Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe vor der „hybriden Kriegsführung“ gewarnt, die Russland unter der Führung von Präsident Wladimir Putin gegen Deutschland und den Westen betreibe. Diese Form der Kriegsführung, so Pistorius, sei eine Mischung aus verschiedenen Strategien, die darauf abzielen, die Gesellschaften zu destabilisieren und zu verunsichern.
„Putin kennt uns gut. Er weiß, wie er uns durch Nadelstiche treffen kann“, erklärte Pistorius. Die Gefahr, dass diese Bedrohung ignoriert wird, sei hoch, doch sie würde mit der Zeit nicht verschwinden, sondern sich sogar verschärfen. Zu den wichtigsten Beispielen der hybriden Kriegsführung gehören Angriffe auf kritische Infrastruktur, Sabotageakte in der Nord- und Ostsee sowie Verstöße im Luftraum. Auch die Manipulation durch soziale Medien und die Beeinflussung von Wahlen gehören laut Pistorius zu den Taktiken, die Russland regelmäßig anwendet.
Ein weiterer erschreckender Aspekt ist, dass in Deutschland zunehmend Stimmen laut werden, die behaupten, die eigene Sicherheit und der Schutz vor Russland würden übertrieben, und dass Deutschland unweigerlich auf einen Krieg mit Russland zusteuere. Diese Narrative werden von politisch extremen Kräften wie der AfD und dem BSW verbreitet, die laut Pistorius Putins Strategie zur Spaltung der Gesellschaft in Deutschland bedienen.
„Das Ziel dieser Maßnahmen ist es, unsere Gesellschaft zu destabilisieren und auseinanderzudividieren“, so der SPD-Politiker. Doch er schließt aus, dass Russland derzeit eine militärische Auseinandersetzung mit der NATO plane. Derzeit sei kein groß angelegter Angriff Russlands auf das Bündnis zu erwarten. „Aber wir müssen uns auf die Möglichkeit vorbereiten, dass Russland in wenigen Jahren das NATO-Territorium angreifen könnte“, erklärte Pistorius.
Die Lage sei nicht nur akut, sondern entwickle sich schnell weiter. Pistorius betonte, dass Russland mittlerweile in der Lage sei, innerhalb weniger Monate mehr Waffen und Munition zu produzieren als alle EU-Staaten zusammen in einem Jahr. Ab 2029 oder 2030, so der Minister, könnte Putin so weit aufgerüstet haben, dass ein Angriff auf die NATO zu einer realen Möglichkeit werde. Bis dahin könnten auch kleinere Tests der NATO-Bündnisfähigkeit stattfinden, bei denen Russland auf einzelne Mitglieder des westlichen Verteidigungsbündnisses Druck ausüben könnte.
Die Warnung von Pistorius ist also eine dringende Aufforderung zur Wachsamkeit und Vorbereitung, um die westliche Verteidigungsfähigkeit zu sichern und mögliche Spaltungen innerhalb der Gesellschaften der NATO-Staaten zu verhindern.
OZD / ©AFP
OZD-Kommentar:
Hybride Kriegsführung – Der unsichtbare Feind
Die hybrid geführte Bedrohung durch Russland, wie sie Boris Pistorius beschreibt, stellt eine neue Herausforderung für die westliche Welt dar. Anders als bei traditionellen militärischen Angriffen ist es hier die subtile, aber weitreichende Manipulation durch Cyber-Attacken, gezielte Desinformation und das Ausnutzen gesellschaftlicher Spannungen, die die Gesellschaften destabilisieren. Der Minister spricht zurecht von einer tiefgehenden Gefahr, die mehr ist als nur eine geopolitische Auseinandersetzung: Es geht um den Angriff auf die Demokratie selbst.
Die Prognose für die nächsten Wochen: Die Diskussion um die Notwendigkeit einer verstärkten Resilienz gegen diese hybride Kriegsführung wird wohl zunehmen, und es ist zu erwarten, dass weitere politische Kräfte sowohl innerhalb der NATO-Staaten als auch auf gesellschaftlicher Ebene gegen die wachsende Bedrohung argumentieren werden. Auch die militärischen Vorbereitungen auf potenzielle Eskalationen müssen verstärkt werden. Es wird spannend zu beobachten sein, ob diese Warnungen die notwendige Resonanz finden, um die westlichen Gesellschaften zu schützen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Boris Pistorius?
Boris Pistorius ist ein deutscher Politiker der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und seit Dezember 2022 Bundesminister der Verteidigung. Zuvor war er als Innenminister des Landes Niedersachsen tätig. Pistorius, der in Osnabrück geboren wurde, hat eine juristische Ausbildung und war in verschiedenen politischen Positionen aktiv, unter anderem als Abgeordneter im Niedersächsischen Landtag. Als Bundesminister für Verteidigung ist er für die Sicherheitspolitik und die Bundeswehr zuständig. Er setzt sich für eine starke Verteidigung und Zusammenarbeit innerhalb der NATO ein und spricht sich für eine klare Haltung gegenüber Bedrohungen aus Russland aus.
Was ist die NATO?
Die North Atlantic Treaty Organization (NATO) ist ein militärisches Bündnis von 30 Ländern aus Nordamerika und Europa, das 1949 gegründet wurde. Ihr Hauptziel ist die kollektive Verteidigung ihrer Mitglieder und die Sicherstellung des Friedens in der westlichen Welt. Im Rahmen des NATO-Vertrags verpflichtet sich jeder Mitgliedsstaat, auf einen Angriff auf ein Mitglied mit militärischer Unterstützung zu reagieren. Die Organisation spielt eine entscheidende Rolle in der globalen Sicherheitsarchitektur, insbesondere in Bezug auf die Verteidigung gegen Bedrohungen durch Staaten wie Russland.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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