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Missbrauch und psychische Gewalt? - Ein unglaublicher Turnskandal: Stuttgart setzt Trainer vorläufig frei

Die Missbrauchsvorwürfe im deutschen Turnen sorgen für erste personelle Konsequenzen. Zwei Trainer am Bundesstützpunkt Stuttgart wurden vorläufig freigestellt. Der DTB kündigt eine umfassende Aufarbeitung an

Der Skandal um Missbrauchsvorwürfe im deutschen Turnen zieht erste Konsequenzen nach sich. Laut Berichten der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten sind zwei Übungsleiter am Bundesstützpunkt in Stuttgart bis zum 19. Januar freigestellt worden. Eine offizielle Bestätigung des Deutschen Turner-Bundes (DTB) steht noch aus.

Am Donnerstag nahm das Training im Stuttgarter Kunstturnforum wieder Fahrt auf, wenn auch unter geänderten Vorzeichen. Bundesfrauentrainer Gerben Wiersma und Nachwuchsbundestrainerin Claudia Schunk übernehmen vorerst die Betreuung der Athletinnen, um den Wegfall der beiden suspendierten Trainer auszugleichen.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Mehrere Turnerinnen, darunter die ehemaligen Athletinnen Tabea Alt und Michelle Timm, berichten von systematischem Missbrauch und psychischer Gewalt. Tabea Alt erklärte, sie sei trotz Knochenbrüchen zu Wettkämpfen gezwungen worden. Lara Hinsberger, 20 Jahre alt, äußerte ebenfalls Kritik und sagte, sie sei am Stützpunkt behandelt worden "wie ein Gegenstand."

Der DTB und der Schwäbische Turnerbund (STB) hatten bereits an Silvester in einem gemeinsamen Statement eine umfassende Aufarbeitung angekündigt. „Wir müssen selbstkritisch hinterfragen, ob die bisherigen Maßnahmen ausreichend waren“, hieß es. Dabei solle nicht nur das Verhalten einzelner Trainer, sondern das gesamte System des Leistungssports und die Reaktion der Verbände überprüft werden.

Das gemeinsame Statement verwies zudem auf eine interne Meldung von Michelle Timm im Oktober, die bereits vor Weihnachten erste Konsequenzen nach sich gezogen habe. Nun stehen die Verbände unter erheblichem Druck, transparente und nachhaltige Reformen umzusetzen.

OZD / ©AFP



Kommentar: Eine längst überfällige Abrechnung

Die Missbrauchsvorwürfe im deutschen Turnen sind kein Einzelfall, sondern das Symptom eines Systems, das Athletinnen jahrelang allein ließ. Die vorläufige Freistellung zweier Trainer ist ein erster Schritt, aber sie reicht nicht aus. Eine systematische Aufarbeitung und ein grundlegender Wandel im Leistungssport sind unabdingbar.

Prognose:
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob der DTB tatsächlich bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Gelingt keine glaubwürdige Reform, droht der Sport in Deutschland nachhaltig Schaden zu nehmen.



Biographien und Erklärungen:

Wer ist Tabea Alt?

Tabea Alt ist eine ehemalige deutsche Kunstturnerin, die 2017 Weltmeisterschaftsbronze am Schwebebalken gewann. Nach ihrer Karriere hat sie sich mehrfach kritisch zu Missständen im Turnsport geäußert und zählt zu den prominenten Stimmen im aktuellen Skandal.

Was ist das Kunstturnforum Stuttgart?

Das Kunstturnforum Stuttgart ist ein Bundesstützpunkt des Deutschen Turner-Bundes. Hier trainieren viele der besten deutschen Turnerinnen und Turner. Der Stützpunkt ist nun Zentrum der Missbrauchsvorwürfe.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.