Im Zuge der umstrittenen Krankenhausreform kam es in Brandenburg zu einem politischen Eklat: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entließ Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) überraschend während der entscheidenden Bundesratssitzung. Der Grund: Nonnemacher hatte sich gegen Woidkes Linie gestellt und die Anrufung des Vermittlungsausschusses abgelehnt. Damit wollte sie die Reform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht weiter verzögern.
Eiskalte Entlassung im Bundesrat
Die 67-jährige Nonnemacher erhielt ihre Entlassungsurkunde noch während der Sitzung im Bundesrat. Geplant war, dass sie zur Reform eine Rede hält, doch Woidke verhinderte dies mit ihrem Ausschluss. Der Ministerpräsident begründete seinen Schritt mit der Notwendigkeit, „ein klares Signal aus Brandenburg zu senden“. Er fügte hinzu, dass die öffentliche Wahrnehmung des Landes eine klare Haltung erfordere, die Nonnemacher nicht mitgetragen habe.
Grünen-Spitze empört
Brandenburgs Grünen-Chefin Alexandra Pichl reagierte mit scharfer Kritik: „Es ist beschämend zu sehen, dass Woidke vor nichts zurückschreckt, um seine Macht zu sichern.“ Auch auf Bundesebene sorgte die Entlassung für Unverständnis. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betonte, dass Nonnemacher einen „großen Anteil“ an der Reform gehabt habe, und bedauerte ihren Rücktritt. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann sprach von einer „öffentlichen Demütigung“, die menschlich nicht vertretbar sei.
Umstrittene Reform
Die Krankenhausreform, die im Bundesrat letztlich verabschiedet wurde, sieht eine stärkere Spezialisierung der Kliniken und eine Verbesserung der Behandlungsqualität vor. Lauterbach rechnet dabei mit der Schließung zahlreicher Krankenhäuser, was insbesondere in ländlichen Regionen wie Brandenburg auf Widerstand stößt. Nonnemacher hatte die Reform trotz ihrer Kritik unterstützt und Verbesserungen in den Verhandlungen hervorgehoben.
Politische Konsequenzen?
Die Entlassung könnte die Regierungsbildung in Brandenburg erschweren. Woidke verhandelt derzeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über eine neue Koalition, nachdem die Grünen bei der Landtagswahl den Wiedereinzug ins Parlament verpassten. Der Machtkampf zwischen den Parteien wird durch den aktuellen Eklat weiter angeheizt.
Quellenangabe:
OZD / ©AFP
Kommentar-Titel: "Woidke riskiert das Vertrauen in die Politik"
Kommentar:
Die
Entlassung von Ursula Nonnemacher zeigt, wie weit Ministerpräsident
Woidke bereit ist zu gehen, um seinen Kurs durchzusetzen. Doch dieser
Schritt könnte sich als Bumerang erweisen. Die Krankenhausreform wird
voraussichtlich viele Kliniken in Brandenburg betreffen, und Woidkes
Vorgehen könnte als Signal der Machtdemonstration gedeutet werden. Die
SPD läuft Gefahr, die Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung weiter zu
verlieren – gerade in einem Bundesland, das ohnehin mit strukturellen
Problemen kämpft.
Wer ist Ursula Nonnemacher?
Ursula
Nonnemacher (*1956) ist eine deutsche Politikerin der Grünen. Seit 2019
war sie Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und
Verbraucherschutz in Brandenburg. Vor ihrer politischen Karriere
arbeitete sie als Ärztin. Mehr zu ihrer Biografie.
Was ist die Krankenhausreform?
Die
Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
zielt auf eine Spezialisierung der Kliniken und eine Verbesserung der
Behandlungsqualität ab. Kritiker bemängeln, dass sie zahlreiche
Klinikschließungen zur Folge haben könnte. Mehr Informationen zur Reform.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Titelbild/Foto: AFP