Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Kirchenkonflikt eskaliert: 100 Menschen verhindern Abschiebung - Mann will nicht nach Finnland zurück

Ein Kirchenasyl in Bremen wird zum Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen: Rund 100 Menschen verhinderten die Abschiebung eines Somaliers. Innensenator Mäurer zeigt sich verärgert, während die Kirche auf jahrzehntelange Traditionen verweist. Die Debatte eskaliert.

In Bremen hat die Abschiebung eines somalischen Mannes am Widerstand von etwa hundert Menschen gescheitert, die den Zugang zu einer Kirche blockierten. Der Mann hatte in der evangelischen Gemeinde Kirchenasyl gesucht, nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) entschieden hatte, ihn nach Finnland zurückzuführen, wo er erstmals in der EU registriert wurde.

Die protestierenden Menschen, viele mit Schlafsäcken ausgestattet, hinderten die Behörden daran, die Abschiebung durchzusetzen. Pastor Thomas Lieberum betonte, dass in Bremen bisher kein Kirchenasyl gebrochen wurde. Der Senat hingegen kritisierte die Blockade scharf: „Die Entscheidung des Bamf war eindeutig, und sie muss akzeptiert werden“, erklärte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).

Der Somalier war über Russland nach Finnland geflüchtet, bevor er in Deutschland einen Asylantrag stellte. Das Bamf lehnte diesen ab und stellte klar, dass Finnland für sein Asylverfahren zuständig sei. Eine von der Kirche beantragte Überprüfung bestätigte diese Entscheidung, da kein Härtefall vorliege und dem Mann in Finnland keine Gefahr drohe.

Innensenator Mäurer kritisierte nicht nur die Blockade, sondern auch das nächtliche Glockenläuten der Kirchengemeinde: „Das ist an Zynismus nicht zu übertreffen.“ Er forderte, dass die Kirche sich an bestehende Vereinbarungen zum Kirchenasyl halte. Zudem wies er darauf hin, dass die Zahl der Kirchenasyle bundesweit gestiegen sei, und kündigte eine Diskussion dieses Themas auf der Innenministerkonferenz in Rheinsberg an.

Die evangelische Gemeinde verteidigte ihre Entscheidung. Lieberum erklärte, dass der Schutz suchende Somalier weiterhin in der Kirche bleibe. Der Fall sorgt in Bremen und darüber hinaus für eine hitzige Debatte über die Grenzen und den Zweck von Kirchenasyl.

OZD / AFP

 


OZD-Kommentar

Kirchenasyl: Tradition oder Rechtsbruch?

Der Fall in Bremen wirft ein Schlaglicht auf das Spannungsfeld zwischen humanitären Traditionen und geltendem Recht. Das Kirchenasyl, seit Jahrhunderten ein Symbol für Schutz und Mitmenschlichkeit, gerät zunehmend in Konflikt mit staatlichen Asylverfahren. Die Blockadeaktion zeigt, wie groß die Kluft zwischen kirchlichen Überzeugungen und staatlichen Regularien geworden ist.

Doch wie weit darf Kirchenasyl gehen? Wenn die Behörden Entscheidungen des Bamf ignoriert sehen und legitime Abschiebungen verhindert werden, wird die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats untergraben. Gleichzeitig müssen Härtefälle sorgfältig geprüft werden, um Fehlentscheidungen zu vermeiden. Die Kirche betont ihre moralische Verantwortung, doch was geschieht, wenn diese Verantwortung zunehmend den Rechtsstaat herausfordert?

Prognose: Die Diskussion um Kirchenasyl wird intensiver werden. Die Innenministerkonferenz könnte striktere Regelungen beschließen, was zu noch mehr Konflikten zwischen Staat und Kirche führen dürfte. Der Fall Bremen wird sicherlich als Präzedenzfall in die Debatte eingehen.

Biographien und Erklärungen

Wer ist Ulrich Mäurer?
Ulrich Mäurer ist seit 2008 Innensenator in Bremen und Mitglied der SPD. Er ist für Sicherheits- und Asylfragen in der Hansestadt verantwortlich. Website des Bremer Senats

Wer ist Thomas Lieberum?
Thomas Lieberum ist Pastor der evangelischen Gemeinde in Bremen und ein Befürworter des Kirchenasyls. Er setzt sich für den Schutz geflüchteter Menschen ein und argumentiert für die moralische Verantwortung der Kirche.

Was ist Kirchenasyl?
Kirchenasyl ist eine Tradition, die schutzsuchenden Menschen vorübergehend Zuflucht in Kirchen gewährt, oft um Zeit für eine erneute Prüfung ihres Falls zu gewinnen. Es ist rechtlich nicht bindend, wird jedoch von staatlichen Behörden in der Regel respektiert. Wikipedia: Kirchenasyl

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP