In Schweden gilt seit Freitag ein umstrittenes Gesetz, das der Polizei erlaubt, Luxusgüter ohne konkreten Verdacht auf illegale Aktivitäten zu beschlagnahmen. Die neue Regelung ist Teil eines Gesetzespakets der rechtskonservativen Regierung, die damit gezielt gegen die zunehmende Bandenkriminalität im Land vorgehen will. „Es geht um Statussymbole wie Uhren und Autos, mit denen Menschen für kriminelle Banden rekrutiert werden“, erklärte Premierminister Ulf Kristersson im Vorfeld des Gesetzes. Der Fahrer eines teuren Fahrzeugs etwa könnte sein Auto abgeben müssen, wenn er arbeitslos ist und nicht glaubhaft machen kann, dass er den Wagen legal erworben hat.
Kritiker, darunter Menschenrechtsorganisationen und Juristen, werfen der Regierung vor, das Prinzip der Unschuldsvermutung zu unterlaufen. Auch der Ombudsmann des schwedischen Parlaments, der die Einhaltung der Gesetze überwacht, gehört zu den Skeptikern des neuen Gesetzes. Besonders problematisch seien die vagen Anforderungen für polizeiliche Kontrollen und Beschlagnahmungen auf Grundstücken und in Wohnungen, bemängeln die Kritiker.
Die Regierung von Premierminister Kristersson, unterstützt von den ultrarechten Schwedendemokraten, war 2022 mit dem Versprechen angetreten, die steigende Kriminalität in Schweden zu bekämpfen. Die Statistik zeigt das dringende Problem: 2022 starben 53 Menschen bei 363 Schießereien. Die Gewalt trifft auch Unbeteiligte an öffentlichen Plätzen, häufig mit Tätern, die Jugendliche unter 15 Jahren sind – also das Alter der Strafmündigkeit noch nicht erreicht haben. Das neue Gesetz gilt ausdrücklich auch für diese Gruppe.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Kampf gegen Kriminalität oder Angriff auf Grundrechte?
Schwedens
neue Beschlagnahme-Gesetze stehen in einem heiklen Spannungsfeld
zwischen dem Drang zur Verbrechensbekämpfung und dem Schutz persönlicher
Rechte. Während die Regierung von einem notwendigen Schritt gegen
Bandenkriminalität spricht, ist die Kritik an der Aufweichung der
Unschuldsvermutung berechtigt. Das Gesetz könnte eine Welle an Klagen
nach sich ziehen und gesellschaftliche Gräben vertiefen. In den nächsten
Wochen bleibt abzuwarten, wie die Polizei diese neuen Befugnisse nutzt –
und ob Fälle des Missbrauchs auftreten werden.
Wer ist Ulf Kristersson?
Ulf Kristersson ist der schwedische Premierminister und Vorsitzender der konservativen Moderaten Partei. Mehr zu Ulf Kristersson
Was ist der Nationale Sicherheitsrat (NSC)?
Der
Nationale Sicherheitsrat Schwedens berät die Regierung in Fragen der
nationalen Sicherheit und erstellt Empfehlungen zu sicherheitsrelevanten
Themen. Mehr zum NSC
Hinweis: Alle Angaben ohne Gewähr.
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