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USA heben Kopfgeld auf HTS-Chef auf: Was bedeutet dieser diplomatische Schritt?

Die USA haben das Kopfgeld auf den HTS-Chef in Syrien zurückgezogen. Ein überraschender diplomatischer Schritt, Was steckt hinter diesem Entscheid?

Die USA haben das Kopfgeld zurückgezogen, das sie auf den Anführer der Islamistenmiliz Hajat Tahrir al-Schams (HTS), Ahmed al-Scharaa, ausgesetzt hatten. Der Schritt folgt auf ein Gespräch der US-Nahostbeauftragten Barbara Leaf mit al-Scharaa in Damaskus am Freitag. In der Besprechung seien "positive Botschaften" ausgetauscht worden, so Leaf. Sie betonte, dass die USA in Syrien keine Bedrohung durch terroristische Gruppen dulden würden, weder innerhalb des Landes noch von außen, und erklärte, dass al-Scharaa zugestimmt habe, sich dieser Linie anzupassen. Auf Basis dieses Gesprächs wurde das Kopfgeld von zehn Millionen Dollar, das seit Jahren ausgesetzt war, offiziell zurückgezogen.

Leaf, begleitet von weiteren US-Diplomaten, reiste erstmals seit 2011 in die syrische Hauptstadt. Der Besuch war von Bedeutung, da er nicht nur den Dialog mit al-Scharaa beinhaltete, sondern auch den politischen Prozess in Syrien zum Thema hatte. Die USA unterstützen einen syrischen Prozess, der zu einer inklusiven und repräsentativen Regierung führen soll, die die Rechte aller ethnischen und religiösen Gruppen in Syrien respektiert. Die US-Diplomaten machten deutlich, dass sie nicht nur auf Worte setzen würden, sondern auf tatsächliche Fortschritte in dieser Richtung.

Al-Scharaa, der zuvor als Mohammed al-Dscholani bekannt war, wurde 2017 von den USA als Terrorist eingestuft und ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt, da er früher dem Al-Kaida-Netzwerk treu war. Er ist seitdem der Anführer von HTS, einer Gruppe, die bislang von den USA und anderen westlichen Staaten als Terrororganisation betrachtet wurde. Der Besuch in Damaskus und die Entscheidung, das Kopfgeld zurückzuziehen, signalisiert eine potenzielle Wendung in den Beziehungen und könnte Auswirkungen auf die syrische Politik und die Rolle der USA im Nahen Osten haben.

Am 8. Dezember eroberten HTS-Kämpfer Damaskus und beendeten die jahrzehntelange Herrschaft des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Assad, gegen den schwere Menschenrechtsverletzungen wie Folter und Morde an Andersdenkenden vorgeworfen werden, floh nach Russland, was den Einfluss der Türkei in Syrien verstärkte. Diese geopolitischen Veränderungen könnten auch die Dynamik der internationalen Beziehungen in der Region beeinflussen.

Leaf nahm auch Bezug auf die schwierige Lage in Kobane, einer mehrheitlich kurdischen Stadt an der Grenze zur Türkei. Dort befinden sich die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), die von den USA unterstützt werden, im Konflikt mit von der Türkei unterstützten Milizen. Leaf rief zu einer Waffenruhe in der Region auf und betonte, dass intensive Gespräche mit der türkischen Führung und den SDF geführt würden, um die Situation zu entschärfen.

Eine für Freitag in Damaskus geplante Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt, was Spekulationen über mögliche Sicherheitsbedenken aufwarf. Leaf wies jedoch darauf hin, dass die Absage nicht aufgrund von Sicherheitsproblemen erfolgte, sondern weil es logistischer Natur war. "Wir konnten nur nicht mehr rechtzeitig zum Veranstaltungsort gelangen, bevor wir die Stadt verlassen mussten", sagte sie.

OZD/AFP


OZD-Kommentar:

Der diplomatische Wendepunkt in Syrien: Was steckt hinter dem Zurückziehen des Kopfgeldes?

Das Zurückziehen des Kopfgeldes auf den Anführer der HTS, Ahmed al-Scharaa, markiert einen Wendepunkt in den diplomatischen Bemühungen der USA im Nahen Osten. Dies könnte die USA nicht nur in eine neue politische Ära mit Syrien führen, sondern auch ihre Rolle als Akteur in der Region neu definieren. Der überraschende Schritt, das Kopfgeld zurückzuziehen, scheint auf eine Änderung der US-Politik hinzudeuten, die von einem harten Kurs gegenüber den syrischen Islamisten hin zu einer pragmatischeren Herangehensweise an den syrischen Konflikt reicht.

In den kommenden Wochen wird entscheidend sein, wie sich die Gespräche zwischen den USA und HTS entwickeln und ob die vereinbarten "positiven Botschaften" tatsächlich zu konkreten politischen Veränderungen führen. Sollte sich eine solche Dynamik entwickeln, könnte dies nicht nur die syrische Regierung beeinflussen, sondern auch die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten neu ausrichten.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Ahmed al-Scharaa (Mohammed al-Dscholani)?
Ahmed al-Scharaa, auch bekannt unter seinem früheren Namen Mohammed al-Dscholani, ist der Anführer der syrischen Islamistengruppe Hajat Tahrir al-Schams (HTS). Al-Scharaa spielte eine bedeutende Rolle in der syrischen Rebellion und war früher Mitglied von Al-Kaida. 2017 wurde er von den USA mit einem Kopfgeld von zehn Millionen Dollar belegt. Unter seiner Führung hat HTS eine dominante Stellung im Nordwesten Syriens eingenommen, was die Gruppe zu einem wichtigen Akteur in der syrischen Politik macht.

Was ist Hajat Tahrir al-Schams (HTS)?
Hajat Tahrir al-Schams (HTS) ist eine syrische Islamistenmiliz, die ursprünglich als Al-Nusra-Front bekannt war und 2017 in HTS umbenannt wurde. Die Gruppe entstand als Ableger von Al-Kaida und kämpfte in Syrien gegen die Regierung von Baschar al-Assad. HTS hat sich zunehmend von Al-Kaida distanziert, bleibt aber von westlichen Staaten und der internationalen Gemeinschaft als Terrororganisation eingestuft. Sie kontrolliert große Teile des Nordwestens Syriens und spielt eine zentrale Rolle im syrischen Konflikt.

Was ist die US-Nahostbeauftragte Barbara Leaf?
Barbara Leaf ist die US-Nahostbeauftragte, die als diplomatische Vertreterin der USA für die politischen und diplomatischen Beziehungen im Nahen Osten verantwortlich ist. Sie hat eine Schlüsselrolle in der Gestaltung der US-Politik in der Region gespielt, insbesondere im Zusammenhang mit Syrien, dem Iran und anderen geopolitischen Themen. Leaf hat eine lange Karriere im diplomatischen Dienst und ist bekannt für ihre pragmatische Herangehensweise an schwierige internationale Konflikte.


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP

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