Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) zeigte sich enttäuscht nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur aktuellen politischen Lage. „Im Dissenz auseinander gegangen“ seien sie, so Merz am Freitagmorgen nach einer Sondersitzung der Unionsfraktion. Scholz habe laut Merz nicht schlüssig begründen können, warum er die Vertrauensfrage erst Mitte Januar stellen will statt bereits in der kommenden Woche.
Für kommenden Mittwoch ist eine Regierungserklärung von Scholz im Bundestag geplant. Merz fordert, dass Scholz dabei auch die Vertrauensfrage stellt, statt bis zum 15. Januar zu warten. „Die Menschen in Deutschland erwarteten schnelle Neuwahlen“, betonte der CDU-Vorsitzende.
Merz äußerte zudem die Vermutung, dass Scholz die kommenden Bundestagssitzungen für SPD-interne Wahlkampfzwecke nutzen wolle: „Dieses Verhalten werde dem Amt eines Bundeskanzlers und auch dem Land nicht gerecht.“ Der Bundeskanzler habe es mit der Vertrauensfrage „allein in der Hand, die Neuwahlen herbeizuführen“, und müsse dieser Verantwortung gerecht werden, sagte Merz.
„Es ist verantwortungslos“, so Merz weiter, die Vertrauensfrage erst Mitte Januar aufzugreifen. Er hoffe, dass der Kanzler sich umstimmen lasse und den Prozess beschleunige.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt schloss sich der Kritik an und bezeichnete den bisherigen Zeitplan von Scholz als „absolut respektlos“. Zudem warf er den Grünen vor, Scholz’ „Respektlos-Kurs“ mitzutragen.
Zur Strategie der Union in den kommenden Wochen sagte Merz: CDU und CSU würden auch im auslaufenden Bundestag ihre Linie beibehalten: „Wir stimmen den Gesetzen zu, die wir für richtig halten“, erklärte Merz, „und den anderen nicht.“ Die Unionsfraktion wolle sich weiterhin klar von den Regierungsparteien abgrenzen.
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OZD-Kommentar: Merz gegen Scholz: Der Showdown im Bundestag?
Die Auseinandersetzung zwischen Merz und Scholz offenbart eine schwelende Krise der politischen Glaubwürdigkeit. Merz’ Vorwurf, Scholz zögere aus taktischen Gründen, bringt eine Grundsatzfrage auf: Geht es hier noch um die Regierung des Landes oder schon um den Wahlkampf? Für viele Bürger wird das Warten auf die Vertrauensfrage zunehmend unverständlich, da klare Entscheidungen erwartet werden, gerade in Krisenzeiten. Es stellt sich die Frage, ob Scholz’ Zögern tatsächlich strategisch bedingt ist – und ob die Union diese Phase nutzen wird, um Scholz weiter unter Druck zu setzen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Friedrich Merz? Friedrich Merz ist Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und gehört zu den einflussreichsten Persönlichkeiten innerhalb der CDU. Der Jurist und Wirtschaftsexperte war lange Zeit in der Finanzwirtschaft tätig und kehrte 2018 in die aktive Politik zurück, um die CDU nach der Ära Merkel neu auszurichten. Seitdem steht er für eine konservativere Ausrichtung der Partei.
Wer ist Olaf Scholz? Olaf Scholz ist der amtierende Bundeskanzler und Vorsitzender der SPD. Vor seinem Aufstieg zum Kanzleramt bekleidete er verschiedene Ministerämter, zuletzt als Vizekanzler und Finanzminister unter Angela Merkel. Scholz wird als pragmatischer Politiker beschrieben, der auf Stabilität und Kontinuität setzt.
Was ist die Bundesregierung? Die Bundesregierung ist die höchste exekutive Instanz der Bundesrepublik Deutschland und setzt sich aus dem Bundeskanzler sowie den Bundesministern zusammen. Sie ist verantwortlich für die Leitung der Bundespolitik und wird in ihrer Arbeit vom Bundestag kontrolliert.
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