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Scholz rechtfertigt Ampel-Aus: "Es wäre nicht anders gegangen"

Im Interview mit der ARD erläuterte er die Gründe hinter dem Zerbrechen der Regierung und die unüberbrückbaren Differenzen, die letztlich zum Koalitionsbruch führten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat das überraschende Aus der Ampel-Koalition mit deutlichen Worten gerechtfertigt. In einem Interview mit der ARD erklärte Scholz, dass das Ausscheiden der FDP „unvermeidlich“ gewesen sei. „Es gefällt mir nicht, dass die Koalition zerbrochen ist, aber es gab keine andere Möglichkeit“, sagte der Kanzler am Sonntagabend. Scholz nahm insbesondere die wirtschaftspolitischen Forderungen des damaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP) ins Visier, die seiner Meinung nach nicht tragbar gewesen seien.

„Der Bundesfinanzminister hat ein dickes Papier geschrieben, das die Aufkündigung der Koalition beinhaltet“, erklärte Scholz und machte damit deutlich, dass die Differenzen zwischen den Koalitionspartnern vor allem in der Finanzpolitik unüberbrückbar waren. Dabei ging es unter anderem um die Finanzierung von Milliardenhilfen für die Ukraine, die die FDP unter Lindner als „unfinanzierbar“ ansah. Scholz machte klar, dass er auf die Vorschläge des Finanzministers, etwa durch Rentenkürzungen oder den Abbau von Kommunalgeldern, nicht eingehen konnte.

Die Wurzeln des Zerwürfnisses:

Der Kanzler erläuterte weiter, dass er mit Lindners Entlassung und den öffentlichen Vorwürfen am Mittwochabend auf die langanhaltenden Spannungen in der Koalition reagierte. „Es hat mir gereicht – übrigens auch den Bürgerinnen und Bürgern“, sagte Scholz. Dass er die schwierigen Kompromisse immer wieder eingegangen sei, um die Koalition zusammenzuhalten, habe er getan, „aber irgendwann gibt es keine Lösung mehr“.

Scholz sprach von einem „öffentlichen Streit“ zwischen den Koalitionspartnern, der über Wochen andauerte und immer wieder in die Öffentlichkeit getragen wurde. Diese „Indiskretionen“ und die wiederholte „Zerstrittenheit“ der Koalition hätten es für ihn unmöglich gemacht, weiter an einer Zusammenarbeit festzuhalten. „Es gab keinen Knopf, auf den irgendjemand hätte drücken können, damit es aufhört“, so Scholz.

Der Streitpunkt Ukraine-Hilfen:

Ein zentrales Thema, das schließlich zum endgültigen Bruch führte, war die Finanzierung von weiteren Hilfen für die Ukraine. Laut Scholz sei die FDP auf eine Finanzierung der Hilfen „durch Rentenkürzungen, durch Gelder, die man den Kommunen wegnimmt, oder durch Mittel, die für die Modernisierung unseres Landes fehlen“ abgezielt. Dies sei für den Kanzler nicht akzeptabel gewesen. „Das kann man nicht machen“, sagte Scholz.

Scholz betonte, dass er sich immer wieder für den Erhalt der Koalition eingesetzt habe, aber bei zentralen Punkten wie der Finanzierung nicht nachgeben konnte. Die Aufhebung der Schuldenbremse – ein Vorschlag von Lindner, um die Ukraine-Hilfen zu finanzieren – habe er kategorisch abgelehnt. „Auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes oder der Zukunft die Finanzierung sicherzustellen, das finde ich falsch“, sagte Scholz.

Forderung nach Klarheit:

Scholz schloss das Interview mit der Feststellung, dass er sich klar für eine politische Neuausrichtung und einen „Neuanfang“ ausspreche. Die derzeitige Situation, in der die Koalitionspartner immer wieder gegeneinander agieren und sich nicht mehr auf ein gemeinsames Ziel verständigen können, sei nicht tragbar. „Das Land braucht Stabilität und klare Entscheidungen. Wir können nicht weiter in diesem Zustand bleiben“, sagte der Kanzler.

Mit dem Koalitionsbruch und der damit verbundenen Regierungskrise fordert Scholz nun eine zügige Klärung der politischen Verhältnisse. „Es muss schnell eine neue Lösung gefunden werden“, so der Kanzler abschließend.

OZD/AFPKommentar:

Scholz' letzte Entscheidung: Ein unvermeidlicher Bruch?

Der Bruch der Ampel-Koalition war für Scholz kein leichter Schritt. Doch die zunehmenden Konflikte innerhalb der Regierung, besonders über die Finanzierung von Ukraine-Hilfen und den Umgang mit der deutschen Haushaltsordnung, ließen keinen anderen Ausweg zu. Während Scholz der FDP vorwarf, mit ihren Forderungen die Stabilität des Landes zu gefährden, musste er sich vor der Bevölkerung verantworten, dass das Projekt Ampel endgültig gescheitert war. Die Frage bleibt: Kann die SPD nun mit einer neuen Koalition, möglicherweise mit den Grünen oder der Union, eine stabile Regierung bilden, oder stehen Neuwahlen bevor?


Biographien und Erklärungen:

Olaf Scholz (SPD)
Olaf Scholz ist seit 2021 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Zuvor war er Vizekanzler und Finanzminister unter Angela Merkel sowie Bürgermeister von Hamburg. Scholz hat sich als pragmatischer Politiker und Verfechter einer stabilen, sozial ausgerichteten Wirtschaftspolitik etabliert.
Wikipedia-Seite: Olaf Scholz auf Wikipedia

Christian Lindner (FDP)
Christian Lindner ist seit 2013 Vorsitzender der Freien Demokratischen Partei (FDP). Unter seiner Führung hat sich die FDP als marktwirtschaftliche Partei positioniert, die sich für eine starke Wirtschaft und gegen eine ungebremste Staatsverschuldung ausspricht. Lindner war von 2021 bis 2023 Bundesfinanzminister und spielte eine zentrale Rolle im politischen Drama um die Ampel-Koalition.
Wikipedia-Seite: Christian Lindner auf Wikipedia


Alle Angaben ohne Gewähr.

Foto: AFP