Die AfD hat mit der Veröffentlichung ihres Wahlprogrammentwurfs eine politische Breitseite geliefert. Die Partei fordert tiefgreifende Veränderungen in Deutschland und Europa: Abtreibungen sollen nur noch in Ausnahmefällen erlaubt sein, der Austritt aus der EU und dem Euro wird gefordert, und der Klimaschutz wird vollständig abgelehnt.
Im Entwurf, der am Freitag veröffentlicht wurde, sieht die AfD vor, Schwangerschaftsabbrüche stark einzuschränken. Sie sollen nur noch nach Vergewaltigungen oder bei gesundheitlicher Gefährdung der Mutter erlaubt sein. Zudem schlägt die Partei vor, Frauen während der Beratung vor einem Abbruch mit Ultraschallaufnahmen des Fötus zu konfrontieren, um sie umzustimmen. „Abtreibungen müssen die absolute Ausnahme bleiben“, heißt es im Entwurf. Stattdessen wirbt die Partei für eine „Willkommenskultur für Kinder“.
Besonders scharf reagierte die SPD auf diese Forderungen. „Die AfD will über das Leben und den Körper von Frauen bestimmen. Dieses Frauenbild ist unerträglich“, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast.
Auch im Bereich Klimapolitik bleibt die AfD ihrer Linie treu: Sie bezeichnet den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel als „wissenschaftlich ungeklärt“ und fordert einen Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen. Alle Maßnahmen und Steuern, die auf den Klimaschutz abzielen, lehnt die Partei ab. „Das Klima kann der Mensch nicht schützen“, heißt es.
In der Migrationspolitik kündigt die AfD eine „Rückführungsoffensive“ an, mit der alle ausreisepflichtigen Personen abgeschoben werden sollen. Kirchenasyl und die staatliche Förderung ziviler Seenotrettung sollen abgeschafft werden. Gleichzeitig will die Partei die Einwanderung von Fachkräften ermöglichen – allerdings nur unter strengen Bedingungen.
Ein zentrales Ziel der AfD ist der Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. Statt der EU soll eine neue „Wirtschafts- und Interessengemeinschaft“ gegründet werden, die sich auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Schutz der Außengrenzen beschränkt. Auch der Euro soll abgeschafft werden, da die Währungsunion laut AfD gescheitert sei. Eine nationale Währung könnte neben dem Euro eingeführt werden, um Umstellungskosten zu minimieren.
Das Wahlprogramm der AfD soll auf einem Parteitag im Januar beschlossen werden, bei dem auch Alice Weidel offiziell als Kanzlerkandidatin nominiert werden soll. Die radikalen Forderungen der Partei sorgen bereits jetzt für massive Kritik und dürften den Wahlkampf deutlich anheizen.
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OZD-Kommentar:Radikal, rückschrittlich, spaltend: Die AfD und ihr Wahlprogramm
Die AfD zeigt mit ihrem Wahlprogramm, wohin die Reise gehen soll: zurück in eine Zeit, in der Frauen keine Kontrolle über ihren Körper hatten, Klimaschutz als unnötig galt und Deutschland allein auf weiter Flur stand. Das Programm ist eine Mischung aus ideologischen Fiktionen und gefährlichen Vereinfachungen.
Die geplante Einschränkung von Abtreibungen ist nicht nur ein massiver Eingriff in die Selbstbestimmung von Frauen, sondern auch ein gesellschaftlicher Rückschritt. Ultraschallbilder als Druckmittel einzusetzen, zeigt, wie wenig die Partei von individueller Freiheit hält.
Im Bereich Klimapolitik ignoriert die AfD wissenschaftliche Fakten und stellt sich gegen den globalen Konsens. Der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen wäre nicht nur ein Rückschritt für die Umwelt, sondern auch ein Schlag für Deutschlands internationale Glaubwürdigkeit.
Besonders besorgniserregend ist die Forderung nach einem Austritt aus der EU. Die AfD setzt hier auf eine gefährliche Isolation, die wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Nachteile für Deutschland hätte. Der Euro-Markt ist nicht perfekt, aber ihn aufzugeben, würde Deutschland langfristig schwächen.
Dieses Wahlprogramm ist weniger eine politische Vision als ein Sammelsurium radikaler Forderungen. Die AfD bietet keine Antworten auf die komplexen Herausforderungen der Gegenwart, sondern betreibt eine Politik der Spaltung und Vereinfachung.
Biographien und ErklärungenWer ist Alice Weidel?
Alice
Weidel ist die Bundesvorsitzende der AfD und soll auf dem Parteitag im
Januar als Kanzlerkandidatin nominiert werden. Sie gilt als eine der
einflussreichsten Stimmen innerhalb der Partei.
Was ist das Pariser Klimaabkommen?
Das
Pariser Klimaabkommen ist ein globaler Vertrag, der darauf abzielt, die
Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Es wurde 2015
verabschiedet und ist ein Meilenstein im internationalen Klimaschutz.
Warum will die AfD aus der EU austreten?
Die
AfD kritisiert die EU als zu bürokratisch und zentralistisch. Sie will
stattdessen eine lockere Wirtschafts- und Interessengemeinschaft
gründen. Experten warnen, dass ein EU-Austritt Deutschlands gravierende
wirtschaftliche und politische Folgen hätte.
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