Der erste Tag im Amt der neuen EU-Spitzen Kaja Kallas und António Costa stand ganz im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Am Sonntag trafen die beiden in Kiew ein, um ihre Unterstützung für das von Russland angegriffene Land zu bekräftigen. „Wir sind gekommen, um eine klare Botschaft zu übermitteln: dass wir an der Seite der Ukraine stehen und sie auch weiterhin voll und ganz unterstützen werden“, erklärte Costa, der am 1. Dezember offiziell das Amt des EU-Ratspräsidenten übernommen hatte.
Kallas, die nun als Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik die Nachfolge von Josep Borrell antrat, unterstrich die Dringlichkeit der Situation. „Die Lage in der Ukraine ist sehr, sehr ernst, aber es ist auch klar, dass sie für Russland einen sehr hohen Preis hat“, sagte die estnische Politikerin. Sie gilt als eine der entschlossensten Verfechterinnen der Ukraine innerhalb der EU und fordert eine harte Linie gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Der Besuch in Kiew, der auch ein Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj beinhaltete, war symbolträchtig: Es war der erste Solidaritätsbesuch der neuen EU-Führung in der Ukraine. Die EU-Führungsriege möchte mit diesem Schritt signalisieren, dass sie auch nach fast drei Jahren Krieg und fortwährenden russischen Angriffen uneingeschränkt hinter der Ukraine steht.
In den letzten Wochen hat sich der Krieg weiter verschärft. Russland setzt verstärkt Luftangriffe auf die Ukraine, wobei die zivile Infrastruktur, insbesondere die Energieversorgung, schwer getroffen wird. Der jüngste Angriff in der Nähe von Dnipro forderte mindestens vier Tote und 21 Verletzte. Hinzu kommt die Bedrohung durch neue russische Waffen wie die Hyperschallrakete Oreschnik, die bereits am 21. November erstmals zum Einsatz kam und wichtige Militäreinrichtungen traf.
Neben den militärischen Eskalationen nimmt auch die geopolitische Dimension des Konflikts zu. In einer TV-Ansprache drohte Putin mit Angriffen auf westliche Unterstützer der Ukraine, sollten diese Waffen mit größerer Reichweite gegen russisches Territorium einsetzen. Die NATO und die westlichen Partner der Ukraine reagieren mit Unterstützung und den Zusagen, die Ukraine zu stützen – auch mit modernen Waffen.
Selenskyj erklärte in einem Interview, dass er sich für eine NATO-Abdeckung der von Kiew kontrollierten Gebiete ausspreche, um die Ukraine vor weiteren russischen Angriffen zu schützen. Er signalisierte auch, dass er bereit sei, diplomatische Mittel zu nutzen, um die von Russland besetzten Gebiete zurückzuerlangen, sobald die „heiße Phase“ des Krieges beendet sei.
Kallas, die sich kürzlich in ihrer Anhörung im Europaparlament für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine aussprach, stellte klar, dass dies die „stärkste Sicherheitsgarantie“ für die Ukraine wäre. Sie fügte hinzu, dass die EU bei einer Waffenruhe oder dem Einsatz europäischer Truppen „nichts ausschließen“ sollte. Diese strategische Vieldeutigkeit sei wichtig, um Russland weiter unter Druck zu setzen und den Frieden in Europa langfristig zu sichern.
Während sich die geopolitische Lage weiter zuspitzt, sind die USA und die EU entschlossen, ihre Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen. Die Rolle der EU wird dabei als immer entscheidender angesehen, insbesondere im Hinblick auf die anstehenden US-Wahlen und die Haltung von Donald Trump, der den Ukraine-Konflikt möglicherweise mit territorialen Zugeständnissen an Russland beenden möchte.
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OZD-Kommentar:
Kallas und Costa in Kiew: Ein starkes Signal der EU – Doch der Preis des Krieges wächst
Der Solidaritätsbesuch von Kaja Kallas und António Costa in Kiew setzt ein deutliches Zeichen der Unterstützung, das weit über diplomatische Rhetorik hinausgeht. Es ist ein klares Bekenntnis zu einer Ukraine, die sich nicht nur gegen militärische Aggressionen wehren muss, sondern auch gegen eine geopolitische Isolation kämpft. Der Ukraine-Krieg hat jedoch einen sehr hohen Preis – sowohl in humanitären als auch in geopolitischen Dimensionen.
Die EU zeigt sich entschlossen, an der Seite der Ukraine zu bleiben, aber die Frage bleibt, wie lange dies angesichts der sich verschärfenden russischen Bedrohungen und der potenziellen politischen Veränderungen in den USA aufrechterhalten werden kann. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, wie sich die politische und militärische Landschaft in Europa und der Ukraine entwickelt.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Kaja Kallas?
Kaja Kallas ist die neue Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union. Die 47-jährige Estin war zuvor Premierministerin von Estland und ist bekannt für ihre pro-westliche Haltung und entschlossene Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg.
Offizielle Website: https://europa.eu
Wer ist António Costa?
António Costa ist der neue Präsident des Europäischen Rates. Der portugiesische Sozialdemokrat war zuvor Premierminister von Portugal und hat nun die Verantwortung übernommen, die Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zu leiten.
Offizielle Website: https://europa.eu
Was ist die EU-Außenbeauftragte?
Die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist verantwortlich für die Außenbeziehungen der Europäischen Union und die Koordination der Außenpolitik der Mitgliedstaaten.
Offizielle Website: https://europa.eu
Foto: AFP
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