibt die Frage, wie sich die EU auf zukünftige Sicherheits- und Friedenslösungen einigen kann. Die politische Dynamik in Deutschland, wo Scholz den Gipfel verpasste, könnte die Zukunft der EU-Außenpolitik beeinflussen – und die Frage bleibt, wie schnell sich die Mitgliedstaaten auf eine gemeinsame Linie einigen können.
Abschließender Hinweis:
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„OZD / ©AFP“
OZD-Kommentar:
„Der Orban-Effekt: Wie viel Einfluss gewinnt Ungarn in der EU?“
Der Gipfel in Budapest hat einmal mehr die Kluft innerhalb der EU in Bezug auf die russische Aggression und die zukünftige Sicherheitspolitik offengelegt. Viktor Orban nutzt die Gelegenheit, seine pro-russische Linie als möglichen Weg zum Frieden zu präsentieren, was in vielen westlichen EU-Ländern auf Ablehnung stößt. Doch während Orban seine Friedensmission vorantreibt, droht die EU weiterhin, sich in ihrer Außenpolitik zu zerreiben. Sollte Ungarn weiterhin als Vermittler auftreten, könnte dies die europäische Einheit gefährden. Es bleibt abzuwarten, wie lange der politische Einfluss Orbans innerhalb der EU noch akzeptiert wird.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Viktor Orban?
Viktor Orban ist der Ministerpräsident von Ungarn und eine der umstrittensten Figuren in der EU. Er wird oft als autoritär und pro-russisch beschrieben. Orban hat die ungarische Außenpolitik zunehmend in Richtung Moskau ausgerichtet und gilt als einer der letzten EU-Verbündeten von Wladimir Putin. [Wikipedia-Link]
Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist der Präsident der Ukraine und eine zentrale Figur im internationalen Kampf gegen die russische Aggression. Seit dem Beginn des russischen Übergriffs auf die Ukraine im Jahr 2022 hat er weltweit Unterstützung mobilisiert. [Wikipedia-Link]
Was ist die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG)?
Die EPG wurde 2022 nach der russischen Invasion in der Ukraine gegründet und umfasst 27 EU-Mitgliedstaaten sowie 20 weitere europäische Länder. Ziel der EPG ist es, den politischen Dialog und die Zusammenarbeit in Europa zu fördern, besonders in Bezug auf die Sicherheitslage.
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