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40 Millionen Dollar für einen schwachen Schlag

Warum Tyson gegen Paul verliert und trotzdem gewinnt - Show oder Sport?

In einer Nacht, die mehr nach Spektakel als nach sportlichem Wettkampf schmeckte, stand die Boxwelt am Samstagabend in Dallas erneut im Fokus. Mike Tyson, die unbestrittene Legende des Schwergewichts, kehrte nach 19 Jahren ohne einen einzigen Kampf im Ring zurück – allerdings nicht gegen einen Weltmeister, sondern gegen den 27 Jahre alten Jake Paul, den YouTuber, der sich im Boxring mehr als Showman denn als ernstzunehmender Sportler etabliert hat.

Das Duell, das als „Mega-Fight“ inszeniert wurde, lockte 80.000 Zuschauer ins Stadion und wurde zudem weltweit über Streaming-Dienste ausgestrahlt. Doch der Kampf, der viele als das Comeback des Jahrhunderts feierten, endete mit einer bitteren Niederlage für Tyson. Der 58-Jährige, der in den 80er und 90er Jahren als der „böseste Mann im Boxring“ galt, hatte gegen Paul kaum eine Chance. Der junge Paul landete 78 Treffer von 278 Schlägen, während Tyson lediglich 97 Schläge versenkte, von denen nur 18 das Ziel trafen. Das Ergebnis war eindeutig: zwei Urteile mit 79:73 und eines mit 80:72 – eine klare Punktniederlage.

Tyson, der von seinen Fans als unbesiegbar angesehen wurde, wirkte in der ersten Runde zwar körperlich fit, zeigte aber schnell Schwächen. „Ich bin happy. Ich musste niemandem etwas beweisen außer mir selbst“, sagte Tyson nach dem Kampf. Trotz seiner kämpferischen Haltung wurde schnell klar: Tyson, der bei seiner letzten Niederlage 2005 gegen Kevin McBride für den Ruhestand schien, konnte nicht mehr mit der Geschwindigkeit und Präzision eines jungen Paul mithalten.

Paul glänzt als Showman – und Tyson als moralischer Sieger

Jake Paul, der in der Boxwelt vor allem für seine unorthodoxen Kämpfe und seine oft fragwürdigen Gegner bekannt ist, sah den Sieg als weiteren Meilenstein in seiner Karriere. „Es war eine große Ehre, gegen eine solche Legende zu boxen. Mike ist einer der Größten aller Zeiten und einer der härtesten Typen auf dem Planeten“, sagte Paul nach dem Kampf. Der YouTuber, der sich mittlerweile als Boxprofi versucht, fügte schmunzelnd hinzu: „Das war gestern eine gute Klatsche, das hat mir gefallen.“

Tyson hingegen ließ sich nicht entmutigen. Ob er nach der Niederlage endgültig in den Ruhestand geht, bleibt unklar. „Ich glaube nicht, dass es mein letzter Kampf war“, erklärte der 58-Jährige, der sich weiterhin in erstaunlich guter körperlicher Verfassung präsentierte. Ein weiteres Duell gegen Jake Pauls Bruder Logan, ebenfalls ein YouTuber und Boxer, schien ihm durchaus vorstellbar – und das aus finanziellen Gründen: Die beiden Boxkämpfer sollen für den aktuellen Fight rund 40 Millionen Dollar kassiert haben. Da scheint noch einiges an Geld zu locken, auch wenn der sportliche Wert des nächsten Kampfes eher zweifelhaft bleibt.

Fazit: Der wahre Gewinner des Abends

Trotz seiner Niederlage bleibt Tyson der wahre Gewinner in einer Geschichte, die mehr über das Geschäft des Profiboxens als über sportliche Höchstleistungen erzählt. Das Comeback des „Iron Mike“ zeigte eindrucksvoll, dass man mit genügend Marketing und Show eine Legende zurück ins Rampenlicht holen kann. Jake Paul mag sich als Boxer fühlen, doch der wahre Höhepunkt des Abends war, dass Tyson gegen alle Erwartungen acht Runden durchhielt und sich nicht vorführen ließ. Für Tyson war es ein Schritt in den Ruhestand, für Paul ein weiterer Show-Erfolg – und für die Boxwelt vielleicht ein fragwürdiger Moment, der mehr über das Geschäft als über echten Sport aussagt.

OZD / ©SID


OZD-Kommentar:

Das Comeback eines Mythos oder der Untergang einer Legende?

Die Rückkehr von Mike Tyson in den Ring mag für viele ein nostalgisches Event gewesen sein, doch sie wirft Fragen auf, die über den Sport hinausgehen. Ein ehemaliger Champion, der fast zwei Jahrzehnten fernab des Boxrings lebt, trifft auf einen YouTuber, der seine Schläge mehr als Marketing-Strategie denn als sportliche Leistung nutzt. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Boxen zunehmend zu einer Inszenierung wird – und echte Kämpfe hinter den Kulissen stattfinden.

Tyson hat seinen Ruhm nie verloren, doch die Realität ist, dass solche „Mega-Fights“ wie gegen Jake Paul keine nachhaltigen sportlichen Werte mehr vermitteln. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses Phänomen entwickelt. Wird das Boxen künftig nur noch zur Show? Oder wird sich das wahre sportliche Talent wieder durchsetzen?

In den kommenden Wochen werden sich sicher noch viele Diskussionen um die Ernsthaftigkeit von Duellen wie diesem drehen – und die Frage bleibt, wie viel von dem, was wir heute als „Boxen“ kennen, noch echte sportliche Substanz hat.

Biographien und Erklärungen

Wer ist Mike Tyson?
Mike Tyson gilt als einer der größten Schwergewichtler der Boxgeschichte. Er wurde 1986 mit 20 Jahren der jüngste Schwergewichts-Weltmeister aller Zeiten. Tyson war bekannt für seine beispiellose Schlagkraft und seine aggressive Kampftechnik. Nach einem dramatischen Sturz aus dem Box-Olymp und mehreren rechtlichen Problemen versuchte Tyson in den letzten Jahren ein Comeback im Ring, was jedoch mit gemischtem Erfolg endete.

Wer ist Jake Paul?
Jake Paul begann seine Karriere als YouTuber und ging später in den Boxsport. Nachdem er 2018 mit einem Sieg über den YouTuber Deji in den Boxring trat, baute er seine Karriere aus und bestritt zahlreiche Kämpfe, die häufig von Show-Charakter geprägt waren. Paul ist umstritten, da seine Gegner oft nicht den Status eines etablierten Boxers besitzen.

Was ist ein „Mega-Fight“?
Ein „Mega-Fight“ bezeichnet einen besonders spektakulären und medienwirksamen Kampf im Boxsport, oft zwischen zwei großen Persönlichkeiten, unabhängig von deren sportlichem Status oder der Gewichtsklasse.


Alle Angaben ohne Gewähr.

Foto: AFP