Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt, nachdem er angekündigt hatte, der Bewerbung Saudi-Arabiens für die Fußball-Weltmeisterschaft 2034 zuzustimmen. Fans und Organisationen wie das Bündnis "Unsere Kurve" sprechen von einer "beschämenden" Entscheidung. Die FIFA werde unter Präsident Gianni Infantino "mehr und mehr zu einer autokratischen One-Man-Show, und der DFB duckt sich weg und klatscht artig Beifall", sagte ein Sprecher von "Unsere Kurve".
Der Weltverband FIFA will am Mittwoch beim virtuellen Kongress sowohl die WM 2030 als auch die WM 2034 im Paket vergeben – ohne Konkurrenzbewerber. Saudi-Arabien, häufig wegen seiner Menschenrechtslage kritisiert, ist der einzige Bewerber für 2034. DFB-Präsident Bernd Neuendorf verteidigte die Entscheidung des Präsidiums: Eine Ablehnung wäre "reine Symbolpolitik" gewesen. Zudem sehe er eine Möglichkeit, "mit der FIFA darauf hinzuwirken, dass sich die Situation in Saudi-Arabien, was Menschenrechte und Nachhaltigkeit betrifft, verbessert".
"Beschämendes Schweigen" des DFB
Fans
sehen das anders. Das Bündnis "Unsere Kurve" kritisiert, dass Neuendorf
selbst als FIFA-Council-Mitglied aktiv an den Entscheidungen beteiligt
war, die eine Doppelvergabe möglich machten. "Der DFB hat mit dieser
Entscheidung den Einfluss auf kritische Themen praktisch abgegeben",
sagte Sprecher Dario Minden. Der Council hatte sich im Oktober
einstimmig für das jetzige Verfahren ausgesprochen.
Die Zustimmung zu Saudi-Arabien wird nicht nur wegen der Menschenrechtslage kritisch gesehen. Auch die Bedingungen der Arbeiter stehen im Fokus. Thomas Kessen von "Unsere Kurve" erinnerte an die Missstände während der WM 2022 in Katar: "Die künftigen Toten der WM 2034 leben heute noch. Wegzuschauen und dann beschämt mitzuspielen, darf nicht der Weg des DFB sein."
Neuendorf verteidigt FIFA-Zugehörigkeit
Bernd
Neuendorf wies die Vorwürfe zurück: "Wieso sollte ich aufbegehren und
eine Opposition spielen, die zum Scheitern verurteilt wäre?" Eine
Isolation des DFB innerhalb der FIFA würde den Einfluss auf Reformen
minimieren, argumentierte der Präsident. Dennoch bleibt die Frage offen,
wie der Verband seiner Verantwortung in der Kritik an Saudi-Arabien
nachkommen will.
Die Kritik am DFB zeigt, wie tief das Misstrauen
gegenüber der FIFA und ihrem Umgang mit demokratischen
Entscheidungsprozessen sitzt. Die Doppelvergabe der Weltmeisterschaften
wird von vielen als Rückschritt empfunden – weg von den Reformen, die
nach den Korruptionsskandalen 2015 eingeführt wurden. OZD
DFB auf Abwegen: Die schwierige Gratwanderung zwischen FIFA und Verantwortung
Die Entscheidung des DFB, Saudi-Arabiens Bewerbung zuzustimmen, offenbart ein Dilemma, das nicht nur den deutschen Fußball, sondern den globalen Sport betrifft. Auf der einen Seite steht der Wunsch, Einfluss innerhalb der FIFA zu bewahren, auf der anderen Seite die moralische Verpflichtung, Menschenrechte einzufordern.
Dass der DFB-Präsident diese Entscheidung mit Realpolitik rechtfertigt, zeigt, wie stark die FIFA die Zügel in der Hand hält. Doch Symbolpolitik und tatsächliches Engagement sind zwei unterschiedliche Dinge. Die Erfahrungen mit der WM in Katar haben bewiesen, dass Lippenbekenntnisse nicht ausreichen, um Missstände zu beheben.
Prognose:
Wenn der DFB
weiterhin auf Kritik verzichtet, könnte das Vertrauen der Fans und
Öffentlichkeit weiter erodieren. Eine klare Strategie zur Einflussnahme
auf die FIFA und Saudi-Arabien ist dringend notwendig, sonst wird der
Verband bei der WM 2034 erneut zwischen den Fronten stehen – und Gefahr
laufen, noch weiter an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Wer ist Bernd Neuendorf?
Bernd
Neuendorf ist seit 2022 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
Als Mitglied des FIFA-Councils hat er direkten Einfluss auf
internationale Entscheidungen, steht aber auch in der Kritik, sich nicht
ausreichend für Reformen einzusetzen. Mehr Infos: DFB-Website
Was ist die FIFA?
Die
Fédération Internationale de Football Association (FIFA) ist der
Weltfußballverband mit Sitz in Zürich. Sie organisiert die
Fußball-Weltmeisterschaften und wird häufig wegen mangelnder Transparenz
und Korruptionsvorwürfen kritisiert. Mehr Infos: FIFA-Website
Was ist "Unsere Kurve"?
"Unsere
Kurve" ist ein Zusammenschluss von Fanorganisationen in Deutschland.
Das Bündnis setzt sich für die Interessen der Fans ein und fordert unter
anderem mehr Mitbestimmung und Transparenz im Fußball. Mehr Infos: Unsere Kurve
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP