Es ist Weihnachten in Großbritannien, und das Land ist in Festtagsstimmung. Doch dieses Jahr geht es nicht nur um Geschenke und festliche Dekorationen – der Streit dreht sich um das wohl traditionellste aller britischen Weihnachtsgebäcke: die Mince Pies. Diese kleinen Mürbeteigteilchen, die jährlich rund 800 Millionen Mal konsumiert werden, sind ein fester Bestandteil der Weihnachtszeit. Doch die geliebten Mince Pies sehen sich einer Reihe von Neuerungen gegenüber, die bei Traditionalisten in Großbritannien für Aufregung sorgen.
In den letzten Jahren haben sich immer mehr kreative Zutaten in die Füllung der Mince Pies eingeschlichen. Während das klassische „mincemeat“ – eine Mischung aus getrockneten Früchten, Gewürzen und oft auch Branntwein oder Rum – das Herzstück des Gebäcks ist, wagen es immer mehr Bäcker und Supermärkte, die Tradition zu verändern. Schokolade, gesalzener Karamell, Spekulatius und sogar Vanillecreme haben es in die festliche Füllung geschafft. Doch nicht jeder ist begeistert.
„Monstrositäten“, nennt die britische Gastronomiekritikerin Felicity Cloake diese Neuerungen. „Es ist einfach ein Frevel“, erklärt sie in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Auch die Londoner Floristin Marti Warren, die eine leidenschaftliche Verehrerin der traditionellen Mince Pies ist, bezeichnet die modernen Varianten als ihren „persönlichen Alptraum“. Für die Traditionalisten ist klar: Mince Pies dürfen nicht verändert werden – die einzige „richtige“ Füllung besteht aus dem „mincemeat“, das aus einer Mischung von getrockneten Früchten, Äpfeln und Gewürzen besteht.
Interessanterweise hat der Begriff „mincemeat“ im Englischen eine historische Bedeutung, die viele Menschen in die Irre führt. Das Wort „mincemeat“ leitet sich von „minced meat“ ab, was eigentlich „Hackfleisch“ bedeutet. Ursprünglich wurde in das Gebäck tatsächlich Fleisch gemischt, später aber durch eine fruchtige Mischung ersetzt. Diese ursprüngliche Form des „mincemeat“ wird auch von puristischen Anhängern des Gebäckes hochgehalten. Sie sind entschlossen, die Tradition zu bewahren, koste es, was es wolle.
Doch der Trend zu neuen Füllungen hat sich auch über die Supermärkte hinweg ausgebreitet. Im Land der Traditionen wagen immer mehr Bäcker und Unternehmen, mit neuen, „modernen“ Füllungen zu experimentieren. Manche belegen die Pies sogar mit Zuckerglasur – eine Praxis, die in den Augen vieler Traditionalisten unvorstellbar ist. Und so entbricht ein regelrechter Kulturkampf rund um das weihnachtliche Gebäck, das inzwischen für viele Briten mehr als nur ein Dessert ist – es ist ein Symbol der nationalen Identität.
OZD/AFP
OZD-Kommentar:
Der Geschmack der Tradition: Muss alles modernisiert werden?
Der Streit um die Mince Pies zeigt, wie sehr sich selbst die kleinsten Traditionen in einer zunehmend globalisierten und experimentierfreudigen Welt verändern können. Auf der einen Seite stehen die Traditionalisten, die das Erbe ihrer Vorfahren bewahren wollen, und auf der anderen Seite die Kreativen, die sich von der althergebrachten Form befreien möchten. Es ist ein Spiegelbild der größeren Debatten in Gesellschaft und Kultur: Wie viel Veränderung verträgt eine Tradition, ohne ihre Identität zu verlieren?
In diesem Fall geht es nicht nur um ein Gebäck, sondern um die Frage, wie man mit Traditionen umgeht, wenn sie zunehmend in Frage gestellt werden. Werden sich die Traditionalisten durchsetzen, oder werden Mince Pies in Zukunft nur noch ein Schatten ihrer selbst sein, überzogen mit Zuckerglasur und Schokolade? Die nächsten Jahre könnten zeigen, ob die Füllung der Mince Pies eine Neuinterpretation erleben wird – oder ob das klassische „mincemeat“ endgültig das Feld räumt.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Felicity Cloake?
Felicity Cloake ist eine bekannte britische Gastronomiekritikerin und Autorin, die für ihre präzise und oft humorvolle Kritik an der britischen Esskultur bekannt ist. Sie hat zahlreiche Artikel über britische Traditionen und moderne Essensinnovationen verfasst. Cloake ist besonders bekannt für ihre Serie „How to Cook the Perfect…“, in der sie klassische britische Gerichte mit modernen Akzenten neu interpretiert und bewertet.
Was ist ein „Mince Pie“?
Mince Pies sind kleine, gefüllte Gebäckstücke, die traditionell während der Weihnachtszeit in Großbritannien serviert werden. Sie bestehen aus einem Mürbeteigboden und einer Füllung aus getrockneten Früchten, Gewürzen und manchmal Branntwein oder Rum. Der Name „mincemeat“ geht auf die ursprüngliche Füllung zurück, die Fleisch beinhaltete, was jedoch im Laufe der Jahre durch eine süße Mischung aus getrockneten Früchten ersetzt wurde. Mince Pies sind ein fester Bestandteil der britischen Weihnachtstradition.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP
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