Der tödliche Axtangriff auf einen Fußballtrainer aus Sachsen im Juli 2023 wird erneut vor Gericht verhandelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig hob das Urteil des Zwickauer Landgerichts vom Mai 2024 auf. Das Gericht hatte den Angeklagten, einen damals 39-Jährigen, zu viereinhalb Jahren Haft wegen Totschlags in einem minderschweren Fall verurteilt. Die Staatsanwaltschaft strebt jedoch eine Verurteilung wegen Mordes an.
Der Angriff ereignete sich nach einem Treffen zwischen dem Angeklagten und dem späteren Opfer. Laut dem ursprünglichen Urteil hatte der Mann den Fußballtrainer, der einschlägig vorbestraft war, mit fünf Axtschlägen auf den Kopf getötet. Der Angeklagte stellte sich danach der Polizei und wurde in Untersuchungshaft genommen. Seine Tat begründete er mit traumatischen Erlebnissen: Er warf dem später Getöteten vor, ihn als Jugendlicher vergewaltigt zu haben.
Das Zwickauer Gericht sah zwar eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten, erkannte jedoch keine Mordmerkmale und verurteilte ihn deshalb wegen Totschlags in einem minderschweren Fall. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft legten Revision gegen das Urteil ein. Während die Revision des Angeklagten verworfen wurde, gab der BGH der Staatsanwaltschaft recht. Das Landgericht muss den Fall nun vollständig neu verhandeln. Eine andere Schwurgerichtskammer wird sich mit der Frage beschäftigen, ob die Tat als Mord zu werten ist.
Der Fall hat in der Öffentlichkeit für großes Aufsehen gesorgt, da er komplexe Fragen zu Schuld, Vorstrafen und möglichen mildernden Umständen aufwirft. Die Entscheidung des BGH könnte richtungsweisend für ähnliche Fälle sein, in denen vergangene Traumata eine Rolle spielen.
OZD / ©AFP
Kommentar: Eine juristische Gratwanderung – wie der Fall das Rechtssystem herausfordert
Der Fall des tödlichen Axtangriffs auf einen Fußballtrainer in Sachsen ist eine der schwierigsten juristischen Gratwanderungen, die das deutsche Rechtssystem in jüngerer Zeit erlebt hat. Auf der einen Seite steht eine brutale Tat, die das Leben eines Menschen beendet hat. Auf der anderen Seite behauptet der Angeklagte, ein Opfer früherer Gewalt durch den Getöteten zu sein, was die Beurteilung seiner Schuld verkompliziert.
Das Zwickauer Urteil, das Totschlag in einem minderschweren Fall annahm, wirkte auf viele Beobachter wie ein Kompromiss – eine Lösung, die weder die Schwere der Tat noch die möglichen Hintergründe vollständig adressierte. Dass der Bundesgerichtshof nun eine erneute Verhandlung anordnet, zeigt, wie sensibel und umstritten der Fall ist.
Prognose:
Die
neue Verhandlung könnte eine stärkere Fokussierung auf die Tatmotive
und die Frage nach Mordmerkmalen bringen. Gleichzeitig wird das Gericht
klären müssen, ob und wie stark die behauptete Vergangenheit des
Angeklagten strafmildernd wirkt. Der Fall könnte auch gesellschaftlich
die Diskussion über Täter-Opfer-Dynamiken und deren Gewichtung im
Strafrecht erneut entfachen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist der Bundesgerichtshof (BGH)?
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste deutsche Gericht in Zivil- und Strafsachen. Mit Sitz in Karlsruhe und Leipzig prüft der BGH, ob Urteile der unteren Instanzen rechtsfehlerhaft sind. Im aktuellen Fall hat der fünfte Strafsenat die Entscheidung des Zwickauer Landgerichts aufgehoben.
Was ist Totschlag in einem minderschweren Fall?
Totschlag in einem minderschweren Fall ist eine Straftat, bei der eine Person getötet wird, jedoch mildernde Umstände vorliegen, die das Strafmaß verringern können. Beispiele für solche Umstände sind starke emotionale Belastung oder traumatische Erlebnisse, die die Tat beeinflusst haben könnten.
Was bedeutet "Mordmerkmale"?
Mordmerkmale sind besondere Tatbestände, die eine Tötung als Mord qualifizieren. Dazu zählen niedere Beweggründe, Heimtücke, Grausamkeit oder die Absicht, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Ob Mordmerkmale im aktuellen Fall vorliegen, wird in der Neuverhandlung entschieden.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.