Nach dem überraschenden Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gingen tausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße, um den Fall des langjährigen Diktators zu feiern. Besonders in Berlin versammelten sich nach Polizeiangaben am Sonntag rund 5000 Menschen, um den politischen Wandel in ihrer Heimat zu würdigen. Die Feierlichkeiten begannen am Morgen in Neukölln, wo zunächst mehrere Dutzend Menschen zu einem spontanen Marsch aufbrachen. Sie trugen grün-weiß-schwarz-rote Flaggen, die die syrische Opposition repräsentieren, und ließen ihren Jubel in Form von Autohupen und Sprechchören freien Lauf. Im benachbarten Kreuzberg wuchs die Zahl der Teilnehmer schnell auf tausende. „Endlich ist diese Regierung gestürzt“, rief der 27-jährige Ahmad al-Hallabi laut AFP-Reportern. Auch der 39-jährige Ahmed, der 2015 aus Aleppo floh, ließ sich von der Begeisterung der Menge mitreißen: „Wir sind froh, die Diktatur ist vorbei, Assad ist weg!“
Auch in anderen Städten Nordrhein-Westfalens wurden ähnliche Szenen gefeiert. In Essen versammelten sich nach Polizeiangaben rund 11.000 Menschen zu einer Demonstration, um den Umsturz in Syrien zu feiern. In Hamm, das etwa 100 Kilometer nordwestlich von Essen liegt, kamen rund 600 Menschen zusammen, viele von ihnen schwenkten syrische Fahnen. In Koblenz, Rheinland-Pfalz, fuhren mehr als 300 Autos in einem Autokorso durch die Innenstadt. Auch in Bayern, etwa in Aschaffenburg und Schweinfurt, waren die Straßen mit feiernden Menschen gefüllt.
Die Feierlichkeiten in Deutschland sind Ausdruck der Freude und Erleichterung, die viele syrische Exilanten nach dem dramatischen Ende des Assad-Regimes empfinden. Der Fall von Damaskus und die Flucht von Baschar al-Assad wurden von Kämpfern unter der Führung der islamistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und anderen Milizen verkündet. Bereits zuvor hatten die Regierungsgegner innerhalb weniger Tage mehrere Großstädte unter ihre Kontrolle gebracht. Der Sieg der oppositionellen Kräfte markiert einen entscheidenden Wendepunkt im seit 2011 andauernden syrischen Bürgerkrieg.
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OZD-Kommentar:
Syrien nach Assads Sturz: Ein neues Kapitel – oder ein noch langer Weg?
Die Jubelfeiern in Deutschland spiegeln eine große Hoffnung wider – die Hoffnung auf ein Syrien ohne Baschar al-Assad. Der Sturz des Diktators, auf den viele in der syrischen Exilgemeinde jahrelang gewartet haben, wird als symbolischer Sieg für die Freiheit und gegen die jahrzehntelange Unterdrückung durch das Assad-Regime gefeiert. Doch dieser Umbruch könnte erst der Anfang eines neuen und möglicherweise turbulenten Kapitels für Syrien sein. Die politische und gesellschaftliche Stabilität des Landes steht auf der Kippe, und es bleibt abzuwarten, wie sich die regionalen und internationalen Kräfte in Syrien positionieren werden. Werden sich die verschiedenen militanten Gruppen, allen voran HTS, zu einer stabilen Regierung formieren können? Oder wird das Land in Chaos und neue Konflikte stürzen? Der Weg zu einem friedlichen und gerechten Syrien könnte sich als lang und voller Herausforderungen erweisen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Baschar al-Assad?
Baschar al-Assad, geboren am 11. September 1965, ist seit 2000 Präsident von Syrien. Er übernahm das Amt nach dem Tod seines Vaters, Hafez al-Assad, der das Land über 30 Jahre lang regierte. Al-Assad ist Mitglied der Baath-Partei und führte das Land während des syrischen Bürgerkriegs, der 2011 begann, mit harter Hand. Mit der Unterstützung von Russland und dem Iran konnte er weite Teile Syriens zurückerobern, doch seine Herrschaft war von Menschenrechtsverletzungen und internationalen Sanktionen geprägt.
Was ist Hajat Tahrir al-Scham (HTS)?
Hajat Tahrir al-Scham (HTS) ist eine islamistische Gruppe, die 2017 aus mehreren militanten Organisationen hervorging, die in der nordwestlichen Region Syriens aktiv sind. Sie ist bekannt als eine der stärksten Kräfte im syrischen Bürgerkrieg und wurde ursprünglich als Ableger von Al-Qaida gegründet. Mittlerweile hat sich HTS von Al-Qaida distanziert, bleibt aber ein wichtiger Akteur im syrischen Konflikt.
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