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Tradition oder Gewalt? Ermittlungen gegen umstrittenes Klaasohm-Fest auf Borkum

Das traditionelle Klaasohm-Fest auf Borkum steht wegen mutmaßlicher Übergriffe in der Kritik. Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung laufen, während Veranstalter den Brauch reformieren wollen. Ein jahrhundertealtes Ritual gerät ins Visier der Justiz.

Das traditionsreiche Klaasohm-Fest auf der Nordseeinsel Borkum sorgt für Schlagzeilen: Nach mehreren Strafanzeigen ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft wegen möglicher Übergriffe, die sich in der Vergangenheit bei der Veranstaltung zugetragen haben sollen. Laut Behörden sollen verkleidete Männer, sogenannte Klaasohms, Frauen gefangen genommen und mit Kuhhörnern geschlagen haben.

„Teil des Fests ist ein Umzug, bei dem es in Einzelfällen zu gefährlicher Körperverletzung gekommen sein könnte“, erklärten die Ermittler. Betroffene Frauen sowie mögliche Zeugen werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden.

Die Veranstaltung, die jedes Jahr am 5. Dezember stattfindet, blickt auf eine fast 200-jährige Geschichte zurück. Ursprünglich aus der Zeit des Walfangs stammend, steht das Fest heute für den Zusammenhalt der Borkumer Bevölkerung nach einer langen Tourismussaison. Doch Berichte über die brutalen Praktiken einiger Teilnehmer haben eine öffentliche Debatte ausgelöst.

Die Polizei verstärkte in diesem Jahr ihre Präsenz beim Klaasohm-Fest, das jedoch friedlich verlief. Die Gemeinde und der organisierende Verein „Borkumer Jungens 1830“ distanzierten sich inzwischen ausdrücklich von jeglicher Gewalt. „Wir entschuldigen uns für die historisch gewachsenen Handlungen der Vergangenheit“, hieß es in einer Stellungnahme.

Kritiker werfen den Verantwortlichen jedoch vor, zu spät zu reagieren. Der Verein betonte, dass das Schlagen mit Kuhhörnern in den letzten Jahren kaum noch praktiziert worden sei, kündigte aber an, diesen Brauch ab sofort komplett zu verbannen. „Es ist ein Symbol des Zusammenhalts, kein Anlass für Gewalt“, erklärten die Veranstalter.

Borkum, das als beliebtes Reiseziel größtenteils vom Tourismus lebt, sieht sich nun mit einem Imageproblem konfrontiert. „Wie viele Bräuche mag die Tradition von außen kontrovers wirken“, räumten Gemeindevertreter ein. Doch auf der Insel selbst wird das Fest von vielen verteidigt.

ozd

OZD-Kommentar:

Zwischen Tradition und Verantwortung: Ein Fest im Wandel

Das Klaasohm-Fest ist ein Beispiel dafür, wie alte Bräuche in Konflikt mit modernen Werten geraten können. Es stellt sich die Frage, ob Traditionen reformiert werden können, ohne ihre Identität zu verlieren. Borkum steht dabei nicht allein: Viele Gemeinden in Deutschland kämpfen mit der Gratwanderung zwischen Erhalt und Anpassung ihrer Brauchtümer.

Die Entscheidung, das Schlagen mit Kuhhörnern endgültig zu verbieten, ist ein notwendiger Schritt – und ein Signal dafür, dass Gewalt in keiner Form toleriert werden darf. Doch die Kritik zeigt auch, wie sensibel der Umgang mit der Vergangenheit ist. Borkum muss beweisen, dass das Fest künftig ausschließlich den Zusammenhalt der Inselbewohner feiert und keine Grundlage für Übergriffe bietet.

Prognose: Die laufenden Ermittlungen könnten weitere Details ans Licht bringen, möglicherweise auch über andere problematische Traditionen. Gleichzeitig dürfte die Reform des Klaasohm-Fests langfristig die Debatte um den Wert und die Zukunft solcher Rituale prägen.

Biographien und Erklärungen:

Was ist das Klaasohm-Fest?
Das Klaasohm-Fest ist eine Brauchtumsveranstaltung, die seit fast 200 Jahren auf der Insel Borkum gefeiert wird. Ursprünglich aus der Walfangzeit stammend, symbolisiert es heute den Zusammenhalt der Borkumer Bevölkerung. Es wird jährlich am 5. Dezember begangen und ist für seine maskierten Teilnehmer, die Klaasohms, bekannt.

Offizielle Website der Gemeinde Borkum:
www.borkum.de

Was ist gefährliche Körperverletzung?
Gefährliche Körperverletzung ist nach § 224 des Strafgesetzbuches (StGB) eine Straftat, die durch bestimmte gefährliche Mittel oder mit einer Waffe begangen wird. Sie wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP