Die Inflation in Deutschland hat sich im November weiter verstärkt. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bekannt gab. Besonders Dienstleistungen trugen mit einem Anstieg von 4,0 Prozent maßgeblich zur Teuerung bei. Bereits im Oktober hatten diese Preisanstiege die Inflation nach oben getrieben.
Auffällig waren die Preissteigerungen in einzelnen Bereichen: Verkehrshaftpflichtversicherungen verteuerten sich um drastische 34,5 Prozent, während Flugtickets ein Plus von 10,4 Prozent aufwiesen. Auch soziale Dienstleistungen (8,0 Prozent) und Gaststättenbesuche (6,7 Prozent) belasteten das Budget der Verbraucher.
Lebensmittelpreise stabiler – Energie entlastet leicht
Die
gute Nachricht: Die Lebensmittelpreise wuchsen mit 1,8 Prozent
langsamer als der Durchschnitt, was seit Monaten erstmals eine
Entspannung in diesem Bereich bedeutet. Dennoch blieben einige Produkte
wie Butter (38,9 Prozent) und Olivenöl (13,3 Prozent) deutlich teurer
als im Vorjahr.
Die Energiepreise, die in den vergangenen Monaten stark gedämpft hatten, wirkten erneut preissenkend – allerdings weniger stark als zuvor. Energieprodukte waren um 3,7 Prozent günstiger als im Vorjahr, während Heizöl und Kraftstoffe sogar zweistellige Rückgänge verzeichneten.
Dienstleistungen als treibender Faktor
Die
Kerninflation, die Nahrungsmittel und Energie ausklammert, stieg auf
3,0 Prozent. Dies zeigt, dass der aktuelle Preisdruck stark durch
strukturelle Kosten wie Dienstleistungen bedingt ist.
Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK, bezeichnete den Anstieg als "vorübergehenden Zwischenanstieg". Besonders die Energiepreise, die im Jahresvergleich nicht mehr so stark fallen, beeinflussten diesen Trend. Dienstleistungen würden hingegen erwartungsgemäß weiter anziehen, so Dullien.
OZD-Kommentar:Dienstleistungen im Fokus: Eine neue Ära der Inflation?
Der deutliche Preisanstieg bei Dienstleistungen zeigt eine langfristige Verschiebung der Inflationsdynamik in Deutschland. Wo früher Energie und Lebensmittel dominierten, sind es jetzt Dienstleistungen, die die Inflation prägen. Das hat auch eine soziale Komponente: Menschen mit niedrigem Einkommen, die weniger von Preisnachlässen bei Energie profitieren, spüren die Belastungen besonders.
Die erneute Verteuerung von Versicherungen und sozialen Dienstleistungen deutet auf strukturelle Probleme hin. Unternehmen, die von Fachkräftemangel oder steigenden Betriebskosten betroffen sind, geben diese Kosten an die Verbraucher weiter.
Prognose:
In den kommenden
Monaten könnten die Inflationsraten weiter volatil bleiben. Eine
nachhaltige Entlastung ist nur durch sinkende Energiekosten oder
staatliche Eingriffe zu erwarten. Dienstleistungspreise hingegen könnten
langfristig hoch bleiben, was die Kerninflation auf einem stabilen
Niveau hält.
Was ist Kerninflation?
Die
Kerninflation misst die Preissteigerung ohne die volatilen Bereiche
Energie und Nahrungsmittel. Sie gibt einen stabileren Überblick über die
langfristige Entwicklung der Verbraucherpreise.
Weitere Informationen: Statistisches Bundesamt – Kerninflation
Wer ist Sebastian Dullien?
Sebastian
Dullien ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie
und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Als
renommierter Ökonom befasst er sich mit Fragen der Konjunktur, Inflation
und Arbeitsmarktentwicklung.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild OZD