Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hat die Union und ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz scharf kritisiert. Das Wahlprogramm der CDU/CSU sei weder gegenfinanziert noch biete es Lösungen für die zentralen Herausforderungen der Zukunft. "Wer die Union wählt, kriegt unsolide Finanzen, keinen Klima- und Naturschutz", erklärte Habeck am Montag im Bundestag während der Debatte zur Vertrauensfrage von Olaf Scholz.
Besonders scharf ging Habeck mit dem wirtschaftspolitischen Kurs der Union ins Gericht. CDU und CSU setzten auf ein "Weiter so" und wollten das Land "zurück in die Vergangenheit" führen, anstatt sich den drängenden Herausforderungen wie Klimaschutz, sozialer Gerechtigkeit und einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik zu stellen. "Dieses Wahlprogramm gehört zurück in die Werkstatt", erklärte Habeck.
Gleichzeitig räumte der Grünen-Chef eigene Versäumnisse in der inzwischen zerbrochenen Ampel-Koalition ein. "Häufig waren wir zu spät, aber vor allem war es ganz häufig zu wenig", sagte er. Dennoch warnte er die Opposition vor einer Blockadehaltung bis zu den für Februar angesetzten Neuwahlen. "Arbeitsverweigerung von Seiten der Opposition darf es nicht geben", betonte Habeck.
Habeck forderte die Union auf, Verantwortung zu übernehmen und konstruktiv an der Lösung der anstehenden Aufgaben mitzuwirken, solange der Bundestag noch handlungsfähig sei. Mit Blick auf die angekündigte Vertrauensfrage von Olaf Scholz kündigte Habeck an, dass die Grünen sich bei der Abstimmung enthalten würden.
Die Vertrauensfrage ist nötig, damit Scholz formal das Vertrauen des Bundestags verlieren kann und Neuwahlen ermöglicht werden. Diese sind nach dem Bruch der Ampel-Koalition und dem Ausscheiden der FDP aus der Regierung für den 23. Februar 2025 angesetzt. Scholz regiert seitdem mit einer rot-grünen Minderheitsregierung.
Mit Blick auf die Bundestagswahl deutete Habeck an, dass die Grünen sich als Kraft der Zukunft positionieren wollen. "Es reicht nicht, hier bis zu den Neuwahlen im Gestus der Opposition rumzutönen", erklärte er. Stattdessen brauche es eine Politik, die Vertrauen zurückgewinne und eine klare Perspektive für die Zukunft des Landes biete. ozd
OZD-Kommentar:
Habecks Kritik trifft – aber auch die Grünen stehen in der Verantwortung
Robert Habeck setzt in der Debatte um die Vertrauensfrage von Kanzler Scholz auf eine klare Abgrenzung zur Union – und punktet mit deutlichen Worten. Tatsächlich wirkt das Wahlprogramm der CDU/CSU in Teilen wie eine Rückkehr zu alten Rezepten, die weder auf den Klimawandel noch auf die drängenden sozialen Herausforderungen der heutigen Zeit Antworten geben.
Doch auch die Grünen dürfen sich nicht von der Kritik freisprechen. Habecks Eingeständnis von Versäumnissen in der Ampel-Regierung ist zwar ehrlich, kommt aber reichlich spät. Die Grünen haben oft zögerlich agiert und wichtige Reformen nicht mit der nötigen Entschlossenheit durchgesetzt.
Habecks Forderung nach konstruktiver Zusammenarbeit bis zu den Neuwahlen ist berechtigt, doch sie wird vermutlich auf wenig Gehör bei der Opposition stoßen. Die Union hat klar gemacht, dass sie ihre Rolle als scharfe Kritikerin der Regierung weiterführen will.
Prognose:
Die
kommenden Wochen bis zur Bundestagswahl im Februar werden von einer
harten politischen Auseinandersetzung geprägt sein. Während die Grünen
sich als Partei der Zukunft positionieren wollen, wird die Union
versuchen, die wirtschaftspolitische Kompetenz für sich zu reklamieren.
Entscheidend wird sein, ob die Wähler Habecks Appell nach einer
progressiven Politik folgen oder sich von den konservativen Alternativen
überzeugen lassen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Robert Habeck?
Robert
Habeck ist seit 2022 Kanzlerkandidat der Grünen und war zuvor
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Der promovierte Philosoph
und erfolgreiche Autor hat sich seit seinem Eintritt in die
Bundespolitik als pragmatischer und ambitionierter Vordenker profiliert.
Habeck steht für eine Politik, die ökologische Nachhaltigkeit mit
sozialer Gerechtigkeit verbindet.
Wer ist Friedrich Merz?
Friedrich
Merz ist seit 2021 Vorsitzender der CDU und seit 2023 Kanzlerkandidat
der Union. Merz war bereits in den 2000er Jahren als
CDU-Fraktionsvorsitzender im Bundestag aktiv, bevor er sich für einige
Jahre aus der Politik zurückzog. Als Vertreter eines konservativen und
wirtschaftsliberalen Kurses setzt Merz auf Themen wie Steuerreformen,
Bürokratieabbau und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Was ist die Vertrauensfrage?
Die
Vertrauensfrage ist ein verfassungsmäßiges Instrument, das einem
Bundeskanzler ermöglicht, das Vertrauen des Parlaments zu überprüfen.
Sie wird häufig genutzt, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Falls
der Kanzler die Vertrauensfrage verliert, kann der Bundespräsident den
Bundestag auflösen und Neuwahlen ansetzen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP