In Südkorea spitzt sich die politische Lage zu: Tausende von Demonstranten haben sich vor dem Parlament in Seoul versammelt, um gegen Präsident Yoon Suk Yeol zu protestieren. Ihre Forderung ist eindeutig: Die Absetzung des konservativen Staatschefs, der aufgrund seiner umstrittenen Ausrufung des Kriegsrechts in die Kritik geraten ist.
Der Protestmarsch, der am Samstagnachmittag begann, zieht weiterhin immer mehr Menschen an. Laut der Polizei rechnet man mit mindestens 200.000 Teilnehmern, doch die Zahl könnte noch steigen. Die 24-jährige Demonstrantin Yoo Hee Jin zeigte sich entschlossen: „Ich werde jede Woche kommen, bis es geschieht“, erklärte sie gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Für sie ist das heutige Votum über die Amtsenthebung von Yoon von höchster Bedeutung.
Die Abstimmung wird um 16.00 Uhr Ortszeit beginnen, was in Deutschland 08.00 Uhr MEZ entspricht. Für eine Amtsenthebung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Das bedeutet, dass Yoons eigene Partei, die PP, zumindest acht Stimmen an die Oppositionspartei DP abgeben muss, um den Antrag zu unterstützen. Sollte Yoon heute nicht abgesetzt werden, erwarten viele Demonstranten, dass der Protest in der kommenden Woche erneut aufflammen wird.
Der heutige Votumsversuch ist bereits der zweite Anlauf für eine Amtsenthebung Yoons. Ein erster Versuch scheiterte vor einer Woche, als die Mehrheit der Abgeordneten seiner Partei das Votum boykottierte. Dies führte zu einer Pattsituation, die Yoon in seiner TV-Rede am Donnerstag scharf kritisierte. Der Präsident erklärte, er werde „bis zur letzten Minute“ für sein Amt kämpfen.
Doch der Hintergrund der Auseinandersetzungen ist komplex: Ein Haushaltsstreit mit der Opposition hatte den Präsidenten zu einer drastischen Maßnahme greifen lassen. Yoon verhängte das Kriegsrecht, was jedoch im Parlament auf Widerstand stieß. In einer dramatischen Sitzung wurde das Kriegsrecht binnen Stunden wieder aufgehoben, was den Präsidenten zusätzlich in der Öffentlichkeit isolierte.
Der Ausgang der Abstimmung heute wird entscheidend sein: Wird Präsident Yoon seinen Posten verteidigen können oder steht Südkorea vor einer historischen politischen Wende?
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OZD-Kommentar:
Yoon Suk Yeol und das politische Erdbeben in Südkorea – Wird das Land die Krise überstehen?
Südkorea steht an einem historischen Scheideweg. Der zweite Anlauf zur Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk Yeol könnte entscheidend für die politische Zukunft des Landes werden. Doch die Frage, ob Yoon heute tatsächlich abgesetzt wird, bleibt offen. Die politische Situation ist angespannt, und es scheint, als ob das Land in eine Phase permanenter Instabilität tritt.
Die Frage bleibt: Was würde ein Scheitern des Votums für die kommenden Wochen bedeuten? Es könnte zu noch mehr Protesten und einer weiteren Polarisierung in der südkoreanischen Gesellschaft kommen. Der Präsident hat seinen Standpunkt klar gemacht, doch ob dieser noch von den Bürgern getragen wird, bleibt fraglich. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob Südkorea die politische Krise überwinden kann oder ob Yoon Suk Yeol erneut in den Fokus einer breiten Oppositionsbewegung gerät.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Yoon Suk Yeol?
Yoon Suk Yeol ist der Präsident Südkoreas, der 2022 nach einem spannungsgeladenen Wahlkampf sein Amt antrat. Zuvor war er als Staatsanwalt tätig und erlangte Bekanntheit durch seine Rolle in verschiedenen hochkarätigen politischen Ermittlungen. Yoon ist ein Mitglied der konservativen Volkspartei PP. Er ist bekannt für seine harte Linie gegenüber der Opposition und seine Unterstützung für die USA in der Außenpolitik.
Was ist das Kriegsrecht?
Das Kriegsrecht ist eine gesetzliche Maßnahme, bei der dem Staat außergewöhnliche Vollmachten eingeräumt werden, um auf eine nationale Krise zu reagieren. Es kann die Einschränkung von Grundrechten beinhalten und wird in der Regel nur im Falle eines bewaffneten Konflikts oder einer anderen nationalen Bedrohung verhängt.
Was ist die DP?
Die Demokratische Partei Südkoreas (DP) ist die führende oppositionelle politische Partei des Landes. Sie hat ihren Ursprung in der liberalen Bewegung und stellt sich als Gegengewicht zur konservativen Politik von Yoon Suk Yeol.
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