China hat am Sonntag mit scharfen Worten auf den Empfang von Taiwans Präsident Lai Ching-te im US-Bundesstaat Hawaii reagiert. Laut einem Sprecher des chinesischen Außenministeriums wurde dieser „Zwischenstopp“ von Lai in den USA aufs Schärfste verurteilt. China habe bei den USA „ernsthaften Protest eingelegt“ und betont, dass man die Entwicklungen „genau beobachten“ werde. „Wir werden starke Maßnahmen ergreifen, um die Souveränität und territoriale Integrität unserer Nation zu verteidigen“, erklärte das Außenministerium in Peking.
Lai war am Samstag zu einer Pazifik-Reise aufgebrochen und wurde am Flughafen von Honolulu mit einem ungewöhnlich hochrangigen Empfang begrüßt. Zum ersten Mal wurde einem taiwanischen Präsidenten ein solcher Empfang bereitet, bei dem Lai mit rotem Teppich und prominenten Vertretern empfangen wurde. Unter den Empfangskomiteemitgliedern befanden sich unter anderem die Geschäftsführerin des American Institute in Taiwan, Ingrid Larson, sowie der Gouverneur von Hawaii, Josh Green. Anschließend zeigte sich Lai in Hawaii-Hemd bei Besuchen an verschiedenen Orten des Bundesstaates, unter anderem in einem historischen Museum. Für Sonntagabend war eine Rede von Lai bei einem Abendessen mit Vertretern der US-Regierung geplant.
Lais Besuch wird als wichtiger Schritt zur Stärkung der „felsenfesten“ Partnerschaft zwischen Washington und Taipeh betrachtet. Laura Rosenberger, die Chefin des American Institute in Taiwan, erklärte, dass dieser Besuch eine Gelegenheit zum Austausch mit „Vordenkern, der Diaspora-Gemeinschaft sowie staatlichen und lokalen Führungskräften“ sei. Diese Unterstützung von Washington für Taiwan verstärkt einmal mehr die Spannungen zwischen den USA und China, denn obwohl die USA Taiwan diplomatisch nicht anerkennen, sind sie der wichtigste internationale Verbündete der Insel.
Das chinesische Regime sieht Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll, und droht, dies notfalls mit militärischer Gewalt durchzusetzen. Diese Spannungen äußern sich nicht nur in diplomatischen Protesten, sondern auch in militärischen Aktivitäten. Laut Taiwans Verteidigungsministerium wurden allein am Samstag innerhalb von 24 Stunden 18 chinesische Militärflugzeuge, sieben Marineschiffe und zwei Ballons in der Nähe Taiwans gesichtet.
Lai, der seit Mai im Amt ist, setzt mit seiner Politik eine klare Linie der Souveränität Taiwans. Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin Tsai Ing-wen, die die Beziehungen zu China versuchte zu deeskalieren, betont Lai deutlich Taiwans Unabhängigkeit. Dies hat ihm in Peking den Stempel des „Separatisten“ eingebracht. Nach dem Zwischenstopp in Hawaii wird Lai seine Reise fortsetzen und die Marschallinseln sowie Tuvalu und Palau besuchen.
Der Besuch Lais und die Reaktionen Chinas werfen erneut einen Schatten auf die zunehmend angespannten Beziehungen zwischen den USA und China, die im Wettstreit um die Vorherrschaft im Pazifik stehen.
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OZD-Kommentar:
Taiwan auf Konfrontationskurs – Wie Lais Besuch die Spannungen im Pazifik anheizt
Der Empfang von Taiwans Präsident Lai in Hawaii hat nicht nur diplomatische Wellen geschlagen, sondern auch das fragile Gleichgewicht zwischen den USA und China weiter destabilisiert. Während Washington Taiwans Souveränität unterstützt, geht Peking mit zunehmendem Druck gegen jede Form der Unabhängigkeit Taiwans vor. Lais klarer Kurs, der stärker als je zuvor auf die Unabhängigkeit Taiwans setzt, stellt eine Provokation für Peking dar und lässt befürchten, dass China seine Drohungen noch stärker umsetzen könnte.
Die geopolitischen Konsequenzen sind erheblich: Ein intensiver Wettstreit um die Dominanz im Pazifik zwischen den USA und China könnte die gesamte Region destabilisieren. Die militärischen Aktivitäten der Volksrepublik in der Nähe Taiwans und Lais Reise, die als klare Botschaft an Peking zu werten ist, lassen darauf schließen, dass der Konflikt möglicherweise bald eine noch gefährlichere Wendung nehmen könnte. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob Taiwans „Souveränitätspoker“ zu einer Eskalation oder zu einem diplomatischen Durchbruch führt.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Lai Ching-te?
Lai Ching-te ist der Präsident von Taiwan und trat sein Amt im Mai 2024 an. Er ist ein Mitglied der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) und betont in seiner Politik die Souveränität Taiwans, was ihm die Feindschaft der Volksrepublik China eingebracht hat. Lai gilt als starker Verfechter einer unabhängigen taiwanesischen Nation.
Offizielle Website: https://www.president.gov.tw
Was ist das American Institute in Taiwan (AIT)?
Das American Institute in Taiwan ist die de facto diplomatische Vertretung der Vereinigten Staaten in Taiwan. Obwohl die USA Taiwan diplomatisch nicht anerkennen, fungiert das AIT als Schnittstelle zwischen den beiden Ländern und unterstützt die Beziehungen in Bereichen wie Handel, Sicherheit und kulturellem Austausch.
Offizielle Website: https://www.ait.org.tw
Was ist die Volksrepublik China?
Die Volksrepublik China ist ein sozialistischer Staat in Ostasien, der die weltweit größte Bevölkerung hat. Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und strebt nach wie vor eine Vereinigung mit der Insel an – notfalls mit militärischen Mitteln.
Offizielle Website: https://www.gov.cn
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