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Eskalation im Ostseeraum: Sanktionen gegen Russlands Schattenflotte im Gespräch

Nach der Beschädigung eines Stromkabels in der Ostsee und der Aufbringung eines verdächtigen russischen Tankers erwägt die EU Sanktionen gegen Russlands Schattenflotte. Diese gefährdet nicht nur die Infrastruktur, sondern auch die europäische Sicherheit.

Inmitten wachsender Spannungen im Ostseeraum hat die Europäische Union Sanktionen gegen die sogenannte russische Schattenflotte in Aussicht gestellt. Diese Flotte besteht aus Tankern, die unter fremden Flaggen segeln und es Russland ermöglichen, die westlichen Sanktionen zu umgehen, die nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine verhängt wurden. Die jüngste Entwicklung, die die EU zu dieser Reaktion veranlasst hat, betrifft eine Störung eines unterirdischen Stromkabels in der Ostsee und die Aufbringung eines verdächtigen Schiffes durch finnische Behörden.

Am Mittwoch wurde an dem Stromkabel Estlink 2, das Finnland und Estland verbindet, ein technischer Schaden festgestellt. Umgehend begannen finnische Ermittler mit Untersuchungen und fanden Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Vorfall und einem Schiff, das aus einem russischen Hafen gestartet war. Der Tanker „Eagle S“, unter der Flagge der Cook-Inseln fahrend, wurde am Donnerstag von den finnischen Behörden gestoppt. Der Verdacht: Das Schiff könnte für die Beschädigung des Kabels verantwortlich sein, was Ermittlungen wegen "Sabotage in einem besonders schweren Fall" nach sich zog.

Die EU reagierte mit einer scharfen Verurteilung solcher Angriffe auf europäische Infrastruktur und kündigte an, weitere Sanktionen gegen Russlands Schattenflotte vorzuschlagen. „Das verdächtige Schiff gehört zur russischen Schattenflotte, die sowohl die Sicherheit als auch die Umwelt bedroht und gleichzeitig Russlands Kriegshaushalt finanziert“, betonten die Europäische Kommission und die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in einer gemeinsamen Erklärung.

Die Schattenflotte, die hauptsächlich aus alten, oft unversicherten Tankern besteht, wird von Russland genutzt, um trotz internationaler Sanktionen Öl und Ölprodukte zu exportieren. Dabei wird die Flotte unter fremden Flaggen betrieben, um den internationalen Sanktionen zu entgehen. Die EU hatte bereits Anfang Dezember Sanktionen gegen 50 weitere Tanker der russischen Schattenflotte verhängt, als Teil ihrer umfassenden Bemühungen, Russland wirtschaftlich zu isolieren.

Neben der Zerstörung des Kabels ist die Spannungen in der Ostsee seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine 2022 deutlich gestiegen. Ein weiterer Vorfall im September, als Unterwasser-Explosionen die Nord-Stream-Pipeline zwischen Russland und Europa beschädigten, ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Der Schaden an kritischer Infrastruktur in der Region und die wiederholten Bedrohungen der Sicherheit Europas durch Russland werfen schwere Fragen auf, die auch die künftige geopolitische Ausrichtung und Sicherheitsarchitektur in Europa betreffen.

OZD/AFP


OZD-Kommentar:

Russlands Schattenflotte: Ein unsichtbarer Feind im Gezeitenkrieg

Die Entschlossenheit der EU, Sanktionen gegen Russlands Schattenflotte zu verhängen, ist nicht nur eine Reaktion auf den jüngsten Vorfall in der Ostsee, sondern auch ein deutliches Signal an Russland und die internationale Gemeinschaft: Die Zerstörung europäischer Infrastruktur wird nicht ohne Konsequenzen bleiben. Doch die Frage bleibt, wie effektiv diese Maßnahmen langfristig sein werden.

Die Schattenflotte ist ein Paradebeispiel für die Umgehung internationaler Sanktionen und zeigt auf, wie Russland alternative Routen und Mechanismen zur Fortsetzung seiner Geschäfte nutzt, selbst inmitten schwerwiegender politischer und wirtschaftlicher Isolation. Die Sanktionen könnten ein wichtiger Schritt sein, doch die Herausforderung, diese Flotte dauerhaft zu stoppen, bleibt gewaltig.

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in den kommenden Wochen weitere Sanktionen und möglicherweise auch verschärfte Sicherheitsmaßnahmen entlang der Ostsee sehen werden, ist hoch. Gleichzeitig könnte Russland seine Versuche zur Umgehung der Sanktionen intensivieren, was zu einer weiteren Eskalation der Spannungen führen könnte. Der Weg zu einem stabilen Frieden und einer Entspannung in der Region scheint weiterhin weit entfernt.

Biographien und Erklärungen:

Wer ist Kaja Kallas?
Kaja Kallas ist die aktuelle Außenbeauftragte der Europäischen Union und eine prominente politische Figur in Estland. Sie hat sich während ihrer Amtszeit stets für die Stärkung der europäischen Sicherheitsarchitektur und gegen die aggressive Außenpolitik Russlands eingesetzt. Sie ist bekannt für ihre klare Haltung gegenüber der russischen Aggression in der Ukraine und hat sich aktiv für Sanktionen gegen Russland stark gemacht.

Was ist die Europäische Kommission?
Die Europäische Kommission ist das Exekutivorgan der Europäischen Union und verantwortlich für die Umsetzung der EU-Politiken sowie das Initiieren neuer Gesetzesvorschläge. Die Kommission spielt eine zentrale Rolle in der Außenpolitik der EU und koordiniert die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Maßnahmen gegenüber Drittländern, einschließlich der Verhängung von Sanktionen gegen Russland.

Was ist die Schattenflotte?
Die russische Schattenflotte bezeichnet eine Gruppe von Tankern, die unter fremden Flaggen segeln und von Russland für den internationalen Ölhandel genutzt werden. Diese Schiffe ermöglichen es Russland, Öl und Ölprodukte trotz der internationalen Sanktionen, die nach dem Krieg in der Ukraine verhängt wurden, zu exportieren. Oft handelt es sich dabei um alte, unversicherte Tanker, die besonders anfällig für Unfälle und Umweltgefahren sind.


Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP

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