Die G20-Staaten haben bei ihrem Gipfeltreffen im brasilianischen Rio de Janeiro die dringend notwendige Einigung zu Klimafinanzen erneut vertagt. Statt konkreter Lösungen, wie Milliarden in Billionen umgewandelt werden können, haben die Staats- und Regierungschefs vage Absichtserklärungen abgegeben. Die Abschlusserklärung enthält eine kritische Feststellung: Die Klimafinanzierung muss "aus allen Quellen" auf Billionen Dollar erhöht werden, doch die entscheidende Frage nach den Quellen bleibt unbeantwortet.
Klimafinanzen: Ein ungelöstes Problem
Die UN-Klimakonferenz (COP29) in Baku kommt nicht vom Fleck, da die Frage, wie Entwicklungsländer ausreichend Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel erhalten können, weiterhin blockiert wird. UN-Generalsekretär António Guterres hatte zuvor zu mehr "Führungsstärke" aufgerufen, doch von den G20-Ländern war wenig zu hören. Die Erklärung spricht nur von einem schrittweisen Ausstieg aus "ineffizienten Subventionen für fossile Brennstoffe", ohne jedoch eine klare Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen als Ganzes zu formulieren.
Mick Sheldrick, Mitbegründer von Global Citizen, kritisiert die G20: „Sie spielen den Ball zurück nach Baku. Das wird es vermutlich schwieriger machen, eine Einigung zu erzielen.“ Diese Kritik zeigt, dass der Gipfel erneut ein Symbol für diplomatische Untätigkeit wurde.
Der Ukraine-Konflikt und der Druck auf den Westen
Ein weiteres dominantes Thema war die Eskalation des Ukraine-Kriegs. In der gemeinsamen Erklärung begrüßten die G20-Staaten "alle relevanten und konstruktiven Initiativen" für einen "gerechten und dauerhaften Frieden". Doch an der scharfen Verurteilung der russischen Aggression, die von vielen erwartet wurde, fehlte jede klare Ansage.
Chinas Präsident Xi Jinping warnte vor einer weiteren „Eskalation von Kriegen“, was das geopolitische Spannungsfeld auf dem Gipfel unterstrich. Die G20-Staaten standen dabei vor der schwierigen Herausforderung, nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern auch die wachsenden Spannungen im Nahen Osten zu adressieren.
Brasiliens Agenda und der Kampf gegen den Hunger
Neben der Klimafrage brachte der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva eines seiner wichtigsten Themen in den Vordergrund: den globalen Kampf gegen den Hunger. In einer ersten, erfolgreichen Initiative wurde eine globale Allianz gegen den Hunger ins Leben gerufen. Sie konzentriert sich auf Maßnahmen wie die Verbesserung der Ernährung im Kindesalter und die Förderung kleiner landwirtschaftlicher Betriebe. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie nachhaltig diese Initiativen ohne finanzielle Ressourcen bleiben können.
Widerstand gegen Multilateralismus und Wirtschaftspolitik
Nicht alle G20-Staaten teilten Lulas Ansichten. Der argentinische Präsident Javier Milei, ein vehementer Kritiker des Multilateralismus, weigerte sich, bestimmte Punkte der Abschlusserklärung zu unterstützen – darunter die Regulierung von Online-Netzwerken und eine verstärkte staatliche Rolle im Kampf gegen Hunger. Dennoch unterschrieb Milei die finale Erklärung, was seinen pragmatischen Kurs widerspiegelt.
Fazit: Wenig Fortschritt, viele Meinungsverschiedenheiten
Der Gipfel in Rio de Janeiro zeigte, wie schwer es ist, bei globalen Herausforderungen wie Klimawandel und Hunger zu einer wirklichen Einigung zu kommen. Während Lula mit seiner Agenda gegen den Hunger einige Fortschritte erzielte, blieben die klimapolitischen Diskussionen nahezu in der Schwebe. Die G20-Staaten schienen mehr in geopolitischen Spannungen als in gemeinsamen Lösungen gefangen zu sein. Ob es bei der nächsten Klimakonferenz in Baku zu einem Durchbruch kommt, bleibt fraglich.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Der G20-Gipfel: Eine verpasste Gelegenheit für Klimaschutz und globale Zusammenarbeit
Es war ein Gipfel der leeren Versprechungen und der politischen Vermeidungsstrategien. Die Staats- und Regierungschefs der G20 haben zwar die Notwendigkeit einer massiven Steigerung der Klimafinanzierung anerkannt, doch die Frage, wie diese finanziellen Mittel mobilisiert werden sollen, bleibt ungeklärt. Besonders enttäuschend ist das Fehlen konkreter Schritte in Bezug auf den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Stattdessen wird der Fokus auf vage Subventionskürzungen gelegt, die nicht den nötigen Druck auf die Industrieländer ausüben.
Die geopolitischen Spannungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und der zunehmenden Rivalität zwischen den USA und China, haben das Klima des Gipfels stark geprägt. Diese geopolitischen Konflikte sind jedoch nicht nur ein Hindernis für die Klimapolitik, sondern auch für jegliche konstruktive Zusammenarbeit bei globalen Herausforderungen.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Wochen entwickeln wird. Der Druck auf die G20-Staaten wächst, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende UN-Klimakonferenz in Baku. Wird es den führenden Wirtschaftsnationen gelingen, ihre Differenzen zu überwinden und echte Fortschritte zu erzielen? Oder wird der Gipfel von Rio de Janeiro nur als ein weiteres Beispiel für diplomatische Lethargie in die Geschichte eingehen?
Biographien und Erklärungen
Wer ist Luiz Inácio Lula da Silva?
Lula, ehemaliger Präsident Brasiliens, ist eine der markantesten Figuren der brasilianischen Politik. Er wurde 2023 erneut zum Präsidenten gewählt und setzt sich für soziale Gerechtigkeit sowie gegen Armut und Hunger ein. Weitere Informationen finden sich auf der offiziellen Website von Lula.
Wer ist António Guterres?
António Guterres ist der Generalsekretär der Vereinten Nationen und hat eine lange Karriere in der internationalen Diplomatie hinter sich. Er setzt sich besonders für Klimaschutz und die Bekämpfung globaler Armut ein. Mehr erfahren auf der Webseite der Vereinten Nationen.
Was ist die G20?
Die G20 ist ein internationales Forum für die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sowie die EU und die Afrikanische Union. Sie trifft sich regelmäßig, um globale Wirtschafts- und Finanzfragen zu beraten. Weitere Informationen finden sich auf der offiziellen G20-Website.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Foto: AFP