Der Sturz von Baschar al-Assad durch islamistische Kräfte in Syrien hat nicht nur das Machtgefüge im Land erschüttert, sondern auch internationale Reaktionen hervorgerufen. US-Präsident Joe Biden äußerte sich in Washington und forderte, dass der syrische Diktator für seine Verbrechen an „hunderttausenden unschuldigen Syrern“ zur Rechenschaft gezogen wird. „Er muss sich für all die Menschen verantwortlich machen, die misshandelt, gefoltert und getötet wurden“, sagte Biden am Sonntag. Laut russischen Nachrichtenagenturen hat Assad, nach seinem Sturz, Asyl in Moskau erhalten.
Biden erklärte, dass der Sturz des Assad-Regimes ein „fundamentaler Akt der Gerechtigkeit“ sei und dass das syrische Volk nun die „historische Gelegenheit“ habe, eine bessere Zukunft zu gestalten. Dabei betonte er, dass die USA „mit allen syrischen Gruppen“ in Kontakt treten würden, um unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen einen Übergang hin zu einem unabhängigen und souveränen Syrien zu ermöglichen.
Trotz der positiven Bewertungen des Umsturzes warnte Biden, dass einige der Gruppen, die zum Sturz Assads beigetragen hätten, eine dunkle Geschichte von Terror und Menschenrechtsverletzungen aufwiesen. „Diese Anführer müssen nun zeigen, dass sie zu mehr Verantwortung bereit sind“, sagte der scheidende Präsident.
Die islamistische Gruppierung Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und ihre Verbündeten hatten am 27. November eine Offensive gestartet und die Hauptstadt Damaskus erobert. Die wichtigsten Verbündeten Assads, Russland, der Iran und die libanesische Hisbollah, griffen nicht ein, um den Vormarsch zu stoppen.
In Syrien sind derzeit rund 900 US-Soldaten stationiert, um im Rahmen der internationalen Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) zu kämpfen. Biden betonte, dass die USA keine Rückkehr des IS zulassen würden, nachdem dieser von der Instabilität im Land profitieren könnte. Am Sonntag führte das US-Militär Angriffe auf IS-Stellungen durch.
Zusätzlich bestätigte Biden, dass die US-Behörden glauben, dass der 2012 entführte US-Journalist Austin Tice noch am Leben sei, jedoch sei unklar, wo er sich aktuell aufhalte.
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OZD-Kommentar:
Assads Sturz: Ein neuer Anfang oder nur der Beginn eines neuen Konflikts?
Der Sturz von Baschar al-Assad könnte das Ende einer der brutalsten Diktaturen des Nahen Ostens markieren. Doch der Weg für Syrien in eine friedliche Zukunft bleibt alles andere als klar. Die USA betonen die Notwendigkeit, Assad für seine Vergehen zur Verantwortung zu ziehen, während gleichzeitig radikale islamistische Gruppen wie HTS eine Schlüsselrolle bei seinem Sturz gespielt haben – Gruppen, die ebenfalls für ihre eigenen Menschenrechtsverletzungen bekannt sind. Die internationale Gemeinschaft steht nun vor der Herausforderung, Syrien nicht nur von einem Diktator zu befreien, sondern auch vor den Gefahren eines möglichen Machtvakuums und der Gefahr weiterer radikalisierter Akteure.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Baschar al-Assad?
Baschar al-Assad war der Präsident Syriens von 2000 bis zu seinem Sturz im Jahr 2024. Er übernahm die Macht nach dem Tod seines Vaters Hafis al-Assad, der das Land mit eiserner Hand regiert hatte. Unter seiner Herrschaft wurde der syrische Bürgerkrieg von 2011 bis zum Sturz 2024 entfesselt, als Assad Proteste brutal niederschlug. Viele betrachten ihn als Diktator, der für unzählige Menschenrechtsverletzungen verantwortlich ist.
Was ist Hayat Tahrir al-Sham (HTS)?
Hayat Tahrir al-Sham (HTS) ist eine islamistische Miliz, die aus der Al-Nusra-Front hervorging, dem syrischen Ableger von Al-Qaida. HTS hat seit 2016 keine Verbindungen mehr zu Al-Qaida, bleibt aber eine der einflussreichsten islamistischen Gruppen in Syrien. Sie hat in den letzten Jahren eine bedeutende Rolle im Widerstand gegen das Assad-Regime gespielt und ist für ihre militärische und ideologische Ausrichtung bekannt.
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