Im Vergewaltigungsprozess von Avignon hat das Gericht den Hauptangeklagten Dominique Pelicot zu 20 Jahren Haft verurteilt. Der 72-Jährige wurde für schuldig befunden, seine ehemalige Ehefrau Gisèle Pelicot über fast ein Jahrzehnt hinweg mit Medikamenten betäubt und systematisch zur Vergewaltigung angeboten zu haben. Über 200 Taten konnten die Ermittler nachweisen. Am Ende seiner Haftstrafe soll geprüft werden, ob Pelicot in Sicherungsverwahrung bleibt.
Neben Dominique Pelicot wurden auch alle 50 Mitangeklagten verurteilt, darunter ein 63-Jähriger, der sich gemeinsam mit Pelicot an seiner eigenen Frau vergangen hatte. Er erhielt eine Haftstrafe von zwölf Jahren, deutlich weniger als die von der Staatsanwaltschaft geforderten 17 Jahre. Die Strafen der weiteren Mitangeklagten variieren, blieben jedoch insgesamt hinter den Forderungen der Anklage zurück.
Der Prozess gilt als historisch, nicht nur wegen der Brutalität der Taten und der hohen Zahl der Angeklagten, sondern auch wegen des Mutes von Gisèle Pelicot. Die heute 72-Jährige hatte auf ein öffentliches Verfahren bestanden, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und ein Zeichen für andere Betroffene zu setzen. "Damit die Scham die Seite wechselt", hatte sie während des Prozesses erklärt. Ihr Mut hat weltweit Beachtung gefunden.
Die feministische Vereinigung Les Amazones d'Avignon würdigte den Prozess als Meilenstein im Kampf gegen sexualisierte Gewalt. "Vergewaltigungen betreffen Frauen in der ganzen Welt, deshalb schaut auch die ganze Welt auf das, was hier passiert", sagte Ghislaine Sainte Catherine, eine Sprecherin der Organisation. Über 180 Medien aus aller Welt berichteten über das Verfahren.
Auch die deutsche Anti-Diskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman zeigte sich beeindruckt. "Jeder Gerichtsprozess hilft unzähligen anderen Betroffenen", betonte sie. Das Urteil sende eine klare Botschaft: Täter können sich nicht vor der Justiz verstecken.
Der Fall hat die Debatte über sexualisierte Gewalt und die Verantwortung der Justiz, Betroffene zu schützen und Täter konsequent zu verfolgen, neu entfacht. Gisèle Pelicots Beharrlichkeit hat dafür gesorgt, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen wurden und das Leid unzähliger Frauen Gehör findet. OZD / ADP
OZD-Kommentar:
Ein Urteil, das Zeichen setzt, aber noch mehr fordert
Das Urteil gegen Dominique Pelicot und die Mitangeklagten im Vergewaltigungsprozess von Avignon ist ein wichtiges Signal: Sexualisierte Gewalt wird nicht toleriert, und Täter werden zur Verantwortung gezogen. Doch es bleibt die Frage, warum es überhaupt so weit kommen konnte.
Jahrelang konnte Pelicot seine Frau systematisch missbrauchen und andere dazu anstiften. Trotz zahlreicher Hinweise wurden die Verbrechen erst spät aufgedeckt. Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass die Justiz und die Gesellschaft sexualisierte Gewalt konsequenter verfolgen und präventiv tätig werden.
Die Strafen für die Mitangeklagten wirken angesichts des Ausmaßes der Taten milde. Es muss sichergestellt werden, dass solche Urteile nicht den Eindruck erwecken, die Justiz nehme sexualisierte Gewalt nicht ernst genug. Gleichzeitig sollte der Fokus verstärkt auf die Unterstützung von Betroffenen gelegt werden, um ihnen den Weg zur Anzeige zu erleichtern und die Scham zu nehmen.
Das Urteil in Avignon ist ein Meilenstein, aber es darf kein Einzelfall bleiben. Die Justiz muss weltweit zeigen, dass solche Verbrechen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Gisèle Pelicot hat mit ihrem Mut den Weg geebnet. Jetzt liegt es an uns allen, diesen weiterzugehen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Dominique Pelicot?
Dominique
Pelicot, ein 72-jähriger Franzose, wurde wegen schwerer Vergewaltigung
und Missbrauchs seiner Ehefrau Gisèle verurteilt. Über einen Zeitraum
von fast zehn Jahren betäubte er sie mit Medikamenten und bot sie im
Internet zur Vergewaltigung an. Pelicot nutzte seine Machtposition, um
auch andere zu den Taten zu verleiten.
Wer ist Gisèle Pelicot?
Gisèle
Pelicot ist die ehemalige Ehefrau von Dominique Pelicot und das
Hauptopfer in diesem historischen Prozess. Mit 72 Jahren kämpfte sie
mutig für ein öffentliches Verfahren, um auf sexualisierte Gewalt
aufmerksam zu machen. Ihr Engagement gilt als Vorbild für viele
Betroffene weltweit.
Was ist Les Amazones d'Avignon?
Les
Amazones d'Avignon ist eine feministische Organisation, die sich gegen
Gewalt an Frauen einsetzt. Sie unterstützte Gisèle Pelicot während des
Prozesses und nutzt den Fall, um auf die weltweite Problematik
sexualisierter Gewalt aufmerksam zu machen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP