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Syrien nach Assad: Hoffnung auf Einheit oder neue Ungewissheit?

Neuer Start in Syrien: Millionen Flüchtlinge sollen zurückkehren

In Syrien hat die von der islamistischen HTS-Miliz geführte Übergangsregierung die Macht übernommen und grundlegende Versprechen abgegeben. „Gerade weil wir islamisch sind, werden wir die Rechte aller Menschen und aller Glaubensrichtungen in Syrien garantieren“, erklärte Mohammed al-Baschir, der neue Chef der Übergangsregierung, in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera.

Die HTS betonte, dass Gerechtigkeit für die Opfer der Assad-Herrschaft höchste Priorität habe. Mohammed al-Dscholani, der Anführer der Miliz, erklärte, dass es keine Begnadigungen für Beteiligte an Folterungen geben werde. Millionen syrische Flüchtlinge wurden zur Rückkehr aufgefordert, um am Wiederaufbau ihres Heimatlandes mitzuwirken. „Syrien ist jetzt ein freies Land, das seinen Stolz und seine Würde verdient hat. Kommen Sie zurück“, appellierte al-Baschir.

Nach jahrzehntelanger Herrschaft der Assad-Familie, die 1971 begann, floh der gestürzte Präsident Baschar al-Assad nach Russland. Berichte über die Zerstörung des Grabes von Hafis al-Assad in dessen Heimatstadt Kardaha verdeutlichen den symbolischen Bruch mit der Vergangenheit. Die Baath-Partei des ehemaligen Regimes hat ihre Aktivitäten eingestellt, ihre Vermögenswerte wurden unter staatliche Kontrolle gestellt.

Die Übergangsregierung sieht sich der Herausforderung gegenüber, ein zerrissenes Land zu einen. Syrien, das von ethnischen und religiösen Minderheiten wie Kurden, Alawiten, Drusen und Christen geprägt ist, braucht eine neue Verfassung. Al-Baschir erklärte, dass die Details während des Verfassungsprozesses geklärt werden.

Doch international bleiben Zweifel. Die HTS, einst ein Ableger von Al-Kaida, wird weiterhin von vielen Staaten als Terrororganisation eingestuft. Trotz der moderateren Selbstdarstellung unter al-Dscholani bleibt die Zukunft ungewiss.

Die internationale Reaktion auf die Entwicklungen in Syrien ist geteilt. Während Katar und andere Golfstaaten ihre Beziehungen zu Damaskus wieder stärken wollen, haben europäische Länder wie Deutschland ihre Asylentscheidungen für syrische Geflüchtete vorerst ausgesetzt. Auch die Türkei und Israel setzen militärische Operationen in der Region fort, was die Stabilität weiter gefährdet.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar

Zwischen Hoffnung und Skepsis: Syriens Zukunft nach Assad

Der Sturz von Baschar al-Assad markiert einen Wendepunkt in Syrien, doch die Freude wird von Unsicherheit überschattet. Die HTS-geführte Regierung verspricht Einheit und Gerechtigkeit, steht jedoch aufgrund ihrer Vergangenheit unter kritischer Beobachtung. Kann ein Land, das so lange von Gewalt und Spaltung geprägt war, auf einen stabilen Neuanfang hoffen?

Die Herausforderung, eine neue Verfassung zu schaffen, die alle Minderheiten einbindet, wird ein entscheidender Test sein. Internationale Akteure wie Russland, der Iran und die Türkei haben eigene Interessen, die den Weg zu Frieden und Stabilität erschweren könnten.

In den kommenden Wochen wird die Welt auf Syrien blicken. Ob die neue Regierung die angekündigten Reformen umsetzt und das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft gewinnt, wird sich zeigen. Doch die Aufgabe ist monumental, und die nächsten Schritte werden richtungsweisend sein.

Biographien und Erklärungen

Wer ist Mohammed al-Baschir?
Mohammed al-Baschir ist der Chef der syrischen Übergangsregierung, die von der HTS-Miliz geführt wird. Er hat zugesichert, die Rechte aller Religionsgruppen in Syrien zu garantieren.

Was ist die HTS?
Die Hayat Tahrir al-Sham (HTS) ist eine islamistische Miliz, die aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen ist, einem ehemaligen Ableger von Al-Kaida. Seit 2016 hat die HTS nach eigenen Angaben keine Verbindungen mehr zu Al-Kaida, wird jedoch weiterhin von vielen Staaten als Terrororganisation eingestuft.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP