Münster - (lwl) -
"Ich bin kein Künstler, ich bin Maler": Norbert Tadeusz (1940-2011) war
einer der wichtigsten figurativen Maler seiner Generation. Die mitunter
drastischen Darstellungen seiner großformatigen Bilder berühren und
prägen sich unwillkürlich ein.
In seiner neuen Ausstellung "Norbert Tadeusz" (10.5. - 2.8.) und der
ersten Schau seit der Corona-Pandemie zeigt das Kunstmuseum des
Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster 66 Werke des
Düsseldorfer Künstlers, der in den 1970er und 1980er Jahren als
Professor an der Kunstakademie Münster unterrichtete.
"In diesen Zeiten eine Ausstellung eröffnen zu können, freut mich sehr,
und ist ein wichtiges Zeichen an alle Besucherinnen und Besucher: Denn
Kultur ist so viel mehr als einfach nur 'nice to have' - Kultur macht
den Menschen aus. Umso erfreulicher ist, dass das kulturelle Leben
weitergeht", erklärt LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara
Rüschoff-Parzinger. Möglich war das nur, weil die Schau in Kooperation
mit dem Kunstpalast Düsseldorf entstanden ist und dort schon Ende des
vergangenen Jahres zu sehen war. "Die Werke sind nach dem Ende der
Düsseldorfer Ausstellung direkt ins LWL-Museum für Kunst und Kultur
gekommen - vier Wochen vor dem Ausbruch der Pandemie."
Die Ausstellung rücke einen Maler erneut ins Blickfeld der
Öffentlichkeit, dessen ebenso virtuose wie provokante Bilder nichts von
ihrer Brisanz eingebüßt haben. Tadeusz' enge Beziehung zu Düsseldorf und
dem dortigen Kunstmuseum, das 1970 erstmals eine Einzelausstellung von
ihm zeigte, ist bekannt. Weniger im Blick ist seine Verbindung zu
Münster, auf die diese Werkschau aufmerksam macht. Zwischen 1973 und
1988 hatte Norbert Tadeusz einen Lehrauftrag zunächst als Dozent, später
als Professor an der Kunstakademie in Münster- damals noch Institut für
Kunsterziehung Münster, eine Zweigstelle der Staatlichen Kunstakademie
Düsseldorf - und übte einen großen Einfluss auf die Kunstszene aus.
"Tadeusz präsentiert Gegenstände aus ungewöhnlichen Blickwinkeln, die
Figuren sind oft in extremen Haltungen dargestellt. Die intensiven
Farben und die sehr großen Formate entwickeln zusammen mit den Motiven
eine enorme Wucht", beschreibt Dr. Hermann Arnhold, Direktor des
LWL-Museums für Kunst und Kultur, Tadeusz` Bilder. "Der Künstler war
fasziniert vom Motiv der Frau - als Muttergottheit und Verkörperung der
Natur ebenso wie als Projektionsfläche seiner Ängste, Sehnsüchte und
Begierden." Der Künstler betonte immer wieder, dass all die seltsamen
Blickpunkte und Verzerrungen in seinen Bildern allein den Anforderungen
der Bildkomposition geschuldet seien. Es gehe ihm dabei nur darum zu
malen, was er gesehen habe, und daraus gültige Bilder zu schaffen.
Verschiedene Themengruppen zeigen dabei die gesamte Bandbreite seines
Schaffens in Gemälden, Arbeiten auf Papier und Skulpturen: Venus,
sakrale Räume, Fleisch und Leiber, Tadeusz-Bilder, Akte, Swimmingpool,
Interieurs und schließlich die Palio-Bilder, die Darstellungen der
traditionellen Pferderennen in Siena. "In Münster sind zusätzlich noch
seine Swimmingpool-Bilder zu sehen. Wir präsentieren sie im einzigen
Tageslichtraum der Sonderausstellung und bringen diese Werkgruppe in
ihrer ganzen Frische und Farbigkeit zum Leuchten", erklärt die Kuratorin
der Ausstellung, Dr. Tanja Pirsig-Marshall.
Eine Ausstellung über Norbert Tadeusz in Münster zu zeigen, füge sich in
das Konzept des LWL-Museums für Kunst und Kultur ein, das neben einem
Schwerpunkt auf angelsächsischen und kulturhistorischen Themen sein
Augenmerk auch immer wieder auf die westfälischen Künstler lege. Nach
den Ausstellungen "Das nackte Leben. Bacon, Freud, Hockney und andere.
Malerei in London 1950-1980" (2014/15) und "Henry Moore. Impuls für
Europa" (2016/17) sowie "Otto Piene. Licht" (2015) und "Wilhelm Morgner
und die Moderne" (2015/16) stehe jetzt mit Norbert Tadeusz ein Maler im
Mittelpunkt, der sich auf die gegenständliche Malerei konzentriert und
seine eigene Bildsprache gefunden habe, so Pirsig-Marshall.
Als Schüler von Joseph Beuys und enger Freund von Blinky Palermo nahm er
mit seinem gegenständlichem, sehr körperlichen Malstil schnell eine
Sonderstellung in der Kunstszene ein, war es doch damals angesagt,
konzeptuell, minimalistisch oder abstrakt zu arbeiten.
Bereits 1975 waren aufgrund seiner Lehrtätigkeit an der Kunstakademie
Werke von Tadeusz im Landesmuseum in Münster zu sehen. In einer
Gruppenschau präsentierte das Museum das Ergebnis der Arbeit des 1971
gegründeten Instituts in seinen unterschiedlichen Tendenzen. Neben
Tadeusz' Arbeiten wurden damals Werke von Ludmilla von Arseniew, Hans
Paul Isenrath, Gunther Keusen, Hermann Josef Kuhna, Udo Scheel, Timm
Ulrichs und Jochen Zellmann gezeigt - Künstler und Künstlerinnen, die
vielfach auch in der Sammlung des LWL-Museums für Kunst und Kultur und
der Sammlung der Westfälischen Provinzial Versicherung vertreten sind.
Die Ausstellung wird gefördert von der Kunststiftung NRW und der National-Bank AG.
Eröffnet wird die Ausstellung aufgrund der Einschränkungen der
Corona-Pandemie erstmals ohne Besucherbeteiligung im Museum. Die
Öffentlichkeit ist jedoch eingeladen, die Eröffnung per Live-Stream im
Internet zu verfolgen: Samstag (9.5.), 18 Uhr unter: https://youtu.be/Yx1AL17DD04
Titelbild: Norbert Tadeusz, Vorletztes Palio 2001 , Estate Norbert Tadeusz / Petra Lemmerz © VG Bild Kunst , Bonn 2020.
Foto Nic Tenwiggenhorn