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AfD, Homosexualität und der Kampf um Anerkennung: Weidel im Kreuzfeuer

Sven Lehmann, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, übt scharfe Kritik an Alice Weidel und ihrer Partei, der AfD. Im Fokus steht Weidels Umgang mit ihrer Homosexualität und die antigayen Positionen der AfD.

Die Nominierung von Alice Weidel zur AfD-Kanzlerkandidatin löst neue Debatten über die Haltung der Partei zur Homosexualität aus. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), äußerte sich äußerst kritisch zur AfD und ihrer Vorsitzenden. „Wieviel Selbstverleugnung muss Alice Weidel wohl jeden Tag aufbringen, um Vorsitzende dieser AfD zu sein?“, sagte Lehmann der Nachrichtenagentur AFP.

Lehmann, der für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der deutschen Gesellschaft verantwortlich ist, wirft der AfD vor, systematisch gegen die Rechte sexueller Minderheiten zu kämpfen. „Die Politik der AfD richtet sich klar gegen die Rechte von Lesben, Schwulen und Transgender-Personen“, betont er. Als Beleg führt er einen der ersten Gesetzentwürfe der AfD-Fraktion im Bundestag an, der auf die Abschaffung der „Ehe für alle“ abzielte.

„Das zeigt, was Lesben und Schwule von dieser Partei zu erwarten haben“, kritisiert Lehmann weiter. Besonders heftig verurteilt er die Ablehnung von Regenbogenfamilien und den Hass, der gegen transgeschlechtliche Menschen geäußert wird. „Häme und Hass gegen diese Gruppen stehen für ein spalterisches Bild von Gesellschaft“, so der Grünen-Politiker.

Weidel selbst ist eine der wenigen hochrangigen Politikerinnen der AfD, die offen über ihre lesbische Identität spricht. Sie ist mit einer Frau verheiratet und zieht mit ihr zwei adoptierte Kinder groß. In einem Interview im vergangenen Jahr stellte sie klar: „Ich bin nicht queer, sondern ich bin mit einer Frau verheiratet, die ich seit 20 Jahren kenne.“ Auch bei weiteren Fragen zu ihrer sexuellen Orientierung und der Haltung der AfD dazu zeigte sich Weidel eher zurückhaltend. Sie gab an, dass in ihrer Partei keine breite Diskussion über ihr Privatleben geführt werde.

Im Parteiprogramm der AfD wird jedoch eine klare Linie zur Familie vertreten, die traditionelle Vorstellungen widerspiegelt: „In der Familie sorgen Mutter und Vater in dauerhafter gemeinsamer Verantwortung für ihre Kinder.“ Diese konservative Haltung hat bei vielen Anhängern und Kritikern der AfD zu Spannungen geführt, insbesondere im Hinblick auf die Akzeptanz alternativer Lebensmodelle.

Lehmann warnt vor den Auswirkungen dieser Politik. Er sieht die zunehmende Aggressivität rechtsextremer Gruppen als eine Bedrohung für die Gesellschaft und vor allem für die LGBTIQ+-Community. Der Verfassungsschutz habe in den letzten Jahren die immer offensichtlicher werdende Stimmung gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Familienmodelle dokumentiert. „Das erfüllt mich mit großer Sorge“, so der Queer-Beauftragte.

Die Diskussion über die Rechte von sexuellen Minderheiten ist in der deutschen Politik weiterhin hochaktuell. Lehmann ist der erste Beauftragte für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, ein Amt, das erst im Januar 2022 geschaffen wurde. In der AfD jedoch gibt es Forderungen, dieses Amt wieder abzuschaffen.

OZD / ©AFP


OZD-Kommentar: 

Weidel, die AfD und das Spiel mit der Toleranz

Die AfD steht erneut im Zentrum einer hitzigen politischen Debatte, die weit über die Parteigrenzen hinausgeht. Alice Weidels Rolle als Kanzlerkandidatin zeigt, wie tief die Diskrepanz zwischen persönlichen Identitäten und politischen Agenden innerhalb der Partei verankert ist. Der Queer-Beauftragte Sven Lehmann hat diese Widersprüche schonungslos offenlegt. Doch die Frage bleibt: Wird sich die AfD tatsächlich von ihrer homophoben Linie verabschieden, wenn eine homosexuelle Politikerin die Führung übernimmt?

Es ist bemerkenswert, dass Weidel ihre private Identität als Schwule nicht in den Vordergrund stellt, obwohl die politische Linie ihrer Partei offen gegen die LGBTIQ+-Community richtet. Dies könnte als Teil ihrer Strategie gesehen werden, sich als gemäßigte Alternative im rechtspopulistischen Spektrum zu positionieren. Doch der offene Widerspruch zu den AfD-Werten könnte langfristig die Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz in ihrer eigenen Partei gefährden.

Während die LGBTIQ+-Gemeinschaft und ihre Verbündeten die Entwicklung mit Sorge beobachten, dürfte es in den kommenden Wochen spannend werden, ob Weidel und die AfD sich weiterhin mit einer unvereinbaren Haltung zur sexuellen Vielfalt konfrontiert sehen oder ob ein politischer Wandel in der Partei möglich ist.

Biographien und Erklärungen:
Wer ist Sven Lehmann?
Sven Lehmann ist ein deutscher Politiker der Grünen und seit 2022 der erste Queer-Beauftragte der Bundesregierung. Er setzt sich für die Rechte und die Anerkennung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Deutschland ein. Lehmann ist Mitglied des Bundestages und engagiert sich in mehreren gesellschaftspolitischen Bereichen.

Was ist der Queer-Beauftragte der Bundesregierung?
Das Amt des Queer-Beauftragten wurde 2022 geschaffen, um die Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten zu stärken. Der Beauftragte hat die Aufgabe, die Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern und die politische Arbeit im Bereich der LGBTIQ+-Rechte zu koordinieren.

Was ist die AfD?
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine rechtspopulistische politische Partei in Deutschland, die 2013 gegründet wurde. Sie tritt für konservative Werte, einen restriktiveren Umgang mit Migration und eine Ablehnung der „Ehe für alle“ ein.

Foto: AFP

Alle Angaben ohne Gewähr.