Die FDP-Spitze hat sich nach den schweren Vorwürfen rund um das interne „D-Day-Papier“ öffentlich zur Krisenbewältigung bekannt – und gleichzeitig scharfe Kritik an SPD und Grünen geübt. Parteichef Christian Lindner und der neue Generalsekretär Marco Buschmann traten am Montag in Berlin vor die Presse und versprachen, die „Prozess- und Kommunikationsfehler“ nach dem Scheitern der Ampel-Koalition genau zu analysieren. Lindner sprach von „schmerzhaften personellen Konsequenzen“, bezog sich dabei auf die Rücktritte von Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.
„Die Bürgerinnen und Bürger können sich nicht durch mich oder uns getäuscht fühlen“, sagte Lindner. Die FDP habe stets klargemacht, dass alle Szenarien durchdacht wurden, inklusive eines möglichen Koalitionsendes. „Wir haben nie eine Art Ampel-Garantie abgegeben.“ Buschmann ergänzte, die FDP habe gezeigt, dass sie „Integrität und Verantwortung“ ernst nehme. Keine andere Partei hätte in ähnlicher Lage so schnell und konsequent reagiert, so der frühere Bundesjustizminister.
Der FDP-Chef nutzte die Gelegenheit jedoch auch, um SPD und Grüne anzugreifen. Er warf den ehemaligen Koalitionspartnern vor, die FDP „zerstören“ zu wollen, um eigene Machtoptionen zu verbessern. „Es geht ihnen nicht um das Land, sondern um ihre eigene Macht“, urteilte Lindner. Zugleich machte er klar, dass nur eine starke FDP einen „Richtungswechsel“ für Deutschland herbeiführen könne. Eine Regierung mit SPD oder Grünen würde hingegen „die Probleme nur verwalten“.
Mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar zeigte sich Lindner kämpferisch. Er sieht seine Partei als entscheidenden Faktor, um Deutschland vor einer „Garantie-Regierung“ aus SPD und Grünen zu bewahren. „Es ist unsere Verantwortung, die FDP erfolgreich zu machen“, sagte der Parteichef. Buschmann sprach von einer Chance, den Wählern klarzumachen, wofür die FDP stehe.
Die öffentliche Auseinandersetzung mit dem „D-Day-Papier“ bleibt ein heikles Thema. Dieses Strategiepapier aus der FDP-Zentrale hatte detaillierte Planungen für einen gezielten Bruch der Ampel skizziert, einschließlich der Verwendung militärischer Begriffe wie „offene Feldschlacht“. Nach der Veröffentlichung war die Partei stark in die Kritik geraten, intern und extern.
Buschmann, der den Posten des Generalsekretärs kommissarisch übernommen hat, machte deutlich, dass die FDP mit dem „D-Day-Debakel“ einen Schlussstrich ziehen will. „Wir werden diese Fehler aufarbeiten“, versprach er. Lindner betonte jedoch, dass auch SPD und Grüne ihre Verantwortung für das Scheitern der Koalition übernehmen müssten. „Wir warten darauf, dass auch sie ihre Schubladen aufmachen“, sagte er.
Der FDP steht nun ein schwieriger Wahlkampf bevor. Die Partei liegt in Umfragen derzeit bei drei bis vier Prozent und kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag. Buschmann zeigte sich dennoch optimistisch: „Wir haben die Chance, unsere Positionen klarzumachen und die Bürger von unserer Richtung zu überzeugen.“ Lindner lobte seinen neuen Generalsekretär als „besten Wahlkampforganisator“, während Buschmann seinerseits Lindner als Spitzenkandidaten lobte.
Ob die
Partei nach dem internen Eklat und der schwierigen Koalitionszeit
tatsächlich zu einem Comeback fähig ist, bleibt abzuwarten. Klar ist
jedoch: Der Wahlkampf wird für die FDP
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OZD-Kommentar:FDP zwischen Selbstkritik und Schuldzuweisungen: Ein Comeback mit Hindernissen?
Die FDP-Spitze gibt sich kämpferisch, doch die Wunden des „D-Day-Debakels“ sind tief. Lindner und Buschmann versprechen Aufarbeitung und versuchen zugleich, die Verantwortung für das Scheitern der Ampel-Koalition auf SPD und Grüne abzuwälzen. Doch reicht das aus, um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen?
Die Veröffentlichung des internen Papiers war ein Fiasko, das nicht nur die politische Konkurrenz, sondern auch viele FDP-Anhänger verstört hat. Die Partei muss mehr tun, als Schuld bei anderen zu suchen – sie muss erklären, warum sie bereit war, das Bündnis zu torpedieren, während sie offiziell noch Teil der Regierung war.
Lindners Angriffe auf SPD und Grüne mögen im Wahlkampf strategisch sein, doch sie könnten auch nach hinten losgehen. Wer nur auf die Fehler der anderen zeigt, wirkt nicht überzeugend, sondern defensiv. Der FDP droht das Image einer Partei, die lieber spaltet, als Lösungen anzubieten.
Buschmanns Bemühungen, die FDP als Partei der Integrität darzustellen, werden ebenfalls auf die Probe gestellt. Die Frage bleibt, ob die Bürger einer angeschlagenen Partei zutrauen, für den „Richtungswechsel“ zu sorgen, den Lindner verspricht.
Die FDP steht vor einer schwierigen Aufgabe: Sie muss Vertrauen zurückgewinnen und ihre Positionen klar machen – ohne dabei weiter in Selbstverteidigung zu verharren. Der Wahlkampf wird entscheiden, ob die Partei ihren Platz in der deutschen Politik behalten kann – oder ob die Affäre um das „D-Day-Papier“ zum politischen Genickbruch wird.
Biographien und ErklärungenWer ist Marco Buschmann?
Marco
Buschmann ist ein deutscher Politiker (FDP) und seit November 2023
Generalsekretär der Partei. Zuvor war er Bundesjustizminister und gilt
als enger Vertrauter von Christian Lindner.
Was war das „D-Day-Papier“?
Das
„D-Day-Papier“ war ein internes Strategiepapier der FDP, das
detaillierte Planungen für einen Bruch der Ampel-Koalition enthielt. Es
sorgte nach seiner Veröffentlichung für massiven politischen und
medialen Druck auf die Partei.
Warum ist die Bundestagswahl 2024 so entscheidend?
Die
Bundestagswahl am 23. Februar 2024 entscheidet über die zukünftige
Regierungskoalition in Deutschland. Die FDP kämpft nach dem Ende der
Ampel-Koalition um den Wiedereinzug in den Bundestag und eine mögliche
Regierungsbeteiligung.
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