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Scholz plant Steuererleichterung für Haushalte – Doch ist das ein Wahlgeschenk?

Bundeskanzler Olaf Scholz schlägt eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel vor, um die Inflation zu bekämpfen. Kritiker werfen ihm vor, dies nur aus Wahlkampfgründen zu tun.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich für eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent ausgesprochen, um einkommensschwache Haushalte in Zeiten hoher Inflation zu entlasten. In einem Interview mit den ARD-"Tagesthemen" erklärte Scholz, es sei wichtig, eine Maßnahme zu ergreifen, die sofort im Alltag spürbar ist. "Ich glaube, dass es jetzt erst mal wichtig ist, dass wir etwas sehr Überschaubares machen, was jeder beim täglichen Bedarf jeden Tag merkt", sagte Scholz. Hintergrund der Forderung sind die hohen Lebenshaltungskosten, die durch die Inflation und die Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine weiter verstärkt wurden.

Scholz erklärte, dass die hohe Inflation eine Vielzahl von Ursachen habe, wobei der Ukraine-Konflikt und die daraus resultierende Energiekrise besonders dramatische Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft gehabt hätten. "Ein großer Krieg in unserer Nachbarschaft, furchtbare Konsequenzen auch für unsere Wirtschaft, als plötzlich die Hälfte des Gases fehlte", sagte er. Es sei wichtig, diese Herausforderungen anzugehen, und eine Senkung der Mehrwertsteuer sei eine Möglichkeit, "etwas zu tun", um die Belastung der Haushalte zu verringern.

Kritik kam jedoch prompt von der Opposition. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) warf der SPD und den Grünen vor, für die hohen Preissteigerungen verantwortlich zu sein, die eine Folge der rot-grünen Wirtschaftspolitik seien. In einem Interview mit RTL und ntv bezeichnete Frei Scholz' Vorschlag als "Wahlgeschenk", das in der Nähe von Wahlen gemacht werde, ohne Teil eines umfassenden wirtschaftlichen Konzepts zu sein. "Steuersenkungen sind grundsätzlich positiv, aber sie müssen eingebettet sein in ein wirtschafts- und finanzpolitisches Gesamtkonzept", so Frei.

Die Linke begrüßte hingegen die Idee der Mehrwertsteuersenkung, forderte aber weitergehende Maßnahmen. Linken-Chefin Ines Schwerdtner forderte die vollständige Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Hygieneprodukte und Bahnfahrkarten. Sie kritisierte zudem, dass Scholz als Bundeskanzler diese Idee erst jetzt aufbringe, während sie bereits länger diskutiert werde. "Und natürlich kann man sich wundern, dass Scholz als Bundeskanzler nicht auf die Idee einer Mehrwertsteuersenkung kam, sondern erst jetzt als Spitzenkandidat", sagte Schwerdtner.

Von der FDP gab es scharfe Kritik an Scholz’ Vorschlag. Marco Buschmann, der designierte Generalsekretär der FDP, bezeichnete das Vorhaben als "Wählertäuschung". In einem Interview mit Welt TV erklärte er, dass die FDP innerhalb der Ampelkoalition verhindert habe, dass SPD und Grüne Lebensmittel mit neuen Abgaben wie auf Fleisch oder Zucker verteuern. "Im Wahlkampf fällt Scholz nun ein, für günstigere Lebensmittel einzutreten", so Buschmann.

Tatsächlich ist die Diskussion um die Mehrwertsteuersenkung keine neue. Bereits im Juli 2023 hatte CSU-Chef Markus Söder ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Fleisch, Fisch und Milch gefordert. Damals hatte der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert den Vorschlag jedoch als unzureichend abgetan und bessere Lösungen zur Entlastung von Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen ins Spiel gebracht.

Wirtschaftsexperten äußerten sich ebenfalls kritisch zu Scholz’ Vorschlag. Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts und Berater von Finanzminister Christian Lindner (FDP), erklärte, eine Umverteilung über eine Mehrwertsteuersenkung sei fiskalisch teuer und nicht zielgenau. "Es profitieren nicht nur Haushalte mit niedrigen Einkommen, sondern alle Haushalte", so Fuest.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, lobte hingegen die "soziale Ausgewogenheit" einer solchen Steuermaßnahme. Auch wenn alle Verbraucher die Mehrwertsteuer zahlen, sei der Vorteil einer Senkung darin zu sehen, dass sie schnell und unbürokratisch wirke. Fratzscher betonte, dass eine Mehrwertsteuersenkung besonders für Haushalte mit geringem Einkommen von Vorteil sei, da der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel in diesen Haushalten besonders hoch sei.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar: 

Mehrwertsteuersenkung oder Wahlmanöver? Scholz’ Vorschlag im Kreuzfeuer der Kritik

Die Forderung von Olaf Scholz nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ist eine klare Reaktion auf die drückende Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten, die besonders einkommensschwache Haushalte belasten. Doch die Kritik an diesem Vorschlag ist nicht zu übersehen. Während die Opposition vor Wahlgeschenken warnt, stellt sich die Frage, ob eine Mehrwertsteuersenkung tatsächlich die passende Lösung für die aktuellen Herausforderungen ist oder lediglich eine populistische Maßnahme im Hinblick auf die anstehenden Wahlen. Experten sind sich uneinig, ob dies wirklich eine gezielte Entlastung der Bürger bringt oder ob umfassendere wirtschaftspolitische Maßnahmen notwendig wären, um den Preissteigerungen langfristig entgegenzuwirken.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Olaf Scholz?
Olaf Scholz ist der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Er trat sein Amt im Dezember 2021 an und war zuvor unter anderem Finanzminister und Bürgermeister von Hamburg.

Was ist die Mehrwertsteuer?
Die Mehrwertsteuer (MwSt.) ist eine indirekte Steuer auf den Konsum von Waren und Dienstleistungen, die in Deutschland in zwei Sätzen erhoben wird: der reguläre Satz von 19 Prozent und der ermäßigte Satz von 7 Prozent, der unter anderem auf Lebensmittel angewendet wird.

Foto: AFP

Alle Angaben ohne Gewähr.