Trotz harter Drohungen von Regierungschef Irakli Kobachidse gehen in Georgien weiterhin Tausende Menschen auf die Straßen, um gegen die Regierung und ihre Russland-freundliche Politik zu protestieren. In Tiflis, der Hauptstadt des Kaukasusstaates, versammelten sich Demonstranten am Donnerstag zum achten Abend in Folge vor dem Parlament. Viele von ihnen trugen Schilder mit der Aufschrift „Eure Unterdrückung wird euer Ende sein“, eine klare Reaktion auf die wiederholten Drohungen der Regierung.
Kobachidse hatte zuvor erklärt, dass die Regierung alles tun werde, um einen sogenannten „liberalen Faschismus“ zu bekämpfen, ein Begriff, der oft von Russland verwendet wird. In seiner Erklärung vor Reportern sagte er: „Wir werden alles Notwendige tun, um den liberalen Faschismus in Georgien vollständig auszulöschen.“ Der Ministerpräsident ging sogar so weit, Eltern zu ermahnen, ihre Kinder vor diesen „faschistischen“ Einflüssen zu schützen und den Protestierenden vorzuwerfen, sie strebten eine Revolution an und würden aus dem Ausland finanziert.
Die Proteste, die seit einer Woche andauern, richten sich in erster Linie gegen den angekündigten Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen Georgiens bis mindestens 2028. Ein weiterer Grund für den Widerstand der pro-europäischen Opposition sind die Vorwürfe der Wahlmanipulation bei der Parlamentswahl im Oktober, bei der die pro-russische Partei „Georgischer Traum“ mit einer klaren Mehrheit abschnitt. Die Opposition beschuldigt die Regierungspartei, den Wahlprozess manipuliert zu haben.
Die Regierung unter Kobachidse reagiert mit einer zunehmend aggressiven Haltung gegenüber der Opposition. Besonders die pro-europäischen Kräfte in Georgien werfen der Regierung vor, mit ihrer Politik das Land weiter in den Einflussbereich Russlands zu drängen und die Perspektiven einer EU-Mitgliedschaft zu blockieren. Trotz der repressiven Maßnahmen und der wiederholten Drohungen setzen die Proteste jedoch ihren Lauf fort und finden auch international zunehmende Aufmerksamkeit.
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OZD-Kommentar:
Georgien auf dem Weg zum Aufruhr: Wird der Widerstand gegen die Regierung siegen?
Die anhaltenden Proteste in Georgien sind nicht nur ein klares Zeichen der Ablehnung gegenüber der russlandfreundlichen Politik der Regierung, sondern auch ein Appell an Europa, Georgien nicht im Stich zu lassen. Die Drohungen von Ministerpräsident Irakli Kobachidse, der einen „liberalen Faschismus“ auslöschen will, werfen einen dunklen Schatten auf die politische Zukunft des Landes. Die pro-europäischen Demonstrationen zeigen, wie tief die Kluft zwischen der Regierung und der Bevölkerung geworden ist. Der Widerstand könnte sich noch verstärken, da immer mehr Menschen die Demokratie und ihre westliche Ausrichtung verteidigen wollen. Doch die Frage bleibt, wie lange der Druck auf die Regierung aufrechterhalten werden kann, bevor es zu einem entscheidenden politischen Umbruch kommt.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Irakli Kobachidse?
Irakli Kobachidse ist der Ministerpräsident von Georgien und Vorsitzender der Partei „Georgischer Traum“. Seit 2016 führt er die Regierung in Georgien und verfolgt eine pro-russische Außenpolitik, was zu zunehmenden Spannungen mit der pro-europäischen Opposition geführt hat. Weitere Informationen finden Sie auf der Website von Georgischer Traum.
Was ist die Partei „Georgischer Traum“?
„Georgischer Traum“ ist eine politische Partei in Georgien, die 2012 gegründet wurde und eine pro-russische Linie verfolgt. Sie hat bei den Parlamentswahlen 2020 die Mehrheit gewonnen, jedoch wurde ihr bei den Wahlen Wahlbetrug vorgeworfen. Weitere Informationen finden Sie auf der Wikipedia-Seite.
Was ist „liberaler Faschismus“?
„Liberalismus“ und „Faschismus“ sind politisch ideologische Begriffe, die hier in einer ungewöhnlichen und provokativen Kombination verwendet werden. Der Begriff wird von der Regierung in Georgien verwendet, um die pro-europäischen und liberalen Kräfte zu diffamieren, die eine stärkere Anbindung an die EU fordern. Dieser Begriff ist häufig auch ein rhetorisches Mittel in russischer Politik.
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