Im Gerichtssaal von Avignon fand einer der aufsehenerregendsten Prozesse der letzten Jahre seinen Höhepunkt: Der geständige Serienvergewaltiger Dominique Pelicot entschuldigte sich in seinen Schlussworten bei seiner Familie. "Ich möchte den Mut meiner Frau würdigen", sagte Pelicot am Montag und bat sie und seine gesamte Familie um Verzeihung. Der Angeklagte, der gestanden hatte, seine Frau fast ein Jahrzehnt lang betäubt und zur Vergewaltigung angeboten zu haben, bedankte sich zudem bei seiner Anwältin Béatrice Zavarro. Diese habe ihm die Kraft gegeben, den Prozess durchzustehen, statt „aufzugeben“.
Die Richter zogen sich nach den Schlussworten zur Beratung zurück. Das Urteil soll am Donnerstag oder Freitag verkündet werden. Die Staatsanwaltschaft fordert die Höchststrafe von 20 Jahren Haft für Pelicot und für die 50 Mitangeklagten Strafen zwischen vier und 18 Jahren.
Der Fall Pelicot hat Frankreich erschüttert: Der Angeklagte hatte seine Frau Gisèle jahrelang mit Schlafmitteln betäubt, gefilmt und im Internet Männern angeboten, die sie im Zustand der Bewusstlosigkeit missbrauchten. Die Verteidigung einiger Mitangeklagter argumentierte, ihre Mandanten hätten nicht gewusst, dass die Frau nicht einwilligen konnte. „Sie haben sich für einvernehmliche Spiele gehalten“, erklärten mehrere Anwälte.
Staatsanwältin Laure Chabaud wies diese Argumentation mit Nachdruck zurück: „Im Jahr 2024 kann niemand mehr sagen: ‚Sie hat nichts gesagt, also war sie einverstanden.‘“ Die Beweise zeigten eindeutig, dass die Opfer nicht einwilligungsfähig waren, und die Taten seien schwerste Verbrechen.
Das
Urteil wird mit Spannung erwartet. Die juristische Aufarbeitung dieses
Falls könnte richtungsweisend für den Umgang mit sexualisierter Gewalt
in Frankreich sein. ozd
OZD-Kommentar:
Ein Jahrzehnt des Schreckens – und die Notwendigkeit klarer Botschaften
Der Fall Dominique Pelicot ist ein bedrückendes Beispiel für die Abgründe, zu denen Menschen fähig sind. Die Schilderungen der Verbrechen und die Argumente der Verteidigung offenbaren nicht nur ein erschreckendes Maß an Gewalt und Missbrauch, sondern auch die gesellschaftliche Notwendigkeit, sexuelle Gewalt mit aller Konsequenz zu ahnden.
Dass einige der Mitangeklagten argumentieren, sie hätten die Bewusstlosigkeit des Opfers nicht erkannt, wirft ein Licht auf eine oft verbreitete Täter-Opfer-Umkehr. Solche Aussagen dürfen weder als Entschuldigung noch als mildernde Umstände gelten. Jeder, der sich an sexuellen Handlungen beteiligt, ohne eine klare und bewusste Zustimmung des anderen einzuholen, begeht ein Verbrechen.
Für Frankreich und darüber hinaus sendet dieser Prozess ein Signal: Die Ausreden der Täter können nicht länger akzeptiert werden. Es braucht konsequente juristische Maßnahmen, um Opfer zu schützen und Täter zur Verantwortung zu ziehen.
Prognose:
Sollte das Gericht ein
klares Urteil mit deutlichen Strafen fällen, könnte dies ein wichtiger
Schritt im Kampf gegen sexuelle Gewalt sein. Eine milde Bestrafung
hingegen würde die Debatte um Gerechtigkeit und den Schutz von Opfern
weiter anheizen und zu Protesten führen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Dominique Pelicot?
Dominique
Pelicot ist ein geständiger Serienvergewaltiger, dessen Taten
Frankreich erschüttert haben. Der 55-Jährige lebte scheinbar ein
normales Leben, während er seine Frau über fast ein Jahrzehnt hinweg
systematisch missbrauchte. Pelicot wurde durch umfangreiche Ermittlungen
überführt und steht nun vor einem möglichen Höchststrafenurteil.
Wer ist Laure Chabaud?
Laure
Chabaud ist die Staatsanwältin im Fall Dominique Pelicot. Sie ist
bekannt für ihre entschiedene Haltung gegen sexualisierte Gewalt. Ihre
Aussagen im Prozess betonen die Verantwortung von Tätern und die
Bedeutung des Einwilligungsprinzips.
Was ist die Anwaltskammer von Avignon?
Die
Anwaltskammer von Avignon, Teil des französischen Rechtssystems, stellt
die Vertretung von Angeklagten und Klägern in der Region sicher. Sie
hat in diesem Fall die Verteidigung der Mitangeklagten koordiniert.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP