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Deutschland bremst bei Energiewende und Klimazielen

Klimaneutralität: Skandinavien top, Deutschland nur im Mittelfeld bei Energiewende

Deutschland muss seine Anstrengungen beim Klimaschutz und der Energiewende deutlich verstärken, um international mitzuhalten. Laut einer aktuellen Analyse der Bertelsmann-Stiftung, die am Dienstag in Gütersloh veröffentlicht wurde, erreicht die Bundesrepublik im Vergleich von 30 EU- und OECD-Staaten Platz sieben. Während Länder wie Schweden, Dänemark, Finnland und Spanien als Vorreiter glänzen, offenbaren sich hierzulande vor allem Defizite bei der Energiewende und dem Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft.

Besonders alarmierend: In puncto Energiewende schafft es Deutschland nur auf Rang 15. Hauptprobleme sind die schleppende Modernisierung des Stromnetzes und der zu langsame Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Die Einführung neuer Technologien geht ebenfalls nicht schnell genug voran. Auch die zirkuläre Wirtschaft hinkt hinterher, Deutschland landet hier auf Platz acht. Konkrete Aktionspläne und geeignete Indikatoren zur Erfolgsmessung fehlen, so die Studie.

Die klimapolitische Gesamtstrategie Deutschlands wird von den Experten zwar als "größtenteils ambitioniert" bezeichnet – vor allem dank rechtsverbindlicher Klimaziele und klarer Mechanismen zur Nachjustierung. Doch die jüngste Neuregelung des Klimaschutzgesetzes, die eine Verrechnung von Emissionen zwischen Sektoren erlaubt, wird kritisch gesehen. Die langfristigen Auswirkungen seien unklar.

Nordische Länder und Spanien als Vorbilder
An der Spitze des Rankings stehen Schweden, Dänemark, Finnland und Spanien. Die nordischen Länder punkten durch klare Zielvorgaben, gut koordinierte Aktionspläne und eine konsequente Umsetzung, die anhand von Kennzahlen kontrolliert wird. Besonders Dänemark zeigt bei der Energiepolitik, wie es funktionieren kann: Durch eine effektive Abstimmung von Zielen, Instrumenten und Infrastrukturen ist das Land auf dem besten Weg, bis Mitte des Jahrhunderts emissionsfrei Strom zu erzeugen.

Auch Schweden und Finnland sind Spitzenreiter in der Kreislaufwirtschaft. Beide Länder haben ambitionierte Strategien zur Ressourceneffizienz umgesetzt. Allerdings werden auch in den führenden Staaten Schwachstellen sichtbar. So halten sie teilweise an klimaschädlichen Subventionen fest, und in Schweden wurden Umweltauflagen zuletzt gelockert.

Handlungsdruck in Deutschland wächst
"Deutschland ist nach wie vor gut positioniert, muss sich aber stärker an den Vorreitern orientieren", erklärte Bertelsmann-Experte Christof Schiller. Die Ziele und Maßnahmen in den Bereichen Energiewende und Kreislaufwirtschaft seien nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Für Deutschland sei es entscheidend, hier mehr Tempo zu machen und innovative Technologien zügiger zu integrieren.

Am unteren Ende des Rankings landen Kanada, Australien, Israel, Polen und Ungarn. Diese Länder weisen laut der Studie nur begrenzte Fortschritte bei Klimaschutz und Ressourceneffizienz auf und stehen unter wachsendem Druck, ihre Strategien anzupassen.

OZD-Kommentar:
Klimapolitik im Schneckentempo – Deutschland braucht mehr Ehrgeiz

Es ist ein ernüchterndes Ergebnis: Während Länder wie Schweden oder Dänemark die Energiewende zielstrebig vorantreiben, stagniert Deutschland auf halbem Weg. Platz sieben mag in einem Ranking solide klingen, doch für eine Industrienation, die den Anspruch erhebt, Klimavorreiter zu sein, reicht das nicht aus.

Die Analyse zeigt: Der Ausbau des Stromnetzes, der schnelle Ausstieg aus fossilen Energien und der Übergang zu einer echten Kreislaufwirtschaft sind nach wie vor Deutschlands Achillesferse. Und während hierzulande wichtige Projekte zäh verhandelt werden, schreiten Länder wie Dänemark und Finnland voran – mit klaren Plänen und konsequenter Umsetzung.

Wenn Deutschland weiterhin in der Mittelmäßigkeit verharrt, riskiert es nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern auch wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Denn wer heute bei der Energiewende und Ressourceneffizienz bremst, zahlt morgen einen hohen Preis – in Form von steigenden Emissionen, höheren Energiekosten und verpassten Chancen.

Prognose:
In den kommenden Jahren muss die Bundesregierung die Prioritäten schärfen: weniger Bürokratie, mehr Tempo beim Ausbau der Netze und Förderungen für innovative Technologien. Ohne eine bessere Koordination der Maßnahmen bleibt die Klimaneutralität ein leeres Versprechen, während andere Länder Deutschland den Rang ablaufen.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Christof Schiller?
Christof Schiller ist ein Experte der Bertelsmann-Stiftung und leitet dort Analysen zu Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung. Als Projektleiter trägt er maßgeblich zur Bewertung von globalen Fortschritten bei der Energiewende und Kreislaufwirtschaft bei.

Wer ist Thorsten Hellmann?
Thorsten Hellmann ist Wirtschaftsexperte bei der Bertelsmann-Stiftung. Seine Arbeit fokussiert sich auf energiepolitische Maßnahmen und deren Effektivität im internationalen Vergleich.

Was ist die Bertelsmann-Stiftung?
Die Bertelsmann-Stiftung ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Gütersloh, die sich für gesellschaftliche Weiterentwicklung und Forschung einsetzt. Sie führt Studien und Analysen zu Themen wie Bildung, Wirtschaft, Klima und Soziales durch und berät Entscheidungsträger auf nationaler und internationaler Ebene. Offizielle Website: www.bertelsmann-stiftung.de

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP