Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen

Syrien-Krise: Europäische Länder setzen Asylverfahren aus – Österreich plant Rückführung

Nach dem Sturz von Baschar al-Assad haben mehrere europäische Länder, darunter Schweden, Norwegen, Dänemark und Großbritannien, Asylentscheidungen für syrische Flüchtlinge vorerst ausgesetzt.

Nach dem überraschenden Sturz von Baschar al-Assad in Syrien haben mehrere europäische Länder ihre Asylpolitik neu bewertet und Asylverfahren für syrische Flüchtlinge vorübergehend ausgesetzt. Auch Österreich kündigte bereits an, ein Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien zu entwickeln. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte der „Bild“-Zeitung, dass ein „geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm“ erarbeitet werde, um syrische Flüchtlinge zurück in ihre Heimat zu schicken. Zudem würden bereits gewährte Bleiberechte und laufende Asylverfahren überprüft. Aktuell leben rund 100.000 Syrer in Österreich, was das Land zu einer der größten syrischen Exilgemeinden in Europa macht.

In anderen europäischen Ländern wie Schweden, Norwegen, Dänemark und Großbritannien wurden ähnliche Maßnahmen ergriffen. Schweden, das in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland die zweitgrößte Zahl syrischer Flüchtlinge in der EU aufgenommen hat, setzte die Bearbeitung von Asylanträgen aus. „Die Lage in Syrien ist fragil, und die jüngsten Ereignisse werfen rechtliche Fragen auf, die eine eingehende Analyse erfordern“, sagte Carl Bexelius, der Leiter der Rechtsabteilung der schwedischen Migrationsbehörde. Auch Abschiebungen nach Syrien werden bis auf Weiteres ausgesetzt.

In Dänemark, das für seine strikte Asylpolitik bekannt ist, wurden 69 laufende Asylverfahren ausgesetzt. Dies ist eine Reaktion auf die Unsicherheit nach dem Sturz Assads und betrifft derzeit hauptsächlich Syrer, die in Dänemark Asyl beantragt haben. Die dänischen Behörden hatten bereits 2020 begonnen, die Fälle von syrischen Flüchtlingen aus Damaskus erneut zu prüfen und beschlossen, Abschiebungen nicht durchzuführen, obwohl sie die Aufenthaltserlaubnis vieler syrischer Flüchtlinge infrage stellten.

Auch Norwegen erklärte, dass es Asylanträge aus Syrien vorerst zurückstellen werde. Die norwegische Asylbehörde nannte die „großen Veränderungen“ in Syrien als Grund für die Aussetzung, bis sich die politische Situation im Land stabilisiert hat. In Norwegen sind seit Jahresbeginn bereits 1933 Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen eingegangen.

Frankreich, ein weiteres wichtiges Zielland für syrische Flüchtlinge, insbesondere als Durchreiseland für die Überfahrt nach Großbritannien, gab ebenfalls bekannt, dass es an der Aussetzung laufender Asylverfahren arbeite. Mehr als 4000 Asylanträge von Syrern wurden im Jahr 2024 in Frankreich registriert. Auch das britische Innenministerium teilte mit, dass die Asylentscheidungen für syrische Antragsteller ausgesetzt wurden, während die Lage in Syrien weiter bewertet wird.

Griechenland, das für viele Syrer ein erstes Ziel innerhalb der EU darstellt, äußerte die Hoffnung, dass der Sturz von Assad zu einem „friedlichen Machtwechsel“ und damit zum „Ende des Flüchtlingsstroms aus Syrien“ führen könnte. Regierungssprecher Pavlos Marinakis betonte, dass der Übergang zu einer „legitimen demokratischen Regierung“ in Syrien auch den Rückkehrwillen der syrischen Flüchtlinge fördern könnte.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zeigte sich besorgt über die Situation der syrischen Flüchtlinge. UNHCR-Chef Filippo Grandi forderte Geduld und Wachsamkeit. „Es ist entscheidend, dass Flüchtlinge in der Lage sind, informierte Entscheidungen zu treffen, die ihre Rückkehr betreffen“, erklärte er. Das UNHCR hofft auf eine „freiwillige, sichere und dauerhafte Rückkehr“ der syrischen Flüchtlinge, sobald sich die Situation im Land stabilisiert hat.

OZD/AFP

OZD-Kommentar:

Asylpolitik in Zeiten der Unsicherheit – Ein Balanceakt für Europa

Die Aussetzung von Asylverfahren für syrische Flüchtlinge in mehreren europäischen Ländern ist eine schwierige, aber verständliche Reaktion auf den plötzlichen Machtwechsel in Syrien. Die politische Unsicherheit im Land erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen humanitären Verpflichtungen und der Notwendigkeit, die langfristige Sicherheit der Flüchtlinge zu gewährleisten. Der Fall Syriens ist komplex, und während sich die Lage vor Ort möglicherweise stabilisiert, bleibt die Frage, wie sicher eine Rückkehr für die Millionen von Flüchtlingen tatsächlich ist.

Die Entscheidung, Rückführungsprogramme zu entwickeln, ist in Österreich möglicherweise ein Versuch, den Druck auf die heimische Asylpolitik zu mindern. Doch solche Maßnahmen werfen die Frage auf, ob eine Rückkehr wirklich sicher und freiwillig sein kann. Syrische Flüchtlinge, die vor dem Regime Assads geflüchtet sind, könnten in einem Land, das sich noch im Umbruch befindet, weiterhin gefährdet sein.

Europa steht nun vor der Herausforderung, einen Weg zu finden, der sowohl den rechtlichen Rahmen als auch die humanitären Prinzipien wahrt, während die politische Lage in Syrien weiterhin instabil bleibt. Entscheidend wird sein, dass die Länder der EU nicht nur auf die politische Situation reagieren, sondern auch langfristig Lösungen finden, die den Flüchtlingen eine sichere und dauerhafte Rückkehr ermöglichen, ohne sie in unsichere Situationen zu zwingen.

Erklärungen:

UNHCR – Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen
Das UNHCR ist die wichtigste internationale Organisation zum Schutz von Flüchtlingen und zur Unterstützung ihrer Rückkehr in ihre Heimat. Weitere Informationen finden Sie auf der UNHCR-Website.

Was ist der Asylprozess in Schweden?
Schweden hat in den vergangenen Jahren eine hohe Zahl von Asylanträgen bearbeitet. Das Land wird für seine großzügige Asylpolitik und die umfassende Unterstützung von Flüchtlingen bekannt. Weitere Informationen finden Sie auf der Schwedischen Migrationsbehörde-Website.

Foto: AFP

Alle Angaben ohne Gewähr.