Nach Ablauf der Friedenspflicht in der Tarifrunde bei Volkswagen haben am Montag 66.000 Beschäftigte mit Warnstreiks ein deutliches Zeichen gesetzt. Allein im Stammwerk Wolfsburg legten 35.000 Mitarbeitende die Arbeit nieder, wie die IG Metall mitteilte. Auch in Kassel, Hannover, Braunschweig und Zwickau folgten jeweils rund 5000 Beschäftigte dem Streikaufruf. In Emden, Salzgitter, Chemnitz und Dresden kam es ebenfalls zu Arbeitsniederlegungen. Ausgenommen blieb das Werk in Osnabrück, wo ein anderer Tarifvertrag gilt.
Die Gewerkschaft und die Arbeitnehmer fordern eine deutliche Gehaltserhöhung und wehren sich entschieden gegen die Pläne von Volkswagen, bis zu drei Werke in Deutschland zu schließen. Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen, kritisierte bei einer Kundgebung in Wolfsburg die mangelnde Bereitschaft des Konzerns, alternative Lösungen zu finden: „Wer Werksschließungen und Kündigungswellen als einzigen potenziellen Ausweg präsentiert, zeigt nicht nur fehlende Kreativität, sondern auch fehlenden Mut, die Zukunft aktiv zu gestalten.“
Die bisherigen drei Verhandlungsrunden in der Tarifauseinandersetzung haben keine Ergebnisse gebracht. Die nächste Runde ist für den kommenden Montag angesetzt.
Die Friedenspflicht war in der Nacht zum Sonntag ausgelaufen. Die IG Metall hat zunächst nur einen Warnstreiktag geplant. In Wolfsburg steht am Mittwoch eine Betriebsversammlung an, bei der auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet wird. Ob die Fronten bis dahin aufweichen, bleibt ungewiss.
OZD-KommentarVW-Tarifkonflikt: Die Geduld der Beschäftigten ist am Limit
Die Warnstreiks bei Volkswagen sind ein starkes Signal der Belegschaft und zeigen, wie ernst die Lage im VW-Tarifkonflikt ist. Während die IG Metall nicht nur höhere Gehälter, sondern auch Zukunftsperspektiven für bedrohte Standorte fordert, scheint der Konzern auf Sparmaßnahmen zu setzen, die in der Belegschaft als reiner Kahlschlag wahrgenommen werden.
Der Vorwurf, Werksschließungen als "einzigen potenziellen Ausweg" zu präsentieren, wie es Gewerkschaftschef Thorsten Gröger formuliert, trifft ins Schwarze. Der Verzicht auf innovative Lösungsansätze, die sowohl den Erhalt von Arbeitsplätzen als auch die Transformation zur E-Mobilität ermöglichen, könnte sich langfristig als schwerwiegender strategischer Fehler erweisen.
Doch auch die Gewerkschaft steht unter Druck. Ein Scheitern der Verhandlungen würde nicht nur den Frust der Mitarbeitenden weiter anheizen, sondern könnte die Unterstützung für die IG Metall schwächen. Die nächste Tarifrunde wird entscheidend sein, um eine Eskalation zu verhindern.
Prognose:
Sollten
die Verhandlungen am Montag erneut ohne Einigung bleiben, dürften die
Warnstreiks ausgeweitet werden. Das Risiko eines länger andauernden
Arbeitskampfes könnte die Produktion massiv beeinträchtigen und den Ruf
von Volkswagen weiter schädigen. Gleichzeitig ist die öffentliche
Aufmerksamkeit eine Chance für beide Seiten, ihre Argumente zu schärfen
und eine Lösung zu finden, die nicht nur kurzfristig Frieden bringt,
sondern auch die Zukunft der Standorte sichert.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Thorsten Gröger?
Thorsten
Gröger ist Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und
Sachsen-Anhalt. Als einer der führenden Gewerkschafter in Deutschland
setzt er sich für die Interessen der Arbeitnehmer in der Automobil- und
Metallindustrie ein.
Was ist die IG Metall?
Die
IG Metall ist die größte Einzelgewerkschaft in Deutschland und vertritt
die Interessen der Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie,
darunter auch die Automobilbranche. Die Gewerkschaft kämpft für bessere
Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und den Erhalt von Arbeitsplätzen.
Wer ist Hubertus Heil?
Hubertus
Heil ist seit März 2018 Bundesminister für Arbeit und Soziales in
Deutschland und Mitglied der SPD. Als Arbeitsminister hat er sich für
soziale Gerechtigkeit, faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen
starkgemacht.
Was ist Volkswagen?
Volkswagen
ist einer der größten Automobilhersteller der Welt mit Sitz in
Wolfsburg, Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund
675.000 Menschen und ist bekannt für Marken wie VW, Audi, Porsche und
Skoda.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP