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Scholz in Kiew: Deutschland verspricht neue Rüstungslieferungen im Wert von 650 Millionen Euro

Bundeskanzler Olaf Scholz überrascht mit einer weiteren Zusage: Deutschland wird der Ukraine Rüstungsgüter im Wert von 650 Millionen Euro liefern. Doch im Schatten dieser Unterstützung lauern kritische Fragen zu Deutschlands Rolle im Ukraine-Konflikt.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei seinem überraschenden Besuch in Kiew eine neue Runde umfangreicher Rüstungslieferungen an die Ukraine angekündigt. Im Rahmen seines Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erklärte Scholz, dass noch im Dezember Rüstungsgüter im Wert von 650 Millionen Euro an das kriegsgebeutelte Land geliefert werden sollen. "Deutschland bleibt der stärkste Unterstützer der Ukraine in Europa", betonte der Kanzler bei seiner Ankunft in der ukrainischen Hauptstadt.

Der Besuch markiert Scholz' zweiten Trip nach Kiew seit Beginn des Ukraine-Kriegs. Zuvor hatte er die Ukraine zusammen mit anderen europäischen Staatsführern, wie dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem damaligen italienischen Regierungschef Mario Draghi, im Juni 2022 besucht. Diesmal jedoch reist Scholz alleine und kündigt eine Unterstützung an, die mit dem bisherigen Engagement Deutschlands eine noch stärkere Unterstützung signalisiert.

Scholz unterstrich: "Die Ukraine kann sich auf Deutschland verlassen – wir sagen, was wir tun, und wir tun, was wir sagen." Diese Aussage bezieht sich auf die anhaltende Unterstützung des Landes, das seit mehr als 1000 Tagen gegen den russischen Angriffskrieg kämpft. Deutschland folgt dabei den USA als zweitgrößter Militärhilfegeber für die Ukraine, was jedoch auch immer wieder zu Kritik führt.

Trotz der massiven Unterstützung sehen sich Scholz und die deutsche Regierung wiederholt mit dem Vorwurf konfrontiert, zu zögerlich zu handeln. Besonders umstritten sind die bisher verweigerten Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern, die in Kiew immer wieder gefordert wurden. Der Druck auf Deutschland ist seitdem nicht geringer geworden, vor allem, da die USA kürzlich grünes Licht für den Einsatz von ATACMS-Raketen durch die Ukraine gegen Ziele auch im russischen Hinterland gegeben haben. Die Taurus-Marschflugkörper, die eine größere Reichweite besitzen, wurden seither verstärkt als Lösung in den Raum gestellt.

Doch nicht nur in der Ukraine selbst gibt es Kritik. In Europa sorgte Scholz' Entscheidung, nach fast zwei Jahren wieder ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu führen, für Unverständnis. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte damals Bedenken und warf Scholz vor, "die Büchse der Pandora" zu öffnen – eine Metapher, die auf die gefährliche Möglichkeit hinweist, den Krieg zu deeskalieren und damit Kiews Handlungsoptionen einzuschränken.

Inmitten dieser Kontroversen bleibt die Lage der Ukraine angespannt. Besonders im Osten des Landes gewinnt die russische Armee zunehmend an Boden, und auch die geopolitische Unsicherheit wächst. Die Ankündigung von Scholz kommt zu einer Zeit, in der sich die USA von Präsident Joe Biden zu einem möglichen Machtwechsel durch Donald Trump im kommenden Jahr positioniert sehen. Trump, der als Gegner von umfangreichen Hilfsmaßnahmen für die Ukraine bekannt ist, könnte eine ernsthafte Veränderung in der westlichen Unterstützungspolitik mit sich bringen.

Zusätzlich hat sich die militärische Lage der Ukraine weiter verschärft. Russland reagierte auf ukrainische Angriffe mit ATACMS-Raketen, indem es am 21. November erstmals eine Hyperschallrakete vom Typ Oreschnik einsetzte. Diese Rakete, die die Großstadt Dnipro traf, symbolisiert die Eskalation der militärischen Mittel im Konflikt. Auch russische Luftangriffe überziehen zunehmend das ukrainische Staatsgebiet und erschweren eine schnelle Stabilisierung der Lage.

OZD / ©AFP

Kommentar

Scholz zwischen Rückhalt und Kritik: Eine heikle Balance der Ukraine-Hilfe

Olaf Scholz steht bei seiner Ukraine-Politik immer wieder zwischen den Fronten: Während Deutschland als einer der größten Waffenlieferanten der Ukraine gilt, hat der Kanzler nie eine vollumfängliche Unterstützung gewährleistet, die von Kiew gefordert wird. Besonders in Bezug auf die Taurus-Marschflugkörper zeigt sich die Unsicherheit und Zögerlichkeit in der deutschen Außenpolitik. Diese politische Zögerlichkeit könnte nicht nur das Vertrauen der Ukraine in Deutschland beeinträchtigen, sondern auch die EU weiter spalten.

Die deutsche Zurückhaltung ist nachvollziehbar, wenn man die politischen Folgen auf EU- und NATO-Ebene berücksichtigt. Doch je länger Scholz zögert, desto mehr steigt der Druck auf Deutschland, eine klare Linie zu ziehen. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob Scholz die Unterstützung für die Ukraine entschlossener und auch für die Kritiker verständlicher fortsetzen kann, oder ob er weiter als zögerlicher Politiker wahrgenommen wird.

Biographien und Erklärungen

Wer ist Olaf Scholz?
Olaf Scholz ist seit Dezember 2021 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Zuvor war er Vizekanzler und Finanzminister unter Angela Merkel. Scholz ist Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und hat in seiner politischen Karriere verschiedene Ministerämter und das Amt des Bürgermeisters von Hamburg bekleidet. Weitere Informationen finden Sie auf www.bundeskanzler.de.

Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist seit 2019 Präsident der Ukraine. Der ehemalige Komiker und Schauspieler wurde durch seine unorthodoxe politische Karriere bekannt und setzte sich während des russischen Übergriffs 2022 entschlossen an die Spitze der ukrainischen Verteidigung. Weitere Informationen finden Sie auf www.president.gov.ua.

Was sind Taurus-Marschflugkörper?
Die Taurus-Marschflugkörper sind hochpräzise, luftgestützte Raketen mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Sie werden von der Bundeswehr und anderen europäischen Ländern verwendet und sind für den Einsatz gegen strategische Ziele konzipiert. Weitere Informationen finden Sie auf www.rheinmetall.de.


Foto: AFP

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