Marco Wanderwitz, prominenter CDU-Abgeordneter aus Sachsen, wird bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar nicht erneut antreten. Der 49-Jährige begründet seinen Rückzug mit massiven Drohungen und persönlichen Angriffen, die seine Familie und ihn zunehmend gefährdeten. „Ich muss meine Familie und mich körperlich und seelisch schützen“, sagte er der „Freien Presse“.
Insbesondere der Hass, der seit dem Einzug der AfD in die Parlamente zugenommen habe, sei unerträglich geworden. Wanderwitz berichtete von Todesdrohungen gegen seine Kinder und beklagte eine verrohte politische Kultur.
Wanderwitz, der als Mitinitiator eines Verbotsantrags gegen die AfD Schlagzeilen machte, kritisierte zugleich die mangelnde Unterstützung für bedrohte Abgeordnete. „Wir haben es als Zivilgesellschaft nicht geschafft, den Abgeordneten den Rücken zu stärken“, sagte er.
Der Rückzug des langjährigen Bundestagsabgeordneten, der seit 2002 im Parlament sitzt und von 2020 bis 2021 Ostbeauftragter der Bundesregierung war, löste über Parteigrenzen hinweg Bestürzung aus.
Reaktionen aus der Politik
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) zeigte sich alarmiert: „Die Umstände seines Rückzugs sollten uns allen zu denken geben.“ Frei betonte, dass Wanderwitz eine „starke Stimme Ostdeutschlands“ sei, und rief zur Stärkung der demokratischen Mitte auf.
Ähnlich äußerte sich SPD-Bundestagsabgeordneter Michael Roth, der den Rückzug als „Scheitern der liberalen Demokratie vor ihren Feinden“ bezeichnete. Auch Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) zeigte sich besorgt: „Es ist ein Warnzeichen, wenn er gehen muss, weil Demokraten wie er Angst haben müssen.“
Aggressive Stimmung gegen Politiker
Wanderwitz ist nicht der erste Politiker, der angesichts von Drohungen und Hetze seinen Rückzug erklärt. Bereits im Juli hatte seine Lebensgefährtin, Bundestags-Vizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU), ihre Kandidatur aufgegeben. Auch sie begründete dies mit der zunehmend aggressiven gesellschaftlichen Stimmung.
Die Debatte um den Schutz von Politikerinnen und Politikern gewinnt angesichts der jüngsten Entwicklungen erneut an Bedeutung. Thorsten Frei sieht die kommenden Wahlen im Februar als Chance, die „demokratische Mitte“ zu stärken.
OZD-Kommentar
Eine demokratische Warnung: Wanderwitz‘ Rückzug als Spiegelbild der Gesellschaft
Marco Wanderwitz‘ Entscheidung, sich aus der Politik zurückzuziehen, ist ein alarmierendes Signal für die Demokratie. Seine Begründung – der Schutz seiner Familie vor Hass und Drohungen – zeigt, wie tief die Verrohung des politischen Klimas bereits reicht.
Dass ein erfahrener Politiker wie Wanderwitz diesen Schritt geht, wirft Fragen auf: Wie schützen wir unsere demokratischen Vertreter vor Anfeindungen? Was bedeutet es für den Parlamentarismus, wenn zunehmend engagierte Stimmen verstummen?
Prognose:
Die politische Kultur
wird weiter unter Druck geraten, sollte es nicht gelingen, ein klares
gesellschaftliches Signal gegen Hetze und Hass zu setzen. Der Schutz von
Politikerinnen und Politikern könnte ein zentrales Thema der kommenden
Legislaturperiode werden – sowohl auf rechtlicher als auch auf
gesellschaftlicher Ebene.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Marco Wanderwitz?
Marco
Wanderwitz (*1975) ist ein deutscher Politiker der CDU und seit 2002
Bundestagsabgeordneter. Von 2020 bis 2021 war er Ostbeauftragter der
Bundesregierung. Wanderwitz ist bekannt für seinen Einsatz gegen die AfD
und seine klare Haltung zu demokratischen Werten. Mehr über Marco Wanderwitz
Wer ist Yvonne Magwas?
Yvonne
Magwas ist eine deutsche Politikerin der CDU und
Bundestags-Vizepräsidentin. Sie ist die Lebensgefährtin von Marco
Wanderwitz und hat ebenfalls angekündigt, bei der nächsten Wahl nicht
mehr anzutreten. Mehr über Yvonne Magwas
Was ist der AfD-Verbotsantrag?
Der
AfD-Verbotsantrag ist eine fraktionsübergreifende Initiative im
Bundestag, die darauf abzielt, die rechtspopulistische Partei wegen
verfassungsfeindlicher Bestrebungen verbieten zu lassen. Der Antrag wird
voraussichtlich in Kürze abgestimmt.
Titelbild AFP