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Neues Kabinett in Frankreich: Macron setzt auf alte Gesichter und neue Kritik

Macron hat zum vierten Mal in diesem Jahr eine neue Regierung ernannt – mit einer Mischung aus etablierten und neuen Gesichtern. Doch die Opposition reagiert mit Spott und Kritik.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat erneut eine neue Regierung ernannt – zum vierten Mal in diesem Jahr. Unter der Leitung des neuen Premierministers François Bayrou behält eine Reihe prominenter Minister ihre Ämter. Dazu gehören Außenminister Jean-Noël Barrot, Innenminister Bruno Retailleau sowie Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, der als Vertrauter Macrons gilt. Überraschend ist die Ernennung des konservativen Ex-Innenministers Gérald Darmanin zum Justizminister.

Die Neubesetzung der Regierung sorgt für großes Aufsehen und Kritik aus der Opposition. „Den Franzosen bleibt auch nichts erspart“, spottete der rechtspopulistische Parteichef Jordan Bardella und bezeichnete die neue Regierung als eine „Koalition des Scheiterns“. Auch Sozialistenchef Olivier Faure äußerte sich negativ und erklärte: „Das ist keine Regierung, sondern eine Provokation.“ Grünen-Chefin Marine Tondelier bezeichnete die Zusammensetzung des Kabinetts als eine „Mischung aus sehr, sehr rechten Persönlichkeiten und Pseudo-Linken“.

François Bayrou, ein 73-jähriger Zentrumspolitiker, wurde vor rund anderthalb Wochen von Macron zum Nachfolger des konservativen Michel Barnier ernannt. Barnier war nach einem gescheiterten Haushaltsstreit durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Bayrou hatte bis zuletzt auf die Ernennung gewartet, da das Verhältnis zu Macron als angespannt galt.

Sofort nach seiner Ernennung geriet Bayrou jedoch in die Kritik, weil er trotz seines neuen Postens als Premierminister weiterhin Bürgermeister der Pyrenäenstadt Pau bleiben möchte. Eine Umfrage zeigte, dass zwei Drittel der Franzosen mit seiner Leistung unzufrieden sind – der schlechteste Wert für einen neuen Regierungschef zu Beginn seiner Amtszeit.

Mit Bayrou an der Spitze hat Frankreich nun seinen sechsten Premierminister unter Macron – und bereits den vierten in diesem Jahr. Jede Amtszeit war kürzer als die des Vorgängers, wobei Bayrous Vorgänger Barnier mit nur drei Monaten im Amt den Rekord für die kürzeste Regierungszeit hält.

Ein konkretes Regierungsprogramm wurde noch nicht präsentiert. Bayrou muss nun in erster Linie einen Haushalt für 2025 verabschieden. Am 14. Januar will er seine erste Regierungserklärung abgeben, die erste Kabinettssitzung ist für den 3. Januar angesetzt. Das neue Kabinett umfasst insgesamt 38 Mitglieder, darunter 18 Frauen.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar:

Macron zwischen Chaos und Kontrolle: Die politische Erschütterung Frankreichs

Die politische Lage in Frankreich befindet sich in einem fortwährenden Umbruch. Mit der vierten Regierungsumstellung in diesem Jahr hat Präsident Macron erneut ein Zeichen gesetzt – ein Zeichen, das sowohl politische Instabilität als auch eine konstante Zementierung seiner Machtstruktur widerspiegelt. Die Ernennung von François Bayrou, einem Veteran der französischen Politik, als Premierminister, könnte auf den ersten Blick als Versuch gewertet werden, die Regierung zu stabilisieren. Doch die Realität sieht anders aus: Ein stark gespaltenes Land und eine Regierung ohne klares Programm werden nicht einfach durch die Ernennung eines bekannten Politikers geheilt.

Die Kritik der Opposition ist beinahe zu erwarten, doch sie wirft einen Schatten auf Macrons politische Strategie. Der Präsident ist offenbar in einem unaufhörlichen Kreislauf von Regierungswechseln gefangen, ohne eine wirkliche Richtung zu finden. Die Frage bleibt, ob Bayrou, ein Mann mit eigenen Ambitionen, in der Lage sein wird, ein zerrissenes Land zu einen – oder ob er ebenfalls den schwierigen Herausforderungen erliegen wird, die auch seine Vorgänger nicht meistern konnten.

In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wie sich das Verhältnis von Bayrou und Macron entwickelt und ob die Regierung die Unterstützung der Bevölkerung zurückgewinnen kann. Die Aufgabe, den Haushalt für 2025 zu verabschieden, könnte eine der ersten großen Prüfungen sein, bei der die politische Landkarte Frankreichs neu gezeichnet werden könnte.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist François Bayrou? François Bayrou ist ein erfahrener französischer Zentrumspolitiker, der bereits mehrfach in führenden politischen Positionen tätig war. Er wurde 1951 in Pau geboren und ist bekannt für seine Rolle als Vorsitzender der Modem-Partei. Bayrou war in der Vergangenheit Minister und Präsidentschaftskandidat. Besonders in den letzten Jahren hat er sich als eine wichtige Figur im politischen Leben Frankreichs etabliert. Als Bürgermeister von Pau bleibt er eine bekannte Persönlichkeit, die für ihre pragmatische Politik bekannt ist. Bayrou wurde von Macron zum Premierminister ernannt, nachdem sein Vorgänger Michel Barnier durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden war.

Wer ist Gérald Darmanin? Gérald Darmanin ist ein französischer Politiker der konservativen Republikaner und wurde in der neuen Regierung von Präsident Macron zum Justizminister ernannt. Darmanin war früher Innenminister und hat sich in dieser Rolle besonders in Fragen der inneren Sicherheit und der Bekämpfung des Terrorismus profiliert. Er gilt als eine der einflussreichsten Figuren der französischen konservativen Politik.

Was ist der Elysée-Palast? Der Elysée-Palast ist der Sitz des französischen Präsidenten. Er spielt eine zentrale Rolle in der französischen Politik, da der Präsident von Frankreich hier residiert und seine offiziellen Aufgaben wahrnimmt. Der Palast ist nicht nur das Büro des Präsidenten, sondern auch ein Symbol der französischen politischen Macht.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP

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