Dominique Pelicot, der in einem beispiellosen Vergewaltigungsprozess in Avignon zu einer Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt wurde, hat laut seiner Anwältin Béatrice Zavarro beschlossen, keine Berufung gegen das Urteil einzulegen. In einer Erklärung sagte Zavarro am Montag, dass Pelicot sich entschieden habe, „die Sache juristisch zu beenden“, um seiner Ex-Frau Gisèle keine weiteren Auseinandersetzungen zuzumuten. „Er will nicht, dass sie durch ein weiteres Verfahren erneut belastet wird“, so Zavarro.
Der 72-jährige Pelicot hatte seine Ex-Frau Gisèle über einen Zeitraum von fast zehn Jahren wiederholt mit Medikamenten betäubt, sie vergewaltigt und in Internetforen anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten. Am 19. Dezember 2024 wurde er von einem Gericht in Avignon für schuldig befunden und mit der maximalen Haftstrafe von 20 Jahren belegt. Pelicot war nicht der einzige Angeklagte in diesem Fall: 50 weitere Männer wurden ebenfalls verurteilt und erhielten Haftstrafen. Mehr als 15 von ihnen haben jedoch Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Der viermonatige Prozess gilt als historisch, nicht nur wegen der erschütternden Taten, sondern auch aufgrund des mutigen Einsatzes von Gisèle Pelicot, die sich öffentlich für ein Verfahren einsetzte. Sie hatte sich gewünscht, dass das Verfahren öffentlich und transparent geführt wird, um der Scham eine neue Richtung zu geben. Nach der Urteilsverkündung widmete sie ihren Kampf allen „unbekannten Opfern“ sexualisierter Gewalt und setzte ein starkes Zeichen für die Sichtbarkeit von Opfern und die Notwendigkeit, gegen solche Vergehen vorzugehen.
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OZD-Kommentar:
Pelicot verzichtet auf Berufung – Ein Schritt zur Schließung, aber der Kampf geht weiter
Das Verzicht auf Berufung durch Dominique Pelicot mag als eine Art „Schlussstrich“ erscheinen, der den Prozess für ihn juristisch beendet. Doch für die Opfer, insbesondere für Gisèle Pelicot, bleibt dieser Fall ein symbolischer Kampf, der weit über den Gerichtssaal hinausgeht. Ihr Einsatz für die Sichtbarkeit von Opfern sexualisierter Gewalt und ihre Weigerung, das Schweigen zu akzeptieren, hat vielen Menschen eine Stimme gegeben.
Die Tatsache, dass viele der Mitangeklagten Berufung eingelegt haben, zeigt jedoch, dass der Weg zur vollständigen Gerechtigkeit noch nicht abgeschlossen ist. Gisèle Pelicot wird weiter für die Rechte von Opfern kämpfen, und es bleibt zu hoffen, dass auch in den kommenden Prozessen das Leid der Opfer im Zentrum des Verfahrens bleibt. Die gesellschaftliche Diskussion über den Umgang mit Opfern sexueller Gewalt und deren Anerkennung wird weiterhin von großer Bedeutung sein.
In den kommenden Wochen werden die Berufungsverfahren eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob es zu einer breiteren gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem schweren Thema kommt. Es könnte auch dazu führen, dass in weiteren Fällen Betroffene den Mut finden, sich öffentlich gegen ihre Peiniger zu stellen.
Biographien und Erklärungen:
Wer ist Gisèle Pelicot?
Gisèle Pelicot ist eine 72-jährige Französin, die ihre jahrelange Opfererfahrung in einem öffentlichen Vergewaltigungsprozess einbrachte, um gegen ihren ehemaligen Ehemann Dominique Pelicot vorzugehen. Sie setzte sich entschieden für ein öffentliches Verfahren ein, um die Scham zu brechen und anderen Opfern von sexualisierter Gewalt eine Stimme zu geben. Ihr mutiger Schritt wird als historisch angesehen, da sie eine bedeutende Rolle bei der Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für die systemische Gewalt gegen Frauen spielte.
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