Frankreich steht vor einem politischen Neustart: Präsident Emmanuel Macron hat François Bayrou, den 73-jährigen Chef der zentristischen Partei Modem, zum neuen Premierminister ernannt. Der Elysée-Palast bestätigte die Entscheidung am Freitag. Bayrou übernimmt die schwierige Aufgabe, eine neue Regierung zusammenzustellen, die die Nationalversammlung hinter sich vereinen kann.
Die Ernennung Bayrous war notwendig geworden, nachdem die Regierung von Premierminister Michel Barnier am 4. Dezember durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden war. Der Antrag war von der linken Opposition eingebracht und überraschend von rechtspopulistischen Abgeordneten unterstützt worden – ein seltenes Bündnis, das die politische Landschaft Frankreichs aufrüttelte.
Bayrou, ein enger Verbündeter Macrons, gilt als erfahrener Politiker, der die politische Mitte Frankreichs repräsentiert. Seine Partei Modem steht seit langem an der Seite von Macrons Renaissance-Partei und hat maßgeblich zur Umsetzung zentraler Reformen beigetragen. Bayrou genießt den Ruf eines pragmatischen Vermittlers, der sowohl in linken als auch in konservativen Kreisen Vertrauen genießt.
Präsident Macron empfing Bayrou am Freitagmorgen für ein zweistündiges Gespräch im Elysée-Palast. Dabei sei es um die dringenden Herausforderungen des Landes gegangen, darunter die Bekämpfung der Inflation, die Reform des Rentensystems und die Stabilisierung der politischen Verhältnisse.
Die neue Regierung müsse „so schnell wie möglich“ handlungsfähig werden, hieß es aus dem Elysée. Bayrou erklärte, er sei „bereit, Verantwortung zu übernehmen und Frankreich in schwierigen Zeiten zu dienen“.
Die Ernennung Bayrous wird in der politischen Landschaft unterschiedlich aufgenommen. Während Unterstützer von einem erfahrenen Führungsstil sprechen, sehen Kritiker in der Entscheidung Macrons einen Versuch, seine eigene Position zu retten. „Macron hat einen erfahrenen und loyalen Politiker gewählt, um die Regierung zu stabilisieren“, kommentierte die renommierte Tageszeitung Le Monde. Es bleibt abzuwarten, ob Bayrou in der Nationalversammlung eine Mehrheit für seine Politik gewinnen kann.
ozd
OZD-Kommentar:
Eine riskante Wahl oder kluger Schachzug? Bayrou im Fokus
Die Ernennung François Bayrous zum Premierminister zeigt, wie tief die politische Krise Frankreichs tatsächlich ist. Mit Bayrou setzt Macron auf einen Mann der Mitte, der aufgrund seiner Erfahrung und politischen Vernetzung das Zeug hat, das Vertrauen in die Regierung wiederherzustellen. Doch seine Ernennung birgt auch Risiken: Schafft es Bayrou nicht, die zersplitterte Nationalversammlung hinter sich zu bringen, könnte das Land weiter in Instabilität versinken.
Die Herausforderung, vor der Bayrou steht, ist gewaltig. Politische Gegner warten darauf, jede Schwäche auszunutzen. Seine Fähigkeit, Kompromisse zu schließen und klare Ziele zu formulieren, wird entscheidend sein. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Bayrou als Übergangspremier oder langfristiger Stabilitätsanker in die Geschichte eingeht.
Prognose: Sollte Bayrou es schaffen, eine tragfähige Regierung zu bilden, könnte Macron seine zweite Amtszeit stabilisieren. Gelingt ihm dies nicht, könnte Frankreich im kommenden Jahr vor Neuwahlen stehen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist François Bayrou?
François
Bayrou ist ein französischer Politiker und Vorsitzender der Partei
Modem (Mouvement Démocrate), die zur politischen Mitte zählt. Er war
mehrfach Minister, unter anderem für Bildung, und ist seit Jahrzehnten
eine prägende Figur der französischen Politik. Bayrou gilt als enger
Verbündeter Macrons und ist bekannt für seine Vermittlungsfähigkeiten.
Offizielle Website von François Bayrou:
https://www.mouvementdemocrate.fr
Was ist die Modem-Partei?
Die
Modem-Partei (Mouvement Démocrate) ist eine zentristische politische
Partei in Frankreich, die 2007 gegründet wurde. Sie steht für eine
gemäßigte, proeuropäische Politik und hat seit ihrer Gründung eng mit
Emmanuel Macrons Renaissance-Partei zusammengearbeitet.
Was ist ein Misstrauensvotum?
Ein
Misstrauensvotum ist ein parlamentarisches Verfahren, bei dem eine
Regierung das Vertrauen der Parlamentsmehrheit verliert. In Frankreich
kann die Nationalversammlung durch ein erfolgreiches Misstrauensvotum
den Premierminister und damit die gesamte Regierung stürzen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP