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Psychische Gesundheit wird nicht ernst genommen - Deutsche kämpfen mit Wissenslücken bei Hilfsangeboten

Studie enthüllt: 86 Prozent unsicher im Umgang mit psychischen Erkrankungen

Eine alarmierende Studie der Technischen Universität München und der „Apotheken Umschau“ offenbart gravierende Wissenslücken der Deutschen im Umgang mit psychischen Erkrankungen und den dazugehörigen Hilfsangeboten. 86 Prozent der Befragten gaben an, nicht genau zu wissen, wann sie bei psychischen Problemen professionelle Hilfe suchen sollten oder wie sie entsprechende Unterstützungsangebote finden könnten.

Für die repräsentative Untersuchung, die im Juli und August 2023 durchgeführt wurde, befragten die Forscher bundesweit 2000 Menschen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unsicherheit weit verbreitet ist: Über zwei Drittel der Befragten (69,1 Prozent) empfinden es als „sehr schwierig“, die Seriosität von Informationen über psychische Erkrankungen zu beurteilen. Ebenso viele (68,3 Prozent) gaben an, unsicher zu sein, ab wann eine professionelle Einschätzung erforderlich ist.

Ein weiteres Problem ist das Vertrauen in Medien: Viele Befragte äußerten Schwierigkeiten, die Vertrauenswürdigkeit von Informationen über psychische Erkrankungen in Presse und Online-Medien einzuschätzen. Studienautor Kai Kolpatzik betonte die Dringlichkeit der Ergebnisse: „Der Handlungsdruck, neue Ansätze und Lösungen zu entwickeln, ist jetzt groß – dringlicher kann ein Ergebnis nicht ausfallen.“

Die geringe Gesundheitskompetenz im Bereich psychische Gesundheit spiegelt laut Kolpatzik ein grundlegendes Problem in Deutschland wider. Es fehlt an Aufklärung und niedrigschwelligen Angeboten, die den Zugang zu Hilfen erleichtern und die Bevölkerung stärker sensibilisieren. Angesichts steigender Fälle von Depressionen und Angststörungen sehen Experten die Notwendigkeit, die breite Bevölkerung besser aufzuklären.

OZD / AFP

OZD-Kommentar

Deutschland versagt bei psychischer Gesundheitskompetenz

Die Studie offenbart ein beunruhigendes Defizit in der Gesundheitsbildung Deutschlands. Dass 86 Prozent der Bevölkerung unsicher sind, wann und wie sie Hilfe bei psychischen Erkrankungen suchen können, zeigt: Die bestehenden Strukturen und Aufklärungskampagnen erreichen die Menschen nicht.

Dieses Problem ist nicht neu, doch es wird immer drängender. Psychische Erkrankungen nehmen zu, und die Nachfrage nach Therapieplätzen übersteigt das Angebot bei Weitem. Gleichzeitig fehlt vielen Menschen das Wissen, wann sie handeln sollten und wie sie seriöse Informationen erkennen können. Die Unsicherheit verstärkt das Stigma, das psychischen Erkrankungen nach wie vor anhaftet.

Die Politik und das Gesundheitssystem müssen jetzt handeln: Mit klaren, leicht zugänglichen Informationskampagnen, einer stärkeren Einbindung von Schulen und Arbeitgebern und der Förderung digitaler Gesundheitsangebote könnte man den Zugang zu Hilfen erleichtern. Ohne konsequente Maßnahmen droht das Gesundheitssystem an der wachsenden Zahl unbehandelter psychischer Erkrankungen zu zerbrechen.

Prognose: Angesichts der alarmierenden Studienergebnisse könnte die Politik das Thema stärker in den Fokus rücken. Gesundheitsministerien und Krankenkassen dürften neue Kampagnen initiieren, während digitale Lösungen wie Online-Therapien oder Apps für psychische Gesundheit an Bedeutung gewinnen.

Biographien und Erklärungen

Wer ist Kai Kolpatzik?
Dr. Kai Kolpatzik ist Studienautor und Experte für Gesundheitswissenschaften. Er setzt sich für die Verbesserung der Gesundheitskompetenz in Deutschland ein und forscht an der Schnittstelle von Prävention, Gesundheitspolitik und Kommunikation.

Was ist die Technische Universität München?
Die Technische Universität München (TUM) ist eine führende deutsche Universität und bekannt für ihre Forschung im Bereich Medizin, Technik und Wissenschaft. Sie betreibt zahlreiche interdisziplinäre Projekte zur Gesundheitsförderung. Website der TUM

Was ist die Apotheken Umschau?
Die „Apotheken Umschau“ ist ein bekanntes Gesundheitsmagazin, das Informationen zu verschiedenen medizinischen Themen bereitstellt. Es richtet sich an ein breites Publikum und ist in vielen Apotheken kostenlos erhältlich.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP