Die Europäische Union hat eine klare Botschaft an die neue syrische Führung gesendet: Die russischen Militärstützpunkte in Syrien müssen verschwinden. Diese Forderung sei von vielen EU-Außenministern bei einem Treffen in Brüssel geäußert worden, erklärte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Montag. „Wir wollen, dass Syrien den russischen Einfluss beendet“, sagte Kallas und machte deutlich, dass dies zur Bedingung für künftige Beziehungen zur neuen Regierung in Damaskus werden könnte.
Die Forderung der EU zielt auf die beiden russischen Militärstützpunkte in Syrien, die seit Jahren eine zentrale Rolle in Russlands Nahost-Strategie spielen. Dazu gehören eine Luftwaffenbasis nahe Latakia und ein Marinestützpunkt in Tartus. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte am Montag, dass Russland diese Stützpunkte unbedingt behalten wolle. Sie seien nicht nur für Russlands Operationen in Syrien, sondern auch für Aktivitäten in Afrika und anderen südlichen Regionen von strategischer Bedeutung.
Vor den Beratungen in Brüssel hatte der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp den Ton gesetzt. „Wir wollen die Russen raushaben“, sagte er und fand breite Unterstützung unter seinen EU-Kollegen. Kallas fügte hinzu, dass auch in Gesprächen mit arabischen Partnern, wie etwa beim Treffen in Jordanien am Wochenende, Besorgnis über die russische Militärpräsenz geäußert wurde.
Russland hatte den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad über Jahre militärisch gestützt und somit sein Regime aufrechterhalten. Nach dem Sturz Assads durch Rebellen unter Führung der HTS-Miliz vor gut einer Woche steht die neue syrische Führung vor der Herausforderung, internationale Anerkennung zu gewinnen. Die EU macht dabei klar: Die Zukunft Syriens darf nicht unter russischem Einfluss stehen.
Kallas hob hervor, dass die russische Präsenz in Syrien nicht nur ein regionales Problem sei, sondern auch Europas Sicherheit berühre. „Von Syrien aus agiert Russland auch in anderen strategisch wichtigen Regionen, was unsere geopolitische Sicherheit gefährdet“, sagte sie.
Die EU will ihre Gespräche mit der neuen syrischen Regierung nutzen, um die russische Militärpräsenz zu thematisieren. Für die EU ist dies ein Test, ob Syrien bereit ist, sich von früheren Einflüssen zu lösen und sich in Richtung eines neuen politischen Kurses zu bewegen. ozd
OZD-Kommentar:
Russland raus – Aber zu welchem Preis?
Die Forderung der EU-Außenminister, Russlands Einfluss in Syrien zu beenden, mag moralisch und sicherheitspolitisch nachvollziehbar sein. Doch sie wirft eine zentrale Frage auf: Ist die neue syrische Führung überhaupt in der Lage, einen solchen Schritt zu wagen?
Die russischen Stützpunkte sind nicht nur militärische Basen, sondern symbolisieren Moskaus jahrzehntelangen Einfluss in der Region. Ein Bruch mit Russland könnte die neue syrische Regierung destabilisieren und sie gleichzeitig von dringend benötigter militärischer Unterstützung abschneiden.
Zudem ist fraglich, ob die EU genügend Anreize bieten kann, um Damaskus zu einem solchen Schritt zu bewegen. Werden finanzielle Hilfen oder Sicherheitsgarantien ausreichen, um Syrien aus dem Einflussbereich Moskaus zu lösen? Oder wird Russland seinerseits alles daran setzen, seine strategischen Interessen zu verteidigen – mit allen Mitteln?
Prognose:
In den kommenden
Wochen wird sich zeigen, wie stark der Einfluss der EU auf die neue
syrische Führung tatsächlich ist. Russland wird seine Stützpunkte kaum
kampflos aufgeben, und die geopolitische Spannung zwischen der EU und
dem Kreml könnte weiter eskalieren. Eine Entscheidung zu Syrien wird
nicht nur für die Region, sondern auch für Europas Sicherheit
richtungsweisend sein.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Kaja Kallas?
Kaja
Kallas ist seit Oktober 2024 die EU-Außenbeauftragte. Zuvor war sie
Premierministerin Estlands und machte sich als Verfechterin einer
starken europäischen Außenpolitik einen Namen. Kallas gilt als
entschiedene Kritikerin Russlands und setzt sich für eine geopolitisch
autonome EU ein.
Was ist die HTS-Miliz?
Die
Hajat Tahrir al-Scham (HTS) ist eine islamistische Miliz, die aus der
Al-Nusra-Front hervorging. Die HTS führte den erfolgreichen Aufstand
gegen das Assad-Regime an und kontrolliert nun weite Teile Syriens.
Obwohl die HTS eine Distanzierung von Al-Kaida erklärt hat, wird sie von
vielen westlichen Staaten als terroristisch eingestuft.
Was sind die russischen Stützpunkte in Syrien?
Russland
unterhält zwei zentrale Militärbasen in Syrien: Eine Luftwaffenbasis in
Latakia und einen Marinestützpunkt in Tartus. Diese Stützpunkte sind
für Russland geopolitisch von hoher Bedeutung und dienen als
strategische Knotenpunkte für Operationen im Nahen Osten und darüber
hinaus.
Wer ist Caspar Veldkamp?
Caspar
Veldkamp ist der niederländische Außenminister und vertritt eine harte
Linie gegen autoritäre Regime und russische Einflussnahme. Er ist
bekannt für seine klare Rhetorik und setzt sich für eine stärkere
europäische Außenpolitik ein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP