Magdeburg steht unter Schock, aber auch unter Spannung: Drei Tage nach dem verheerenden Anschlag auf den Weihnachtsmarkt versammelten sich am Montag tausende Menschen, um ihre Haltung zu demonstrieren. Auf dem Domplatz kamen rund 3500 Anhänger der AfD zu einer Kundgebung zusammen, während etwa 4000 Gegendemonstranten eine Lichterkette bildeten, um für Zusammenhalt und gegen Hass zu appellieren.
Die AfD nutzte die Kundgebung, um scharfe Kritik an den Behörden zu üben. "Wir fordern echte Aufklärung", sagte AfD-Chefin Alice Weidel, die aus Berlin angereist war. Sie sprach von einem "Wahnsinnstat", aus der "Lehren gezogen werden" müssten. AfD-Generalsekretär Jan Wenzel Schmidt ging noch weiter und bezeichnete den Anschlag als "monströses politisches Versagen". Laut Schmidt sei der Täter trotz offenkundiger Radikalisierung und öffentlicher Drohungen nicht aufgehalten worden. Immer wieder wurden auf der Kundgebung "Abschieben"-Rufe laut.
Zeitgleich setzte die Gegendemonstration ein starkes Zeichen für Solidarität. Unter dem Motto "Wir wollen trauern – Gebt Hass keine Chance!" bildeten etwa 4000 Menschen eine Lichterkette durch die Stadt. Organisatoren und Teilnehmer forderten, das Geschehene nicht für politische Hetze zu instrumentalisieren und den Opfern des Anschlags zu gedenken.
Am Freitag war ein Auto in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Alten Markt gerast. Der mutmaßliche Täter, ein 50-jähriger Arzt aus Saudi-Arabien, hatte dabei fünf Menschen getötet und rund 200 verletzt. Der Mann soll sich in den vergangenen Jahren immer weiter radikalisiert haben – nicht als Islamist, sondern als Islamhasser. Berichten zufolge verachtete er die deutschen Behörden und zeigte Sympathien für die AfD. Diese Verbindung wiesen Vertreter der Partei bei ihrer Kundgebung strikt zurück.
Die Kundgebungen in Magdeburg verdeutlichen die Spannungen, die der Anschlag in der Gesellschaft ausgelöst hat. Während die einen eine striktere Asyl- und Sicherheitspolitik fordern, plädieren die anderen für Besonnenheit und den Erhalt gesellschaftlicher Werte.
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Kommentar: Magdeburg im Spannungsfeld von Trauer und Instrumentalisierung
Der Anschlag in Magdeburg hat nicht nur tiefe Wunden hinterlassen, sondern auch die gesellschaftliche Spaltung deutlich gemacht. Die AfD versucht, das Entsetzen der Bevölkerung für ihre politischen Forderungen zu nutzen, während Gegendemonstranten darauf hinweisen, dass Hass und Hetze die Situation weiter verschärfen könnten.
Besonders heikel ist die mutmaßliche Verbindung des Täters zur AfD. Auch wenn die Partei diese Sympathien von sich weist, bleibt die Frage, wie ihre eigene Rhetorik Radikalisierungen begünstigen könnte. Gleichzeitig zeigen die Rufe nach "Abschieben", wie stark die politische Debatte polarisiert ist.
Prognose:
Die Diskussion um die
Hintergründe des Anschlags und die Verantwortung der Behörden wird die
politische Agenda der kommenden Wochen dominieren. Magdeburg könnte
dabei zu einem Symbol für die Notwendigkeit werden, differenziert
zwischen Sicherheitsfragen und gesellschaftlichem Zusammenhalt zu
argumentieren.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Alice Weidel?
Alice Weidel ist seit 2017 eine der Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion und seit 2022 alleinige Bundesvorsitzende der Partei. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin steht für einen konservativen und populistischen Kurs, der vor allem auf Migration und Sicherheitspolitik fokussiert ist.
Was ist die AfD?
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist eine rechtspopulistische Partei, die 2013 gegründet wurde. Sie setzt sich vor allem für eine restriktive Migrationspolitik und eine konservative Gesellschaftspolitik ein. Kritiker werfen ihr vor, rechtsextreme Tendenzen zu fördern.
Was ist eine Lichterkette?
Eine Lichterkette ist eine Form des Protests oder Gedenkens, bei der Teilnehmer mit Kerzen oder Lichtern eine symbolische Kette bilden. Sie wird häufig genutzt, um Solidarität und Frieden auszudrücken, wie in Magdeburg nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.