Das israelische Kabinett hat einstimmig einen Plan verabschiedet, der eine Verdopplung der Bevölkerung auf den besetzten Golanhöhen vorsieht. Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete diese Maßnahme als strategisch entscheidend: "Im Lichte des Krieges und der neuen Front in Syrien ist dies eine Entscheidung, die die Ortschaften auf den Golanhöhen und den Staat Israel stärkt." Die Golanhöhen gelten als ein zentraler strategischer Punkt für Israels Sicherheit, insbesondere nach den jüngsten Entwicklungen in Syrien.
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad vor einer Woche hat Israel bereits Teile der Pufferzone übernommen, die seit 1974 unter UN-Überwachung steht. Netanjahu betonte, dass Israel keine Konfrontation mit Syrien anstrebe, sich jedoch das Recht vorbehalte, auf die veränderte Realität zu reagieren. In einem Video erklärte er: "Die Politik Israels gegenüber Syrien wird von der sich entwickelnden Realität vor Ort bestimmt."
Der Plan zur Verdopplung der Bevölkerung sieht den Ausbau bestehender und die Errichtung neuer Siedlungen vor. Die Golanhöhen wurden von Israel 1967 im Sechstage-Krieg erobert und später annektiert – eine Annexion, die international weitgehend nicht anerkannt wird. In der Region leben derzeit rund 50.000 Menschen, davon etwa 27.000 Drusen, eine arabische Minderheit.
Der Ausbau der Bevölkerung auf den Golanhöhen ist Teil einer umfassenderen Strategie Israels, seine Präsenz in dieser geopolitisch wichtigen Region zu stärken. "Israel wird es keiner feindlichen Kraft erlauben, sich an unserer Grenze festzusetzen", erklärte Netanjahu und erklärte das Abkommen mit Syrien über die Pufferzone für beendet. Die Golanhöhen bieten strategische Vorteile, da sie einen Überblick über Syrien und Teile Jordaniens ermöglichen und eine wichtige Wasserquelle darstellen.
Die Entscheidung kommt inmitten wachsender Spannungen in der Region, die durch den Machtwechsel in Syrien und die anhaltenden Kämpfe zwischen verschiedenen Fraktionen verschärft wurden. Während Israel Sicherheitsgründe für seine Politik anführt, sehen Kritiker den Schritt als weitere Eskalation und als Hindernis für künftige Friedensverhandlungen.ozd
OZD-Kommentar:
Strategie oder Eskalation? Israels Plan auf dem Prüfstand
Die Golanhöhen sind international umstrittenes Gebiet. Die Annexion durch Israel wird von den Vereinten Nationen und den meisten Staaten weltweit nicht anerkannt. Statt sich um eine langfristige Lösung oder einen diplomatischen Dialog zu bemühen, scheint Israel die Fakten vor Ort weiter zu schaffen und das fragile Gleichgewicht in einer ohnehin instabilen Region noch mehr zu belasten. Dieser Schritt dürfte den Frieden mit Syrien weiter in weite Ferne rücken – wenn nicht sogar neue Konflikte provozieren.
Die Verdopplung der Bevölkerung auf den Golanhöhen ist eine Entscheidung, die Israels Sicherheitsstrategie stärken soll, jedoch auch Risiken birgt. Während Israel seine Position in einer unruhigen Region sichern will, droht die Maßnahme, internationale Spannungen zu verschärfen und neue Konflikte zu provozieren.
Die Annexion der Golanhöhen wird von den meisten Staaten nicht anerkannt, und der Ausbau der Siedlungen könnte den politischen Spielraum für künftige Verhandlungen weiter einengen. Zudem bleibt offen, wie Israel die Sicherheit der neuen Bevölkerung in einer zunehmend instabilen Region gewährleisten will.
Krieg als Machtpolitik und an der Macht zu bleiben macht Schule!
Prognose:
Der Ausbau der Golanhöhen wird sowohl diplomatische als auch lokale Reaktionen hervorrufen. Insbesondere Syrien und seine Verbündeten werden den Plan als Provokation sehen, während die internationale Gemeinschaft – allen voran die UNO – vermehrt Kritik äußern könnte. Die Region steht vor einer Phase erhöhter Spannungen.
Die Verdopplung der Bevölkerung könnte auch mit der Verdrängung der dort lebenden drusischen Minderheit einhergehen, die mehrheitlich nicht israelische Staatsbürger sind. Werden ihre Rechte ausreichend geschützt, oder handelt es sich hier um eine stille Assimilierungspolitik? Die Frage, wie eine weitere Besiedlung mit den Verpflichtungen des Völkerrechts vereinbar ist, bleibt ebenfalls offen.
Hinzu kommen praktische Probleme: Der Ausbau neuer Siedlungen erfordert erhebliche finanzielle und infrastrukturelle Ressourcen. Gleichzeitig stehen in Israel drängende soziale Probleme wie die Wohnungsnot in den großen Städten und die unzureichende Ausstattung von Schulen und Krankenhäusern zur Debatte. Kritiker fragen zurecht, warum solche Prioritäten gesetzt werden, während die Lebensqualität vieler israelischer Bürger stagniert.
Fazit:
Israels Plan auf den Golanhöhen ist riskant und kurzsichtig. Statt auf Diplomatie und Konfliktlösung zu setzen, wird ein Kurs gefahren, der bestehende Spannungen zementiert und Israel international weiter isolieren könnte. Das Vorhaben mag kurzfristige strategische Vorteile bringen, birgt jedoch das Potenzial, die Region auf lange Sicht in noch tiefere Konflikte zu stürzen. Was jetzt dringend gebraucht wird, sind nicht weitere Eskalationen, sondern Maßnahmen, die Frieden und Stabilität fördern.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Benjamin Netanjahu?
Benjamin
Netanjahu, geboren 1949 in Tel Aviv, ist einer der bekanntesten
Politiker Israels. Er dient seit den 1990er Jahren immer wieder als
Premierminister und ist Vorsitzender der konservativen Likud-Partei.
Netanjahu ist bekannt für seine harte Haltung in Sicherheitsfragen und
seine Bemühungen, Israels geopolitische Position zu stärken. In seiner
Karriere war er sowohl an Friedensverhandlungen beteiligt als auch ein
starker Verfechter von Siedlungsausbau und der Annexion umstrittener
Gebiete.
Was sind die Golanhöhen?
Die
Golanhöhen sind ein rund 1.200 Quadratkilometer großes Hochplateau, das
im Sechstage-Krieg 1967 von Israel erobert wurde. 1981 annektierte
Israel das Gebiet, eine Maßnahme, die international weitgehend nicht
anerkannt wird. Die Region ist strategisch wichtig, da sie eine
militärisch vorteilhafte Lage bietet und eine bedeutende Wasserquelle
darstellt. Seit 1974 überwachen UN-Blauhelme eine Pufferzone zwischen
dem israelisch kontrollierten und dem syrischen Teil der Golanhöhen.
Was ist Hajat Tahrir al-Scham (HTS)?
Die
HTS ist eine islamistische Miliz, die aus der Al-Nusra-Front
hervorgegangen ist, einem ehemaligen Ableger von Al-Kaida in Syrien.
Seit 2016 behauptet die Gruppe, keine Verbindungen mehr zu Al-Kaida zu
haben. Unter der Führung von Mohammed al-Dscholani kontrolliert sie
Teile Nordwestsyriens und hat nach dem Sturz des Assad-Regimes an
Einfluss gewonnen. Viele westliche Länder, darunter die USA, stufen die
HTS weiterhin als terroristische Organisation ein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP