Die japanischen Autobauer Honda und Nissan haben offiziell Verhandlungen über eine Fusion angekündigt, um ihre Position in der zunehmend von Elektroautos dominierten Automobilbranche zu stärken. Bis Juni 2025 soll ein endgültiges Abkommen geschlossen werden, wie beide Unternehmen am Montag erklärten. Ein Zusammenschluss würde sie zum drittgrößten Autobauer der Welt machen – hinter Toyota und Volkswagen.
Die beiden Unternehmen befinden sich bereits in einer strategischen Partnerschaft, der sich Mitsubishi im August 2023 anschloss. Mitsubishi, dessen Hauptaktionär Nissan ist, könnte ebenfalls in die Fusion einbezogen werden. Eine Entscheidung darüber soll bis Ende Januar fallen. Gemeinsam produzieren Honda, Nissan und Mitsubishi derzeit rund acht Millionen Fahrzeuge pro Jahr.
Die Pläne sehen vor, eine neue Gemeinschaftsholding zu gründen, die ab August 2026 an der Börse in Tokio notiert sein soll. Ziel ist es, die Kosten für Forschung und Entwicklung zu teilen, Lieferketten abzusichern und durch Synergien wettbewerbsfähiger zu werden. Besonders im Bereich der Elektrofahrzeuge wollen die Unternehmen verlorenen Boden gegenüber Tesla und chinesischen Herstellern gutmachen.
Honda-Chef Toshihiro Mibe betonte, die Fusion sei kein Rettungsplan für Nissan, sondern eine strategische Entscheidung. Nissan hatte zuletzt mit Schulden, sinkenden Absätzen in den USA und China sowie einem überraschenden Quartalsverlust zu kämpfen. Anfang November kündigte der Konzern den Abbau von 9000 Stellen weltweit an. Nissan-Chef Makoto Uchida erklärte, dass der Wandel in der Autoindustrie eine tiefgreifende Zusammenarbeit erfordere: "Fortschritt gibt es nur, wenn wir den Mut haben, uns selbst zu verändern."
Kritik kam vom ehemaligen Nissan-Chef Carlos Ghosn. Der einstige Spitzenmanager, der nach seinem Rücktritt 2018 und einer spektakulären Flucht in den Libanon Schlagzeilen machte, bezeichnete die Fusion als verzweifelten Schritt. Nissan sei "im Panikmodus" und bettle Honda an. Er äußerte Zweifel an der Partnerschaft und kritisierte, dass beide Autobauer ähnliche Modelle anbieten und Honda wenig Erfahrung mit Fusionen habe.
Die japanische Autoindustrie steht unter Druck. Lange Zeit auf Hybridtechnik fokussiert, haben Honda und Nissan den Boom reiner Elektrofahrzeuge verschlafen. 2023 überholte China Japan als weltweit größter Autoexporteur. Die geplante Fusion könnte ein Wendepunkt sein, um den Anschluss an die globale Konkurrenz wiederherzustellen.
OZD / ©AFP
Kommentar: Fusion mit Chancen und Risiken – Ein gewagter Schritt
Die geplante Fusion zwischen Honda und Nissan ist ein Meilenstein für die Autoindustrie – aber auch ein Wagnis. Während beide Unternehmen von einer engeren Zusammenarbeit profitieren könnten, wirft der Zusammenschluss erhebliche Fragen auf. Können zwei Konzerne mit unterschiedlichen Unternehmenskulturen und ähnlichen Modellpaletten tatsächlich Synergien schaffen?
Die Kritik von Carlos Ghosn mag überzogen erscheinen, doch die Herausforderungen sind real. Honda und Nissan müssen beweisen, dass sie gemeinsam wettbewerbsfähig sind – besonders im Bereich der Elektrofahrzeuge, wo die Konkurrenz durch Tesla und China enorm ist. Gleichzeitig könnte die Fusion eine Chance sein, die japanische Autoindustrie neu zu positionieren und technologische Entwicklungen zu beschleunigen.
Prognose:
Wenn
die Fusion gelingt, könnte ein neuer Gigant entstehen, der in der Lage
ist, die Marktführer herauszufordern. Doch der Erfolg hängt von einer
klaren Strategie und der Überwindung interner Differenzen ab. Die
nächsten Jahre werden entscheidend sein.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Toshihiro Mibe?
Toshihiro Mibe ist der Präsident und CEO von Honda. Er leitet den Autobauer seit 2021 und hat den Fokus des Unternehmens verstärkt auf Elektrofahrzeuge und Innovationen in der Mobilität gelegt.
Wer ist Makoto Uchida?
Makoto Uchida ist seit 2019 der CEO von Nissan. Er übernahm die Führung des Konzerns in einer schwierigen Phase und setzt sich für eine Neuausrichtung ein, um Nissan wieder wettbewerbsfähig zu machen.
Was ist Carlos Ghosns Verbindung zu Nissan?
Carlos Ghosn war der frühere CEO von Nissan und gilt als Architekt der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz. Nach Korruptionsvorwürfen und seiner spektakulären Flucht in den Libanon ist er ein scharfer Kritiker des Unternehmens.
Warum ist der Elektroauto-Markt so wichtig?
Der Markt für Elektroautos wächst rasant, getrieben von staatlichen Förderprogrammen und dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Hersteller wie Tesla und chinesische Unternehmen dominieren diesen Bereich, während traditionelle Autobauer wie Honda und Nissan Aufholbedarf haben.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.