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Politisches Chaos in Südkorea: Ermittlungen gegen Präsident Yoon wegen Kriegsrecht-Auspruchs

Südkoreas Polizei hat Ermittlungen gegen Präsident Yoon Suk Yeol wegen mutmaßlichen „Aufruhrs“ eingeleitet. Dies folgt auf die kurzzeitige Verhängung von Kriegsrecht, das das Land in politische Unruhe stürzte. Die Opposition fordert nun die Amtsenthebung

In Südkorea ist die politische Lage nach der vorübergehenden Ausrufung des Kriegsrechts durch Präsident Yoon Suk Yeol weiterhin angespannt. Die Polizei hat Ermittlungen wegen mutmaßlichen "Aufruhrs" gegen den Präsidenten eingeleitet, wie der Chef der nationalen Ermittlungsabteilung, Woo Kong Suu, am Donnerstag bekannt gab. Dieser Schritt erfolgt nach einer offiziellen Anzeige der Opposition, die Yoon und andere Verantwortliche aufgrund des Erlass des Kriegsrechts angezeigt hatte.

Yoon hatte am Dienstag, ausgelöst durch einen Haushaltsstreit zwischen seiner Partei, der PP, und der größten Oppositionspartei DP, das Kriegsrecht verhängt. Als Begründung nannte er den Schutz eines "liberalen Südkoreas vor den Bedrohungen durch Nordkoreas kommunistische Truppen". Das Kriegsrecht wurde jedoch bereits wenige Stunden später wieder aufgehoben, was jedoch zu politischem Chaos führte und international Besorgnis erregte.

Die Opposition reagierte umgehend, indem sie im Parlament einen Antrag auf Amtsenthebung gegen Yoon einreichte. "Dies ist ein unverzeihliches Verbrechen – eines, das nicht begnadigt werden kann", sagte der Abgeordnete Kim Seung-won. Die Abstimmung über den Antrag ist für Samstag geplant. Die Opposition hat zwar eine Mehrheit im Parlament, benötigt jedoch acht Stimmen von der PP, um eine Zweidrittelmehrheit für das Amtsenthebungsverfahren zu erreichen. PP-Fraktionschef Choo Kyung Ho kündigte an, dass alle 108 Abgeordneten seiner Partei geschlossen gegen das Amtsenthebungsverfahren stimmen würden.

Sollte das Parlament dem Antrag zustimmen, würde Yoon bis zu einem Urteil des Verfassungsgerichts suspendiert. Ein positives Urteil des Gerichts würde zur Enthebung von Yoon aus dem Amt führen, was Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen erforderlich machen würde.

Während der politischen Turbulenzen erklärte PP-Chef Han Dong Hoon, er habe Yoon gebeten, die Partei zu verlassen. Es sei jedoch nicht das Ziel seiner Partei, das "verfassungswidrige Kriegsrecht des Präsidenten zu verteidigen".

Nach der Ausrufung des Kriegsrechts war das Parlament abgeriegelt worden, mehr als 280 Soldaten drangen in das Gebäude ein, und Hubschrauber landeten auf dem Dach. Dennoch gelang es 190 Abgeordneten, das Parlamentsgebäude zu betreten, nachdem sie Zäune überklettert und mit Sicherheitskräften gerangelt hatten. Diese stimmten einstimmig für die Aufhebung des Kriegsrechts.

Inmitten dieser politischen Turbulenzen gab es landesweit Proteste, bei denen Tausende Demonstranten in Seoul auf die Straße gingen. Sie marschierten vom Gwanghwamun-Platz zum Büro des Präsidenten. Die Proteste endeten am Abend, aber die öffentliche Unruhe bleibt bestehen.

Eine aktuelle Umfrage der Agentur Realmeter ergab, dass sich 73,6 Prozent der Befragten für die Amtsenthebung von Präsident Yoon aussprechen. Weitere Proteste sind im Tagesverlauf zu erwarten.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar: 

Südkoreas politische Krise – Ein unverantwortlicher Schritt oder notwendige Maßnahme?

Die Ereignisse in Südkorea haben eine politische Krise ausgelöst, die das Vertrauen in die Führung von Präsident Yoon Suk Yeol massiv erschüttert hat. Die Ausrufung des Kriegsrechts, auch wenn sie schnell wieder aufgehoben wurde, erscheint als eine unüberlegte Reaktion auf einen internen politischen Konflikt, der das Land in Unruhe stürzte. Das Einleiten von Ermittlungen wegen "Aufruhrs" und der Antrag auf Amtsenthebung werfen einen Schatten auf die Stabilität der südkoreanischen Demokratie.

Die Opposition hat in ihrer Reaktion nicht nur die rechtliche, sondern auch die moralische Verantwortung von Yoon infrage gestellt. Der Vorwurf, dass das Kriegsrecht zu einem unverhältnismäßigen politischen Machtspiel wurde, ist schwer zu entkräften. Dennoch bleibt die Frage, ob dieser Schritt von Yoon als Teil eines größeren Plans oder als ein unbedachter Akt der Verzweiflung in einer politisch angespannten Situation verstanden werden sollte.

Für die kommenden Wochen und Monate zeichnet sich eine politische Auseinandersetzung ab, die weitreichende Konsequenzen für Südkoreas politische Landschaft haben könnte. Wenn die Amtsenthebung voranschreitet, werden Neuwahlen und möglicherweise eine Neuordnung der politischen Verhältnisse notwendig sein. Dies könnte nicht nur die Machtbalance im Land verschieben, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen und die Demokratie auf die Probe stellen.

Biographien und Erklärungen

Wer ist Yoon Suk Yeol?
Yoon Suk Yeol ist seit Mai 2022 Präsident von Südkorea. Er war zuvor als Generalstaatsanwalt tätig und erlangte nationale Bekanntheit durch seine Rolle in der Korruptionsbekämpfung. Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen Website des Präsidenten: www.president.go.kr.

Was ist das Kriegsrecht?
Das Kriegsrecht ist eine Maßnahme, die es dem Militär erlaubt, die Kontrolle über das Land zu übernehmen, um die öffentliche Ordnung während eines bewaffneten Konflikts oder im Falle einer Bedrohung der nationalen Sicherheit zu sichern. In Südkorea wurde es während der Geschichte nur in Ausnahmefällen verhängt. Weitere Informationen finden Sie auf der Wikipedia-Seite: Kriegsrecht in Südkorea.


Alle Angaben ohne Gewähr.

Foto: AFP