Im nordrhein-westfälischen Ahaus darf weiterhin Atommüll gelagert werden. Das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster am Dienstag und wies die Klagen der Gemeinde Ahaus sowie eines Anwohners ab. Die Kläger hatten argumentiert, dass die Aufbewahrungsgenehmigung des Bundesamts für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (Base) von 2016 rechtswidrig sei, da die Sicherheit des Lagers im Falle von Anschlägen nicht gewährleistet sei. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht.
Das Zwischenlager in Ahaus, das in den 1980er Jahren errichtet wurde, besitzt seit Jahrzehnten Genehmigungen zur Lagerung von radioaktiven Materialien. Die aktuelle Aufbewahrungsgenehmigung erlaubt die Lagerung von 152 Castorbehältern mit knapp 290.000 abgebrannten Brennelementen aus dem Versuchsreaktor Jülich. Bislang befinden sich diese Behälter nur geduldet in Jülich, der Transport nach Ahaus erfordert jedoch eine gesonderte Genehmigung, die noch aussteht.
Sicherheitsfragen vor Gericht geklärt
Die
Kläger warfen der Genehmigungsbehörde vor, Sicherheitsrisiken wie
Flugzeugabstürze oder Anschläge mit Drohnen und panzerbrechenden Waffen
unzureichend geprüft zu haben. Das Gericht entschied jedoch, dass die
Sicherheitsbewertungen des Base korrekt und ausreichend seien. Laut
Urteil überschreiten die möglichen Strahlungswerte bei einem Unfall die
gesetzlichen Grenzwerte nicht.
Base-Präsident Christian Kühn begrüßte die Entscheidung: „Die Bewertung der Sicherheit und Sicherung des Zwischenlagers entspricht den hohen Anforderungen des Atomgesetzes.“ Einzelne von den Klägern angeführte Szenarien wurden vom Gericht als praktisch ausgeschlossen bewertet.
Für die Gemeinde Ahaus und die Anwohner bleibt das Urteil dennoch ein Rückschlag. Ihre Sorge vor den Risiken einer Lagerung in ihrer Nähe bleibt bestehen. Das OVG ließ eine Revision gegen das Urteil nicht zu, es kann jedoch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Atommüll in Ahaus: Ein Urteil mit Nachhall
Das Urteil des OVG Münster stellt klar: Die Sicherheit des Zwischenlagers in Ahaus entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Doch der Konflikt um die Lagerung von Atommüll ist damit längst nicht beendet. Für die Anwohner und die Gemeinde ist die Entscheidung eine bittere Pille. Sie sehen sich allein gelassen mit den Risiken, die der Umgang mit hochradioaktivem Material mit sich bringt.
Die zentrale Frage bleibt: Warum lagert Atommüll überhaupt in einem Zwischenlager, wenn es keinen klaren Plan für eine Endlagerung gibt? Jahrzehntelanges Hin und Her haben das Vertrauen in die Behörden erodiert. Zudem zeigt der Fall, dass Sicherheitsbedenken der Bevölkerung oft als „praktisch ausgeschlossen“ abgetan werden – eine Argumentation, die bei hochsensiblen Themen wie der Atomkraft wenig Vertrauen schafft.
Der Konflikt um das Zwischenlager wird weitergehen. Sobald die Genehmigung für den Transport der Castorbehälter beantragt wird, ist mit neuen Protesten und rechtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen. Gleichzeitig wird der Druck auf die Bundesregierung steigen, endlich ein Endlager zu finden – ein Vorhaben, das seit Jahrzehnten stagniert.
Biographien und Erklärungen
Wer ist Christian Kühn?
Christian
Kühn ist Präsident des Bundesamts für die Sicherheit nuklearer
Entsorgung (Base). Das Base ist für die Genehmigung und Überwachung von
Zwischen- und Endlagern für radioaktive Abfälle in Deutschland
zuständig.
Was ist das Base?
Das
Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (Base) ist eine
Bundesbehörde, die sich mit der Sicherheit von Atommüll-Lagerstätten
befasst. Es ist für Genehmigungsverfahren, Sicherheitsprüfungen und die
Einhaltung des Atomgesetzes verantwortlich.
Was ist das OVG Münster?
Das
Oberverwaltungsgericht Münster ist das höchste Verwaltungsgericht in
Nordrhein-Westfalen. Es entscheidet unter anderem über Streitigkeiten
zwischen Bürgern und Behörden, wenn es um Genehmigungen und deren
rechtliche Grundlagen geht.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP